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sonders der südliche, niedrig gelegene Teil mit
seinem feuchten Boden und der vorhandenen
reichlichen Bewässerungsmöglichkeit bildet die
Reiskammer der Welt. Während in der Zeit
von Mitte Mai bis Mitte November viel Regen
fällt und die Flüsse weite Landstreckon unter
Wasser setzen, tritt im November die trockene
Periode ein, die dann im Februar eine fast un-
erträgliche Hitze aufweist, bis endlich im Mai
wieder die ersten erfrischenden Regen fallen.
Während dieser feuchten Periode wächst der Reis,
er ist in der darauf folgenden trockenen Zeit
zur Ernte reif und kann dann, ohne Schaden
zu nehmen, eingebracht werden.
Oberbirma ist eine Fundstätte verschiedener
Edelmetalle, sonstiger Mineralien und Edelsteine,
besonders von Rubinen; die Wälder enthalten
viele Nutzhölzer, besonders das sehr begehrte
Teakholz. Auch Petroleum wird dort an ver-
schiedenen Orten gefunden.
Von Norden her kommen verschiedene Flüsse,
unter denen die bedentendsten der Salwecn und
Irrawaddy sind; letzterer ist bis auf 900 Meilen
schiffbar. Auf den Flüssen wird eine große Flotte
unterhalten, welche sowohl Reis, wie die im
Norden geschlagenen Teakstämme, Kohlen und
Petroleum nach Rangoon bringt.
Der Mineralreichtum des Bodens in Oberbirma
und die Fruchtbarkeit von Unterbirma haben die
Hauptstadt Rangoon zu einem ungeahnten Auf-
blühen gebracht; sie zählt heute ungefähr
1“ Million Einwohner. Der Hafen zeigt
einen Verkehr, wie man ihn unter den indischen
Plätzen nur noch in Kalkutta und Bombay sehen
kann. An den Ufern des Rangoon-River findet
man außer vielen Holzschneidemühlen Reismühle
an Reismühle und es ist hochinteressant, den
Verkehr in diesom Hafen und auf dem Strom
zu beobachten.
Neben diesen Großindustrien ist in Birma eine
u#mfangreiche Kleinindustrie vorhanden. Viele Orte
haben sich hierfür besonders ansgebildet. So sind
in Rangoon und Mandalay vielfach Kunstschnitzerei
in Holz und Elfenbein sowie Silberarbeit,
außerdem in Mandalay und besonders in dem
nahen Armarapura Seidenweberei und Lack-
warenindustrie zu finden. In gleicher Weise
betätigt sich die Bevölkerung von Moulmain und
Prome.
In schroffem Gegensatz zu der Bedürfnislosigkeit
der Bevölkerung von Indien ist der Birmese
sehr anspruchsvoll; ganz besonders die Birmesin
liebt es sehr, sich in Seide zu kleiden; namentlich
hellfarbige Seidenstoffe finden ausgedehnte Ver-
wendung. Die damit Hand in Hand gehende
bessere Lebenshaltung hat ihren Hauptgrund
darin, daß der Arbeitslohn mehr als doppelt so
hoch ist wie in Indien. In Birma wird ein
Arbeiter im Monat durchschnittlich mit etwa
14 Rupien bezahlt. Die Entwicklung des Landes
läßt im Hinblick auf die vorhandene anders als
in Indien geartete Bevölkerung, auf den reichen
Boden und das verhältnismäßig gute Klima für
die Zukunft viel erwarten. Deutsche Hänser,
welche dort etabliert sind, glauben namentlich
daun an eine große Zukunft, wenn Birma, wie
dies jetzt beabsichtigt ist, finanziell unabhängig
von Indien gestellt wird. Dann soll der
Ausbau der Eisenbahnen in schnellerem Tempo
vor sich gehen. Die im Besitz der Regierung
befindlichen großen Ländereien werden in Er-
wartung des künftigen Aufschwunges auch nicht
verkauft, sondern nur verpachtet. Die
Regierung will die eingehenden Pachterträge
zur weiteren Entwicklung des Landes, besonders
äum Wege= und Eisenbahnban verwenden. So
gesund dieser Gedanke, daß das im Laufe der
Jahre wertvoller werdende Terrain dem Besitz
der Regierung erhalten bleiben soll, in einer
Hinsicht auch ist, so wird doch anderseits be-
fürchtet, daß durch die bloße Verpachtung des
Landes die Entwicklung nicht in der Weise ge-
fördert werden dürfte, wie wenn das Land
verkauft würde. Nicht allein, daß durch Verkäufe
der Regierung größere Summen zuflössen und das
Land infolgedessen schneller erschlossen werden
könnte — mancher Kapitalist wird auch davon
zurückgehalten, sein Kapital in eine Anlage zu
stecken, deren Grund und Boden nicht in seinem
Besitz bleibt, wenn er ihn zu hohem Ertrage
gebracht hat. Nichtsdestoweniger sind bedentende
Gesellschaften entstanden, die von der Regierung
größere Strecken gepachtet haben, besonders in
letzter Zeit, als der lohnende Gummiertrag der
Hevca brasiliensis durch Versuche (in anderen
Ländern und in Birma selbst) festgestellt war.
Auch deutsche Firmen haben dort angepflanzt
und zahlen hierfür eine Landpacht von 2 3/10 Rupien
per Acre und Jahr; sie hoffen von der seit
drei Jahren bestehenden Pflanzung binnen weniger
Jahre große Erträge zu erzielen.
Auch viele chinesische Kaufleute sind an dem
Verkehr in Rangoon stark beteiligt, sie haben
gleichfalls umfangreichen Plantagenbau in Betrieb.
Bei einem dieser Herren hatte ich Gelegenheit,
eine Gummiplantage mit künstlicher Bewässerung
und in vorzüglicher Entwicklung zu sehen.
Ganz besonderes Interesse wird es vielleicht
erwecken, die verschiedenen Plantagenarten in
den vorher beschriebenen Ländern näher kennen
zu lernen. Es sei deshalb nachstehend eine
kurze Beschreibung der wichtigsten Anpflanzungen
versucht.