Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

G 359 20 
die 107 Gewehre zählte, um das Doppelte über- 
egen. 
Noch in der Dunkelheit, um 4½ Uhr morgens, 
ordnete Major v. Kampt den Angriff auf die be- 
setzte Höhe an. Der an der Spitze marschierenden 
11. Kompagnie gelang es, den Hang ohne Aufent- 
halt zu ersteigen, sobald sie aber die Hochfläche 
betreten hatte, schlug ihr aus der Front und von 
beiden Flanken, besonders aber von links, auf 
nächste Entfernung, ein mächtiges Schnellfeuer 
entgegen. Man war auf einen überlegenen 
Gegner gestoßen, der sich sofort daran machte, 
die deutsche Kompagnie in beiden Flanken zu 
umfassen, ehe sie selbst eine breite Front hatte 
cinnehmen können. Es gelang indessen, durch 
Einsetzen der 3. Ersatzkompagnie die Umklamme- 
rung des linken Flügels zu vereiteln, während 
die halbe 2. Batterie rechts zur Unterstützung der 
hart bedrängten 11. Kompagnie eingriff. Trotz= 
dem blieb das Feuer des hinter Klippen und 
Kakteen wohlgedeckten Gegners überlegen. Die 
Verluste mehrten sich auf deutscher Seite, be- 
sonders bei den Geschützen und bei der 11. Kom- 
pagnie. Um 8 Uhr vormittags wurde Major 
v. Kampp selbst schwer verwundet und mußte 
das Kommando an Hauptmann Siebert ab- 
geben. 
Ein Versuch, den Leutnant Chales de Beaulien, 
der tags zuvor mit seinem Zuge als Flankenschutz 
links herausgeschoben war, wieder heranzuziehen, 
war erfolglos, da die nach ihm ausgesandten 
Patronillen ihn nicht gefunden hatten. Das 
nedpenartig ansteigende Gelände hatte Leutnant 
5. Beaulien bei Beginn des Gefechts verleitet, 
veiter vorzugehen, um einen besseren Überblick 
iu Jewinnen. Die kleine Abteilung hatte jedoch 
vonn den Höhenkamm erreicht, als sie auch schon 
gegrink em vielfach überlegenen Feind heftig an- 
sie vonn- wurde. Bereits nach kurzer Zeit war 
5 chühn Feinde rings umschlossen; von den 21 
verlor sie in kürzester Frist neun Tote 
und acht Verr . . . « 
schluqm» vundete. Die wenigen Überlebenden 
eSn-. sich entschlossen unter ihrem tapferen 
Führer mit dem Ba .--. - 
eine Au em Bajonett nach rückwärts auf 
der Gesche am Revier durch. Erst als eines 
weg . hütze das Feuer über die Karebschlucht 
kleinch d den Feind aufnahm, ließ er von dein 
wundet däflein ab. Es war gelungen, die Ver- 
mußtenen, rechtzeitig zurückzuschaffen, die Toten 
Voi zu dem Platze gelassen werden. 
Wy em Abstieg in die felsige Schlucht hatte 
amJ * ant v. Beaulien eine schwere Verletzung 
Höbe en Fuß zugezogen, er brach auf halber 
Lohe unterhalb eines steilen Felsens bewußtlos 
zusammen. In seiner hilflosen Lage wäre er 
rettungslos verloren gewesen, wenn ihm nicht 
sein getreuer Bursche, Reiter Prange, obwohl 
  
selbst am Arm schwer verwundct, zu Hilfe geeilt 
wäre. Er wollte seinen Leutnant um keinen Preis 
in dieser gefahrvollen Lage allein den Feinden 
zur Bente zurücklassen. „Wir drückten uns“, 
schreibt Leutnant v. Beanlien, „immer dichter an 
die Felswand, um von den Bondelzwarts nicht 
gesehen zu werden; wir hörten ihr Freudengeheul, 
wenn sie einen Toten fanden und ihm die Sachen 
bis aufs Hemde vom Leibe rissen. Allmählich 
hörten wir die Stimmen in immer weiterer Ferne. 
Hilfe kommt immer noch nicht. Uber mich war 
infolge der Anstrengungen, Schmerzen, von Hunger 
und Durst eine gewisse Wurstigkeit gekommen. 
Da war es Prange, der mahnte: Herr Leutnant, 
jetzt müssen wir sehen, zum Detachement zu 
kommen.3 Mit den letzten Kräften und unter 
unsagbaren Schmerzen richte ich mich auf, ver- 
binde mit meinem Taschentuch den stark blutenden 
Arm von Prange, und auf ihn mich stützend, 
trete ich die Reise an. Alle zehn Minuten wird 
gehalten und dann eine ebensolange Ruhepause 
gemacht. Prange wurde infolge des Blutverlustes 
einmal ohnmächtig, Hunger und Durst meldeten 
sich — wir hatten seit abends vorher keine Nah- 
rung zu uns genommen. Prange holte in seinem 
Hut Wasser aus einer Pfütze, ein Stück Brot 
fand er auch in seiner Tasche, das wir brüder- 
lich teilten. So ging es 1½ Stunden, bis wir 
deutsche Stimmen hörten. Es waren Leute 
meiner Kompagnie, die mich suchten, mich auf 
einen mitgebrachten Esel hoben und nach dem 
Verbandplatz in der Schlucht brachten. Nun war 
alles gut und keiner froher wie Prange 
Inzwischen war es 12 Uhr mittags geworden 
und die deutschen Kompagnien standen immer 
noch in heißem Kampfe; wenn nicht bald Hilfe 
kam, mußten sie der großen Ubermacht erliegen. 
Bange Sorgen beschlichen den Führer; man war 
in eine gefahrvolle Lage geraten, die das 
Schlimmste befürchten ließ. Auf Unterstützung 
durch die Abteilung Erckert war kaum zu hoffen; 
sie war, wie man wußte, nach Dewenischpütz 
zurückgegangen. Ob der Gefechtslärm bis zu ihr 
dringen würde, erschien bei der großen Ent- 
fernung sehr fraglich. Troß der geringen Hoff- 
nung auf Hilfe hatte der Führer während der 
Morgenstunden wiederholt nach Osten mit seinem 
Glase geschaut, doch alles Spähen war vergeblich, 
keine Hilfe nahte. Da plötzlich (es war gegen 
1 Uhr nachmittags) bemerkte Hauptmann Siebert 
in weiter, weiter Ferne, aus der Richtung von 
Dewenischpütz nahend, starke Staubwolken; das 
mußte die Abteilung Erckert sein! Alles atmete 
auf, und neue Hoffnung belebte die müden 
Kämpfer. Hilfe nahte! 
Hauptmann v. Erckert hatte von dem Vor- 
marsch der Abteilung Kamptz am späten Abend
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.