Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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gekehrt ist, das Fischflußgebiet seit einiger Zeit 
von neuem unsicher. Seine kleinen Banden, die 
hauptsächlich auf Viehraub ausgehen, zeigen ge- 
ringe Widerstandskraft, sind aber sehr beweglich 
und schwer zu fassen. 
Im Süden der Kolonie ist daher zur voll- 
ständigen Niederwerfung des Aufstandes zur Zeit 
noch eine gewisse Truppenzahl erforderlich. 
Schnelles, vorzeitiges Zurückziehen der Truppen 
würde den Mut der noch im Felde stehenden 
Aufständischen neu beleben und ihnen Zulauf 
verschaffen. Ein Aufflackern des Aufstandes hier 
und da ist noch immer nicht ausgeschlossen und 
muß, wenn es eintritt, sofort unterdrückt werden. 
Noch sind viele unsichere Elemente im Grenzgebiet 
vorhanden, die an der Fortdauer des Kriegs- 
ustandes stark interessiert und jederzeit bereit 
sind, Unzufriedene und Unruhige zu neuem Kampf 
aufzureizen. . 
Bis die allgemeine, tief gehende Erregung 
der farbigen Rasse sich gelegt hat, befindet sich 
das gesamte Schutzgebiet in einer übergangs= 
zeit, in der es gilt, das Erreichte zu sichern, den 
beginnenden Wiederaufbau zu ermöglichen und 
den weißen Kolonisten das Sicherheitsgefühl zu 
geben, ohne das eine ersprießliche Erwerbstätigkeit 
ausgeschlossen ist. Das lange zurückgehaltene wirt- 
schaftliche Leben der Kolonie drängt nunmehr 
zur Betätigung und Entfaltung. Aber die völlig 
friedlichen Verhältnisse, die die Vorbedingung bilden, 
sind gegenwärtig noch nicht überall vorhanden. 
Im Damaralande werden von den sich 
herumtreibenden Feldhereros dauernd Viehdieb= 
stähle verübt, wenn auch die meist nicht mit Ge- 
wehren bewaffneten Räuber keine nennenswerte 
Widerstandskraft besitzen. Die Besiedlung des 
Hererogebietes, die lebhaft fortschreitet, bietet ver- 
mehrte Angriffspunkte. Bezeichnend ist es, daß 
die umherstreifenden Feldhereros sich sofort stärker 
bemerkbar machten und die Farmer zu dem Rufe 
nach militärischem Schutz veranlaßten, sobald die 
Patronillentätigkeit hier einige Zeit ausgesetzt 
worden war. 
Die in der nordöstlichen Omaheke sitzenden 
Hereros, für deren Zahl Anhaltspunkte fehlen, 
scheinen entschlossen, ihre Freiheit zu wahren und 
sind nicht geneigt, sich freiwillig zu stellen. Die 
einstigen Führer des Hererovolkes, wie Samuel 
Maharero, die den Krieg überlebten, sind nicht 
in unserer Gewalt. Sie sitzen in Britisch-Bet- 
schuanaland südlich des Ngamisees nahe der 
Grenze, von wo ihre Rückkehr in das Stamm- 
land nach Beendigung des Kriegszustandes kaum 
zu verhindern ist. Welchen Einfluß sie dann 
ausüben werden, ist zweifelhaft. 
  
Im mittleren Namalande, im Bezirk 
Gibeon und Keetmanshoop, begünstigen 
Schwarzrand und Kärasgebirge, die Schluchten 
des mittleren Fischflußgebietes und die angrenzende 
Namib und Kalahari das Raubwesen ganz be- 
sonders. Hier wohnt eine zahlreiche, schwer 
kontrollierbare, freie Eingeborenenbevölkerung, die 
mit den Ausständischen vielfach durch Bande des 
Bluts verknüpft ist und ihnen wiederholt eine 
Zuflucht geworden ist. Von den fast durchweg 
bewaffneten Bersebaern wurde ein Teil der jün- 
geren Generation mehrfach nur mit Mühe vom 
Aufstand zurückgehalten. Wenn auch augenblicklich 
ihr friedliches Verhalten gesichert zu sein scheint, 
so sind doch bei der zunehmenden engen Be- 
rührung, in der Weiße und nicht unterworfene 
Eingeborene in diesem Bezirk stehen, die Keime 
zu neuen Unruhen hier ganz besonders vorhanden. 
Im Süden des Schutzgebietes, dem eigent- 
lichen Herd des Hottentottenaufstandes, braucht 
die volle Durchführung der Unterwerfung der 
Bondels Zeit und unmittelbar gegenwärtige 
Macht, die allein auf die unberechenbaren Ein- 
geborenen wirkt. Für den Süden liegt eine Ge- 
fahr auch in der großen Zahl der bisher in der 
Kapkolonie internierten Aufständischen. Kehren 
sie auf deutsches Gebiet zurück und finden sie sich 
nicht einer kampfbereiten Truppe gegenüber, so 
könnten sie leicht den Krieg von neuem beginnen. 
Ein nicht unbeträchtlicher Teil unserer Truppen 
wird zunächst noch benötigt zur Bewachung von 
rund 16000 Gefangenen, deren Freiheitsdrang 
noch nicht erloschen ist und deren Waffen nicht 
sämtlich abgeliefert sind. Außerlich ruhig, inner- 
lich aber kaum mit seinem Schicksal ausgesöhnt, 
wird sich das froeiheitliebende Volk nur all- 
mählich an die neue Lage gewöhnen. Keinesfalls 
können diese zahlreichen Gefangenen, von denen 
ein großer Teil zu Arbeiten unter militärischer 
Aufsicht verwendet wird, auf einmal auf freien 
Fuß gesetzt werden. 
Von den etwa 15000 freien Eingeborenen 
leben, außer den Bersebaern, die Bastards von 
Rehoboth und Otjimbingue, die Bergdamara 
in Okombahe und die Betschnanen um Aminuis 
in Stammesorganisationen, zum Teil gut be- 
waffnet und beritten, auf eigenem Besitz, zwischen 
denen die deutschen Siedler, Buren und Misch- 
linge, sich niedergelassen haben. 
In einem derartig besiedelten Gebiet von der 
anderthalbfachen Größe des Deutschen Reiches, 
das sich, mit enropäischen Entfernungen ver- 
glichen, von Kopenhagen bis Venedig und von 
Cöln bis Stettin erstreckt, ist eine stärkere Truppen- 
macht zunächst noch notwendig, um die erforder- 
liche Sicherheit für die weit zerstrent liegenden 
Farmen und für die Verkehrsstraßen zu gewähren.
	        
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