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Am 12. September morgens traf der Regierungs-.
dampfer „Seestern“ an der Toriu-Mündung ein. An
Bord befanden sich die Teilnehmer der Expedition: Be-
zirksamtmann Assessor Full mit 25 schwarzen Trägern
aus Herbertshöhe, der Landmesser Wernicke, der schon
früher an der Durchquerung der Gazelle- Halbinsel bis
zum Weberhafen teilgenommen hatte, und Pater eyer
von Watom. Gleichzeitig mit dem „Seestern“ war eine
kleine Motorpinasse eingetroffen mit dem Techniker Tholen
als Leiter, der schon manche Expedition in Kamerun bis
zum Tschadsee mitgemacht hat. Die Pinasse sollte die
ganze Reisegesellschaft mit ihrer Ausrüstung den Torin
hinaufbringen und so die voraussichtlichen Strapazen für
uns und die Träger um ein Erhebliches vermindern. Der
un war sehr schön, erwies sich aber als unpraktisch, da
ohne Ortskenntnis gemacht war; denn der Torin liegt
höher hinauf so voll von entwurzelten Baumstämmen und
ist stellenweise so seicht wegen seiner großen Breite, daß
er selbst für ein Ruderboot nur äußerst schwer befahrbar
ist. Am Mittag des 12. September ging die Pinasse vor
der Sägemühle vor Anter, und die Kohlensucher benutzten
den Nachmittag, um die Sägemühle, die Pflanzung und
die Arbeiten im Eukalypiuswald eingehend zu besichtigen
und die letzten Vorbereitungen zur Abreise zu treffen.
Am 18. September morgens bestieg die ganze Reise-
gesellschaft, begunftigt. vom schönsten Wetter, die Pinasse,
und mit voller Geschwindigkeit. dampften wir den Torin
hinauf. Kaum waren wir ein halbes Kilometer ge-
fahren, als ein querliegender Eukalyptusbaum unseren
Lauf hemmte. Nach langen Bemühungen mußten wir
uns entschließen, die Pinasse zurückzulassen. Alle Lasten
wurden in beide Boote der Mission verteilt und gut ver-
backt. Die Fahrt war schwierig durch die ziemlich starke
Strömung des Flusses sowie die darein gestürzten Baum-
stämme.
Der Morgen des 14. September versprach gutes
Wctter. Zwei Stunden lang hatten wir uns wieder durch
ein gefährliches Baumgewirr zu winden. Kurz vor Mittag
erblickten wir auf der rechten Seite verfallene Hütten.
Es war eine Lagerstelle der Baininger, wo sie halten,
wenn sie zum Meeresufer gehen. An dieser Stelle durch-
queren sie den Torin.
Nach kurzem Frühstück, am 15. September, wurde die
Neise in der Ordnung des vorigen Tages fortgesetzt.
Immer höher wurden die Bergrücken, die rechts und links
von uns auftauchten, und wo die Offnung breiter wurde,
erblickten wir schon in der Ferne die blaugrünen Höhen
des Sinewitgebirges, von dessen Flanken sich zahlreiche
Nebenflüsse in den Toriu stürzen. Den Fußgängern am
Ufer versagten allmählich die Füße den Dienst. Noch
eine kleine Strecke hatten wir gutes Fahrwasser, aber
dann wurde der Torin stellenweise sehr breit und seicht.
Da an ein Fortkommen per Boot nicht mehr zu denken
war, wurden die Boote hier festgebunden. Am nächsten
Morgen (16. September) ließen wir alles überflüssige
Gepäck unter Aufsicht eines Polizeisoldaten und einiger
Träger zurück. Als der Nebel aus dem nassen Walde
allmählich aufstieg, erblickten wir links von uns in der
Ferne die Höhen des Andules und Krangeit, die wie
steile, dunkle Mauern sich vor uns auftürmten. Zwei
größere Bäche hatten wir noch zu überschreiten, und dann
erweiterten sich die Ufer des Toriu zu einer weiten Tal-
ebene, die zur Regenzeit einen mächtigen See bilden muß.
