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So lagen die Verhältnisse, als der Chef der
Verwaltung Anfang Januar 1905 vor Bokamo-
nene eintraf. Eine Stunde vom Dorfe erwarteten
ihn etwa 200 kampfbereite Krieger am Haupt-
wege. Es war durch Zufall gelungen, unterwegs
einen angesehenen Bokamonenemann festzunehmen.
Dieser redete den Leuten noch einmal Vernunft
ein und veranlaßte sie zum Zurückgehen in das
rf.
Hauptmann Scheunemann ließ nichts unver-
sucht, um die Leute auf friedlichem Wege zu ge-
winnen. Er rückte in den Ort und setzte ihnen
in einer zweistündigen Volksversammlung das
Nötige auseinander. Anwesend waren nur
Krieger, sämtlich schwer bewaffnet. Die Häupt-
linge ließen sich nicht sehen. Das Benehmen der
Leute war unglaublich frech.
Als Mörder des Weißen wurden einstimmig
die Bangandu bezeichnet. Scheunemann warnte
die Leute eindringlich, Lügen hierüber zu ver-
breiten, und setzte ihnen eingehend auseinander,
daß er unbedingt darauf bestehen müsse, daß die
Häuptlinge sich auf der Station Molundu ein-
fänden. Nichtgestellung der Häuptlinge bedeute
Krieg.
Darauf marschierte Scheunemann nach Mo-
lundn. An dem von der Gesellschaft Süd-
kamerun mit großen Kosten und vielem Geschick
angelegten Karrenwege waren aus den meisten
Brücken von Bokamonene die Nägel ausgerissen
und die Kilometerpfähle zerbrochen, eine uner-
hörte Frechheit und ein Beweis für die Beur-
teilung unserer Kulturbestrebungen durch dieses
Gesindel.
Von Molundu aus ließ Hauptmann Schenne-
mann noch mehrere Male Aufforderung an die
Bokamonenehäuptlinge ergehen, sich zu stellen.
Die Uberbringer wurden einfach ausgelacht und
hinausgeworfen.
Die Bangandus dagegen schickten Botschaft
auf Botschaft und arbeiteten fleißig am Wege.
Diese Tatsachen bestimmten Hauptmann
Schennemann, nachdem er nunmehr drei Wochen
vergeblich auf die Bokamonenehäuptlinge ge-
wartet hatte, zu einem energischen Einschreiten
gegen dieses Ränbernest.
Nach reiflicher Uberlegung und Besprechung
auch mit den über die örtlichen Verhältnisse
orientierten Kanfleuten in Molundu kam Haupt-
mann Schennemann zu der lberzeugung, daß,
wem gegen Bokamonene nichts erfolgte, eine
ernste Gefahr für Leben und Eigentum der
Europäcr bei Molundu und selbst für die dortige
Station dauernd bestehen bliebe.
Er beschloß daher, Bokamonene anzugreifen.
Das befestigte Dorf wurde am 4. Februar 1905
nach erbitterter Gegenwehr mit einem Verlust
von drei Toten und sechs verwundeten Soldaten
gestürmt.
Die exemplarische Bestrafung der Mörder des
Weißen machte einen derartigen Eindruck auf die
übrige Bevölkerung, daß die Unruhen bei Juka-
duma (Ndsimn-Unterstamm Bomome) auf völlig
friedlichem Wege beigelegt werden konnten.
Die Ermordung des Agenten Kundenreich ist
aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen persönlichen
Racheakt der Ndsimu zurückzuführen.
Die feindselige Haltung der Bevölkerung in
Bomome (IJukaduma) gegen die dort ansässigen
Faktoristen der Gesellschaft Süd-Kamerun ver-
dankt ihre Entstehung zum guten Teil einem
zum mindesten wenig geschickten Verhalten der
Letzteren. Gegen die Regierung machte sich keine
Mißstimmung bemerkbar. Die Anordnungen der
Verwaltung wurden pünktlich befolgt.
Auch die Stämme der Bangandu und Kuna-
bembe verhielten sich ruhig.
Eine große Anzahl der mit der Neuordnung
der Verhältnisse unzufriedenen Ndsimn hatte sich
nach Assobam-Allaman am oberen Bumbafluß,
drei Tagemärsche nordöstlich Lomie, zurückgegogen.
Die eingehenden Bemühungen der Verwaltung,
diese einflußreichen Häuptlinge auf friedlichem
Wege zu gewinnen, blieben erfolglos.
Den Interessen der Verwaltung wurde dort
von verschiedenen Firmen stark entgegengearbeitet.
Assobam kanfte große Mengen von Pulver und
Gewehren und hielt die Kaufleute nur zu diesem
Zwecke. Die betreffenden Firmen hatten aus-
drücklich gebeten, die Verwaltung möge in Rück-
sicht auf den Handel nicht nach Assobam kommen.
Von einer Expedition dorthin wurde daher zunächst
Abstand genommen.
Die Entwicklung der Dinge war, wie voraus-
zusehen, die, daß die Kaufleute bereits nach
einigen Monaten einen fluchtartigen Rückzug von
Assobam antraten.
Mit den südlich des Njongflusses wohnenden,
zahlreichen und als kriegerisch bekannten Makka-
stämmen hatte die Verwaltung nähere Fühlung
noch nicht gewinnen können. Es fehlte hierzu
auch völlig an den nötigen personellen und
materiellen Mitteln. Obwohl nun jene Stämme
Fremden gegenüber im allgemeinen eine feind-
selige Haltung bewiesen, wurde auch ihr Land
entgegen den wiederholten und eindringlichen
Warnungen der Regierung von Händlern durch-
setzt, deren Strom sich Ende 1904 unaufhaltsam
über das Sanga-Ngokogebiet ergoß.
Das Gebiet wurde teils mit einem Heer
von farbigen Händlern und Einkäufern über-
schwemmt, teils kreuz und quer mit großen
Warenkarawanen hausierend durchzogen (trade-
back.)