W 360 2
des 16. Kenntnis erhalten. Als er in der Frühe
des 17. schwachen Kanonendonner aus der Vor-
marschrichtung der Abteilung Kamptz hörte, ent-
schloß er sich, trotzdem Mann und Pferd durch
die außergewöhnlichen Anstrengungen der voran-
gegangenen Tage noch sehr mitgenommen waren,
unverzüglich dem Gefechtsfelde zuzueilen, um,
wenn möglich, noch am Kampfe teilzunehmen
oder wenigstens dem Feinde den Rückzug zu
verlegen. Denn ernsten Widerstand konnte seiner
Meinung nach der vorgestern von ihm arg
geschwächte Feind kaum leisten. Wie groß war
jetzt sein Erstaunen, als er durch einen ihm vom
Hauptmann Siebert entgegengesandten Offizier
über die ernste Lage bei der Abteilung Kamptz
unterrichtet wurde! Sein aus echt kriegerischem
Tatendrang geborener Entschluß, trotz aller Er-
mattung dem Kanonendonner zuzueilen, sollte
reiche Früchte tragen und seine Kameraden aus
schlimmer Not erretten.
Er erhielt den Befehl, gegen den feindlichen
rechten Flügel umfassend vorzugehen. Diesem
Druck gab der Feind bald nach. Gegen 3 Uhr
nachmittags wich er hier zurück; nunmehr konnten
auch die Schützen der Abteilung Siebert Fort-
schritte machen, und nach weiteren zwei Stunden
heißen Kampfes gelang es, auch den übrigen Teil
der feindlichen Stellung im Sturme zu nehmen.
Der Gegner entschwand mit großer Schnelligkeit
in die Berge. Da eine Verfolgung bei der
hereinbrechenden Dunkelheit und der großen Er-
schöpfung der Truppen wenig aussichtsvoll war,
sammelte Hauptmann Siebert seine Abteilung auf
der zuerst genommenen Höhe, während Hauptmann
v. Erckert mit seinen Leuten den Schutz der linken
Flanke übernahm.
Der Sieg war mit schweren Verlusten
erkauft: neunzehn tote Reiter bedeckten das
Gefechtsfeld, vier Offiziere und 26 Mann waren
verwundet und ein Offizier verunglückt.
Der Gegner hatte sich, wie am folgenden
Tage festgestellt wurde, nur wenige Kilometer
von dem Gefechtsfelde in starker, schwer zugäng-
licher Stellung wieder gesetzt. Ihn in dieser
anzugreifen, hielt Hauptmann Siebert wegen der
Schwäche seiner Truppe und der großen Gelände-
schwierigkeiten nicht für angezeigt. Er ließ das
vom Feinde zurückgelassene Vieh teils zusammen-
treiben, teils abschießen, die Wasserstellen unbrauch-
bar machen und erwartete in beherrschender
Stellung das Eintreffen der zur Verstärkung
heranbeorderten 8. Kompagnie des 2. Feldregi-
ments aus Hasuur und einem Drittel der
9. Batterie aus Dawignab. Auch die 2. Kom-
pagnie des 1. Feldregiments wurde von Keet-
manshoop über Wasserfall auf Durdrift in Marsch
gesetzt, um bei einem neuen Angriff gegen die
Hottentotten mitzuwirken, deren Führung jetzt
anscheinend Morenga selbst wieder übernommen
hatte.
Ehe es indessen zu einem erneuten Vorgehen
kam, wich der Feind in nordwestlicher Richtung
nach den großen Karrasbergen aus. Er erreichte
Anfang Juli die Nordostecke derselben bei Aob,
setzte sich dort in einer Schlucht fest und ver-
schanzte die umgebenden, senkrecht abfallenden
Felskegel, die das flache Vorgelände weithin
beherrschten und von wenigen Schützen selbst
großer Überlegenheit gegenüber leicht zu behaupten
waren. In dieser änßerst starken Stellung den
Morenga mit Erfolg anzugreifen, genügte die
Zahl der verfügbaren Truppen umsoweniger, als
selbst die mit großer Energie während drei Mo-
naten unter unsagbaren Entbehrungen und An-
strengungen durchgeführte Verfolgung, bei der die
Truppen oft ihr letztes hatten hergeben müssen,
seine Widerstandskraft nicht zu brechen vermocht
hatte. Der Erfolg von Narndas im März 1905
war offenbar überschätzt worden; so leichten
Kaufes, wie damals vielfach geglaubt wurde,
sollte man dieses Gegners nicht Herr werden;
ihn völlig niederzuwerfen, bedurfte es neuer
Verstärkungen.
Es kam dem General v. Trotha deshalb
äußerst gelegen, als Morenga, anscheinend ver-
anlaßt durch Mangel an Zufuhr, Mitte Juli
plötzlich erneut mit den Deutschen Verhandlungen
anknüpfen wollte. Obwohl der Oberkomman-
dierende allen Grund hatte, diesem Gegner zu
mißtrauen, glaubte er, in diesem Augenblick
umsomehr darauf eingehen zu sollen, als im
nördlichen Namalande Ereignisse eingetreten
waren, die einen weiteren Aufschub der gegen
die Witbois schon lange geplanten Unternehmung
verboten; zu dieser bedurfte man jedoch dringend
eines Teiles der jetzt im Südbezirke gefesselten
Truppen. Durch sich hinziehende Unterhandlungen
mit Morenga wurde tatsächlich erreicht, daß auf
diesem Kriegsschauplatz bis zum September
1905 völlige Waffeuruhe herrschte, so daß
außer schwachen im Südbezirke verbleibenden
Kräften alle Truppen zu dem großen Schlage
gegen Witboi eingesetzt werden konnten.
Candmelioration in Deutsch-Südwestafrika.
Dem Briefe eines Offiziers entnehmen wir
folgenden interessanten Passus:
Neulich machte ich per Eselkarre eine zwei-
tägige Tour nach der 40 km von Windhuk auf
1800 m Höhe gelegenen Regierungsfarm Neu-
damm, welche aus verschiedenen Gründen sehens-
wert ist. Dort ist nämlich ein leidlich großer