Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Plätze behauptete. Wenn hierbei von einigen 
Seiten auch gegen die hiesige, den Verkehr mit 
Westafrika besorgende Reederei bezüglich ihres 
Vertragsverhältnisses zu der Kolonialverwaltung 
mancherlei Vorwürfe erhoben sind, so muß die 
Handelskammer, ohne zu den Streitfragen sach- 
lich Stellung zu nehmen, doch betonen, daß 
ihres Erachtens bei der öffentlichen Diskussion 
viel zu wenig der großen Leistungen gedacht ist, 
die diese Reederei sich durch Schaffung einer 
regelmäßigen deutschen Linie nach und von West- 
und Südafrika, sowie durch die unter schwierigen 
Verhältnissen bewirkte sichere und pünktliche Aus- 
führung der Kriegstransporte auferlegt hat. Nur 
durch bedentende Vermehrung ihres Schiffsparks 
und sonstige große Aufwendungen war es der 
Linie möglich, derartiges zu vollbringen. Im 
Gegensatze zu den erwähnten Schwierigkeiten der 
heimischen Verwaltung haben sich die Ver- 
hältnisse in den Kolonien selbst gerade in 
diesem Jahre fast durchweg bemerkens- 
wort gebessert. 
Im einzelnen ist über die Kolonien folgendes 
u berichten: 
Über die deutschen Kölonien in Westafrika 
haben wir im vorigen Jahre ausführliche Mit- 
teilungen gebracht. Die dort gekennzeichnete 
Entwicklung ist weiter fortgeschritten, namentlich 
der Eisenbahnbau in Togo; auch in Kamerun 
hat der Bahnbau begonnen. Durch die Aus- 
zahlung der Löhne an die zahlreichen hierbei 
beschäftigten Arbeiter gelangen größere Mengen 
Geldes in den Verkehr, was an sich schon be- 
lebend auf das Geschäft wirkt. Es unterliegt 
wohl keinem Zweifel, daß nach Fertigstellung der 
Bahnen durch die dann sich entwickelnde Aus- 
fuhr von Produkten eine weitere Belebung und 
Vermehrung des Geschäfts eintreten wird. 
In Deutsch-Südwestafrika ist leider die 
Beruhigung des Landes immer noch nicht voll- 
ständig eingetreten. Wenn auch im Norden die 
Verhältnisse zur Zeit ruhig sind, so sind im 
Süden die Kämpfe mit Hottentottenbanden noch 
nicht beendigt. Nur wenn die Lüderitzbucht — 
Kubub-Bahn bis Keetmanshoop fortgesetzt 
wird, wird es möglich sein, dem Lande den lang 
ersehnten Frieden zu geben und sowohl den 
Farmern als auch den Minenbesitzern eine Ge- 
währ dafür zu verschaffen, daß sie sich wieder 
mit Sicherheit für Leben und Besitz ihrer Arbeit 
widmen können. Die Otavibahn ist bis Tsu— 
meb definitiv vollendet; es ist zu erwarten, daß 
dort in nächster Zeit mit der Gewinnung von 
Erzen begonnen wird. 
Deutsch-Ostafrika hat nach Niederwerfung 
der auch dort ausgebrochenen, übrigens nicht be- 
  
deutenden und lediglich lokalen Unruhen den 
Weg allmählicher Entwicklung in wirtschaftlicher 
Beziehung weiter verfolgt. In Daressalam 
befindet sich eine Kaistrecke im Bau, die nach 
Fertigstellung eine wesentliche Erleichterung der 
Behandlung ausgehender wie einkommender 
Güter bewirken wird. Bei weiterem Ausbau 
der Eisenbahnwege aber und, wie immer 
wieder betont werden muß, auch nur durch 
dieses Mittel wird die Kolonie sicherlich mit 
der Zeit zu einem wertvollen Besitze werden. 
Das Geschäft auf den Südsceinseln hat 
von dem hohen Preisstande für den Hauptaus- 
fuhrartikel, Kopra, Nutzen gezogen. Die deutsche 
Jaluitgesellschaft hat nach Aufhören ihres mit 
der deutschen Regierung geschlossenen Vertrages 
mit einer starken Konkurrenz der Engländer von 
Australien her und der Japaner zu rechnen ge- 
habt. Von Neu-Guinea mehrt sich die Aus- 
fuhr, namentlich von Kopra; auch die Berichte 
über die dortigen Gumminplantagen lauten 
günstig, und in jüngster Zeit ist noch die Kakao= 
kultur, die nach früheren Versuchen in Neu-Gui- 
nea einen geeigneten Boden findet, ausgenommen 
worden, so daß sich die Anzeichen für eine lang- 
same Entwicklung auch dieser Kolonie zu einem 
ertragbringenden Besitze mehren. 
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Südafrika. 
Südafrika hat die Folgen des Krieges noch 
nicht überwunden. Wenn auch die Farmer für 
ihre Produkte, wie Wolle, Federn, Häute, wäh- 
rend des Berichtsjahres einen besseren Preis er- 
halten haben als seit Jahren, so ist ihre Zahl- 
kraft noch immer gering, da sie noch an den 
Schädigungen der Kriegsjahre zu tragen haben. 
Jedoch ist zu konstatieren, daß die in den Markt 
gebrachten Quantitäten obiger Produkte schon be- 
deutend größer sind, als sie direkt nach dem 
Kriege waren. Die in diesem Jahre erhöhten 
Differentialzölle wirken außerordentlich schädigend 
auf das deutsche Geschäft nach Südafrika; manche, 
namentlich bessere deutsche Artikel sind von der 
Einfuhr dadurch ganz ausgeschlossen. 
Der Gold= und Diamantenexport ist beden- 
tend gestiegen. Für Diamanten werden hohe 
Preise erzielt. Die Goldindustrie leidet unter 
Arbeitermangel und der Unsicherheit der politi- 
schen Verhältnisse. Letztere gehen einer baldigen 
Klärung entgegen, nachdem England kürzlich dem 
Transvaal eine Konstitution gegeben hat, die 
dem zu wählenden Transvaal-Parlament die Er- 
ledigung seiner Angelegenheiten überläßt. Nur 
bezüglich des Imports fremder Arbeiter hat sich 
die englische Regierung ein Vetorecht vorbehalten.
	        
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