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von selbst. Im ganzen, hat Professor Warburg ge-
rechnet, kann das für die Baumwollkultur geeignete
Gebiel unserer Schutzgebiete sehr wohl nach Ein-
führung der geeigneten Methoden (Pflug-
kultur) bis zu 2½ Millionen Ballen produzieren,
also mehr als zur Zeit der gesamte deutsche Konsum
ist. Warburg berechnet, daß in Togo ein Neger
zur Zeit mit seiner primitiven Arbeit nur 1 Hektar
bepflanzen kann, während ein Neger in Nord-
amerika das Fünsfache leistet. Die bei den jetzigen
Verhältnissen in unseren Kolonien erzeugbare
Baumwolle glaubte Warburg beim letzten inter-
nationalen Baumwollkongreß auf 100 000 Ballen
schätzen zu dürfen. Mit dem Pfluge aber könnte
der Neger das Fünfsfache leisten und bei fort-
schreitender Baumwollkultur würde der Neger
nicht mehr wie bisher : seines Hektars mit Nah-
rungsmitteln und nur ½ mit Baumwolle bepflan-
zen. Dazu kommt, daß es sich in unseren Kolonien
durchweg um vorzügliche Qunalität handelt. Togo-
Baumwolle erzielt 8 Pfennig mehr als amerika-
nische. Daß man in Dahomey jetzt deutsche Togo-
Saat bezieht, ist bezeichnend. Die letzte Probe
deutsch-ostafrikanischer Baumwolle wurde an der
Liverpooler Baumwollbörse als „the best Earp-
linn substitute erver prodluced“ bezeichnet und
hoch bewertet.
Ich möchte hier eine generelle Bemerkung ein-
schieben. Alles, was ich hier sage, ist ausgesprochen
ohne Rücksicht auf die Zeit, die dazu erforderlich ist,
und ohne Rücksicht darauf, daß doch wohl auch man-
cherlei Fehlschläge eintreten können, und daß es
deshalb heute nicht mit Sicherheit gesagt werden
kann, in 10, in 15, in 20 Jahren werden wir dahin
kommen. Aber daß wir dahin kommen werden,
wenn auch nicht das Ganze unseres gegenwärtigen
Bedarfs, so doch einen erheblichen Teil zunächst an
Baumwolle zu produzieren, halte ich für wahr-
scheinlich.
Und noch eine andere generelle Bemerkung lassen
Sie mich hier anfügen. Das Stadium der Ent-
wicklung ist naturgemäß ein langes. Länder mit
hoher geistiger und wirtschaftlicher Kultur fallen
einem als Kolonien nicht zu. Dieses Entwicklungs-
stadium kostet erhebliche Mittel. Aber es liegt
durchaus nicht an dem, was von jener Seite be-
hauptet wird, die noch kürzlich verlangt hat, daß im
Interesse der nationalen Arbeit die Kolonien auf-
gegeben werden müssen, daß die Heimat von diesem
Entwicklungsstadium nichts habe. Im Gegenteil,
die Vorteile, welche die großen Ausgaben des Reichs,
sei es für die friedliche Entwicklung, sei es selbst für
die kriegerische Okkupation der Kolonien, gebracht
haben, sind nahezu ausschließlich der deutschen
arbeitenden Bevölkerung zugefallen. Alle diese
Ausgaben werden selbst, soweit sie Unternehmer-
gewinn darstellen, in produktive Arbeit ungesetzt
*
und sind zum weitaus größten Teile, soweit sie nicht
thesauriert sind, als Arbeitslohn verausgabt wor-
den, und es ist dabei kein Unterschied, ob dieses
Geld ausgegeben ist für Transporte und Schiff-
bauten, für Hafenanlagen und Eisenbahnen, für
Uniformen, Kanonen oder Munition. Es ist für
den deutschen Arbeiter ganz gleichgültig, ob es für
werbende Zwecke ausgegeben ist oder für zerstörende.
Wenn irgend jemand einen Vorteil davon gehabt
hat und von der Weiterentwicklung haben wird, ehe
die Produktionskosten an die Eingeborenen gezahlt
werden, so ist es der deutsche Arbeiterstand.
Ich gehe nunmehr auf das nächste Produkt, das
Kupfer, über. Die Kupfereinfuhr in Deutschland
betrug, wie oben erwähnt, 151 Millionen Mark im
Jahre 1905. Der Kupferpreis ist von 1898 bis
heute von 51 Pfd. St. auf 107 Pfd. St. gestiegen;
dies macht auf den Konsum des Jahres 1905 mehr
als 100 Millionen Mark Preissteigerung. Kupfer
wird in unseren Kolonien bereits produziert in
Südwestafrika in den Otavi--Minen; es ist aber
noch in großen und vermutlich durchaus abbauwür-
digen Quantitäten in anderen Gegenden von Süd-
westafrika vorhanden. Deutsche Syndikate explo-
rieren gegenwärtig die Gorub-Mine, ungesähr
100 Kilometer östlich und südlich von Swakopmund;
ein anderes Syndikat untersucht die Mine bei ÖOtji-
songati; wieder andere explorieren die Gegend von
Rehoboth, und neuerdings wird auch der Süden des
Schutzgebiets auf Kupfer untersucht, wo bereits alte
Minen vorhanden sind und wo dic auf der anderen
Seite des Oranjeflusses florierenden englischen
Minen einen sicheren Beweis für das Vorkommen
geben. Hiermit sind aber wahrscheinlich die Fund-
stellen nicht erschöpft, besonders, da sich auch heraus-
gestellt hat, daß das Kupfer nicht, wie erst ange-
nommen war, rein nestartig vorkommt, sondern sich
auch in den Urlagerstätten in die Tiefe erstreckt.
Ich komme nunmehr zur Wolle. Der Woll-
import in Deutschland betrug 1905 332 Millionen
Mark. Davon kamen im letzten Jahre für 30 Millio-
nen Mark Wolle aus der Kapkolonie. Auch bei
Wolle verursacht das steigende Mißverhältnis von
Angebot und Nachfrage ein fortwährendes Steigen
der Preise und die Inanspruchnahme von Gebieten
für die Produktion, die, wie Patagonien, sicher
minderwertiger sind als Südwestafrika. Die deutsche
Produktion ist z. Z. 200 000 Doppelzentner, die
Mehreinfuhr aber 1905 1,6 Millionen Doppel-
zentner.
Professor Hahn von der Universität in Kapstadt
hat in der Budgetkommission des Deutschen Reichs-
lags überzeugend nachgewiesen, daß in Südwest-
afrika neben einer aussichtsreichen Rinderzucht —
es sollen sich in diesem Lande über 2 Millionen
Stück Rindvieh gefunden haben, ehe die Rinder-
pest ihren verheerenden Einzug machte, und daß