Da lagen neben Brocken von Berg= und Muschelkalk,
Grünstein und Diorit, Felsit= und Tonporphyr und
Melaphyr sehr reicher eisenhaltiger Weißspat, dazwischen
viel Basalt, verwitternder Phonolit sowie Tuffe und
Schiefergesteine, aber auch hier und da große Brocken
reinen Quarzes, feuersteinähnlicher und reiner Chalcedon,
gelbe und rote, blaugeaderte Eisenkiesel, Stücke Citoin,
Carneol usw. Wo der Flußsand nicht mit lehmigem
Schlamm bedeckt war, bestand er fast rein auns Quarz
und Magnetit. Vom Steingerölle aus sahen wir rechts
über eine Einsenkung des Gebirges in der Ferne einen
mächtigen Wasserfall, der vom Sinewit herunterkommt
und wohl einen Nebenfluß des Toriu speist. Noch eine
Stunde lang schritten wir meistens durch lichten Euka-
lyptuswald, und dann, um 11 Uhr s standen wir wieder
vor einem stark fließenden, ziemlich breiten Nebenfluß des
Toriu, in dem ich gleich den Kohlenfluß wiedererkannte.
Wie voriges Jahr fanden wir auch jetzt in seinem Geröll
größere Kohlenbrocken, wahrscheinlich nur minderwertige
Lettenkohle. Daß die Stücke nicht so zahlreich waren
wie das vorige Mal, hat vielleicht seinen Grund darin,
daß dieses Jahr keine größeren Überschwemmungen statt-
gefunden haben, welche die Kohlenbrocken von ihrem Lager
losreißen können. Nach einer kleinen Stärkung wurde
die Reise im Kohlenfluff selbst oder an den Seiten des-
selben über Stock und Stein fortgesetzt. Im flachen Ge-
lände teilt sich der Fluß in zwei Arme und bildet eine
ziemlich große Insel. Am 17. September morgens wurde
wieder mit unserem wenigen Gepäck aufgebrochen. Heute
war eigentlich der wichtigste Tag, denn wenn wir Glück
hatten, mußten wir heute auf das Kohlenlager
stoßen. Auf unserem im vorigen Jahre ausgehauenen
Wege wanderten wir erst den Fluß entlang, immer das
Geröll auf Kohlen untersuchend. Bald aber mußten wir
entweder den reißenden Fluß zwischen großen Steinblöcken
durchwandern oder aber an der Seite hoch über steile
Bergwände wegkrareln. Überall, wo wir noch ans Wasser
gelangen konnten, fanden wir noch Kohlenstücke im Gerölle:
das Flöz mußte also noch weiter droben liegen. Unauf-
hörlich stiegen wir höher und höher. Der ganze Wald
in diesen feuchten Bergregionen war mit dichtem Moose
bewachsen, das von allen Zweigen und Nanken in
Strängen herunterhing. Überhaupt herrschte hier eine
sehr üppige Vegetation. Schönblätterige Arumarten
wuchsen am Waldboden neben den verschiedensten Arten
von Farrenkräutern. Zwischen dem Gestein sproßten hell-
blühende Begonien hervor, und an den steilen Fluß“
wänden, vom spritzenden Wasa er beständig befeuchtet,
wuchsen eine Unzahl Orchiveen mit langen schwertförmigen
Blättern und großen weißen und lila Blüten. Dir
charaktcristischen Pflanzen dieser feuchten Gebirgsschluchten
sind aber große Baumfarren, die mit ihren Wedeln die
Tiefe beschatten.
Wir waren wieder lange Zeit an Höhen und Abhängen
an der Seite des brausenden Wassers weiter gewandert,
als es uns endlich gelang, wieder an den Fluß hinab
zukommen und sein Geröll auf eine lange Strecke r-
untersuchen. Wie voriges Jahr fanden wir auch diesmal
an der ganzen Stelle auch nicht die geringste Spur von
Kohlen. Wir waren also wieder über die Stelle
hinaus, wo die RKohlen im Flußbette zutage treten
mußten. Im Flußbette war es unmöglich, an diese Stelle
heranzukommen, und zu Vohrungen, die hier ne twendis
gewesen wären, fehlten uns Instrumente, Zeit und Sa
verständige. Es wurde also beschlossen, gerade wie wit
es voriges Jahr getan, von hier aus die Rückreise an
zutreten. Auf demselben Wege, auf dem wir gekommen
waren, ging es wicder zum vorigen Lagerplatz zurück.
Am 18. September zogen wir am Vormittag noch ein
weite Strecke den Toriu hinauf und fanden auch in seinem
Gerölle ähnliche KNohlenbrocken, wie im Kohlenfluß, mu-
waren sie hier nicht so zahlreich, wohl aus dem Grun ud
weil der breite Strom die hier liegenden Stücke leich
mit sich fortschwemmen kann. Am Nachmittage kan,
wir nach einem anstrengenden Marsche noch bis zum -
des dritten Tages zurück, wo wir die Zelte und Boon
zurückgelassen hatten, und wo die Träger sich unterbeste
im süßen Nichtstun erholt hatten. Hier verbrachten .
die letzte Nacht im feuchten Urwalde.
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