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Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft.
Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft ver-
öffentlicht soeben ihren Jahresbericht für 1906. Wir
entnehmen demselben die nachstehenden Einzelhei-
ten: Das Geschäftsjahr brachte einen Uberschuß von
rund 492 082 Mark, wodurch wir in der Lage
sind, eine Dividende von 5 v. H. zur Verteilung
zu bringen. Wir verdanken das bessere Resultat
in erster Linic dem bedeutenden Aufschwunge
unseres Handelsgeschäfts. Durch die günstige
Konjunktur in Europa haben die Produkten-
Rimessen von Afrika meist einen sehr lebhaften
Markt angetroffen und zu guten Preisen Absatz
gefunden. Von größeren Verlusten in Afrika sind
wir im Berichtsjahr verschont geblieben. Der
gesteigerte Umsatz und die Ausdehnung unserer
Unternehmungen hatte eine Erhöhung des Debet-
Saldos unserer Generalvertretung um rund
400 000 Mark zur Folge.
Unsere Niederlassungen auf Madagascar
konnten ihre Verzinsung herausarbeiten, den
darüber hinaus erzielten Gewinn von 22 400
Francs schrieben wir dem Deleredere-Conto gut,
um gegen nicht vorherzusehende Verluste gedeckt
zu sein. Wenn sich die Verhältnisse auf Mada-
gascar auch gebessert haben, so halten wir eine
zurückhaltende Politik doch noch für geboten und
sind weiter bestrebt, unsere Engagements dort zu
verringern. Der Debet-Saldo von Madagascar
ist am 31. Dezember 1906 nur zufällig gegen
das Vorjahr größer gewesen, da im Dezember
Warensendungen im Betrage von 142 000 Francs
schwimmend waren, die noch im alten Jahr be-
lastet wurden, jedoch erst im Jahre 1907 die
Niederlassungen erreichten.
Unsere Beteiligung an fremden Unternehmun-
gen hat im Betriebsjahr die neugegründete Ost-
afrika-Kompanie und die Lindi Handels= und
Pflanzungs-Gesellschaft betroffen.
Wir müssen auch diesmal unsere Sorgen
wegen der Arbeiterverhältnisse zum Ausdruck
bringen; erst in der zweiten Hälfte des Jahres
1906 gelang es, genügend Arbeiter zu erlangen,
um die Felder wieder zu reinigen. Durch das
Unkraut sind die jungen Pflanzen im Wachstum
zurückgeblieben, und ein Rückgang des ernte-
fähigen Materials in den Jahren 1908/09 ist
zu befürchten. Nach wie vor finden die Pflan-
zungen bei der Lösung der Arbeiterfrage die
Unterstützung der Behörden, und es ist zu hoffen,
daß es den ernsten Bemühungen aller Inter-
essenten gelingen wird, schließlich eine befriedi-
gende Lösung dieser Lebensfrage der Pflanzungs-
kulturen zu finden.
Die Ernte der Kaffeepflanzung Union hat
1906 nur das kleine Quantum von 47 500 Kilo
Kaffee ergeben, so daß die Unkosten wieder nicht
gedeckt wurden. Da wir nur geringe Hoffnung
haben, durch die Kaffeekultur die Pflanzung ren-
tabel zu machen, so haben wir die schlechtstehenden
Teile der Pflanzung aufgegeben und dafür die
Auspflanzung von Manihot Glaziovii weiter be-
trieben. Am Ende des Betriebsjahres waren vor-
handen 617 000 Kaffeebäume und 89 600 Kaut-
schukbäume. Die letzteren entwickeln sich aus-
gezeichnet, und wir hoffen, daß diese Kultur, was
nach den bisherigen Erfahrungen zu erwarten ist,
eine Zukunft in Ostafrika haben wird. Wir
hielten eine weitere erhebliche Abschreibung auf
die Kaffeepflanzungen für dringend erforderlich.
Wenngleich wieder eine große Anzahl von
Palmen (10 000 Stück) auf der Pflanzung
Muoa eingegangen ist, so hat sich doch die Zahl
der tragenden Palmen auf 25 000 erhöht. Der
Ertrag der Nüsse ergab die Summe von 23 600
Rupien, so daß diese Kultur voraussichtlich keine
weiteren Zuschüsse erfordern wird. Der Bestand
an Palmen beläuft sich auf 150 000 Stück. Ende
des Jahres standen unverändert 1775000 Sisal-
Agaven im Felde. Die Ernte konnte bereits in
größerem Maße durchgeführt werden, so daß wir
das vorgesehene Quantum von 325 To. Hauf
trotz des Arbeitermangels nahezu fertigzustellen
vermochten. Die Ware ist ausgezeichnet; die ver-
kauften 2991 To. erbrachten einen Erlös von
194 500 Mark. Wenn die schwierigen Arbeiter-
verhältnisse unsere Arbeit nicht brach legen, so
sollten wir für 1907 auf eine Ernte von etwa
500 To. rechnen dürfen.
Unsere älteste Pflanzung Kikogwe erbrachte
wieder ein sehr befriedigendes Resultat, wenngleich
auch hier durch Arbeitermangel die Haufgewin-
nung zurückblieb, und vor allem den Feldern die
nötige Pflege nicht werden konnte. Im Betriebs-
jahr kamen 986 To. Hauf zur Ablieferung mit
einem Erlös von 645 000 Mark. Die Preise in
Europa hatten fast das ganze Jahr hindurch eine
steigende Tendenz, so daß wir stets einen guten
Markt trafen; gerade diese besonderen Verhält-
nisse veranlaßten uns zu sehr reichlichen Abschrei-
bungen, um auch in weniger günstigen Zeiten auf
überschüsse rechnen zu dürfen. Es waren 1 600 000
schnittreife Agaven vorhanden.
Mit dem Ausbau der Pflanzung Kange sind
wir fortgefahren; es standen am Ende des Jahres
360 000 Sisal-Agaven im Felde. Inzwischen
sind 47.000 Kautschukbäume ausgepflanzt. Die
Entwicklung der Pflanzung ist zufriedenstellend.
Die Aberntung der Mauritius-Agaven hat sich
nicht gelohnt, denn die Pflanzen ergaben kaum
/s v. H. Faser, so daß die Unkosten der Gewin—
nung nur eben durch den Erlös beim Verkauf
gedeckt wurden. Mauritius-Agaven sind nun nicht
mehr vorhanden.