Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

M 669 20 
lokalen Genossenschaften; und 
Organisation die Darbietung einer sicheren und 
leistungsfähigen Anstalt zur Deponierung und 
Aufnahme der überschüssigen Mittel von Mit- 
gliedern sowohl wie auch von Nichtmitgliedern. 
Je stärker, je umfassender, je unangreifbarer 
dieses dem Ganzen in allen seinen Gliedern 
dienende Geldinstitut ist, um so sicherer und ruhiger 
wird sich auch die Arbeit in allen Gliedern voll- 
ziehen. 
Nur ist in Deutschland stets zunächst mit der 
Bildung von einzelnen lokal beschränkten Spar- 
und Darlehnskassen auf der Grundlage der 
unbeschränkten Haftpflicht begonnen worden, 
und diese sind alsdann in einem zentralen 
Institut als ihrer Geldausgleichsstelle vereinigt 
worden. 
Was die dichte Besiedlung des deutschen 
Mutterlandes ohne weiteres als naturgemäßen 
Aufbau gebot, das schlossen die cigenartigen Ver- 
hältnisse der Kolonic — namentlich die dünne und 
vereinzelte Besiedlung — von vornherein aus. 
Es wäre vielleicht möglich gewesen, an vier 
oder fünf Plätzen lokale Kreditkassen ins Leben 
zu rufen; zunächst aber hätte auch in diesen Fällen 
die unbeschränkte Haftpflicht — darin sind die 
Interessenten und Kenner einig — größte Schwierig- 
keiten gemacht; ferner wären aber bei solchen 
wenigen, auf die dichter besetzten Bezirke be- 
schränkten Kreditgenossenschaften alle außerhalb 
solcher Bezirke angesiedelten Farmer un- 
berücksichtigt geblieben, und schließlich wäre 
— namentlich im Hinblick auf die schwer zu 
beschaffenden geeigneten Verwaltungsorgane — 
das Wirken und der Fortbestand solcher Einzel- 
Kreditgenossenschaften sehr in Frage gestellt ge- 
wesen; das zeigt mit schärfster Klarheit die 
Gibeoner Spar= und Darlehnskasse, wo die Ver- 
waltungsorgane versagten. 
Außerdem kann man wohl von einer gewissen 
Gleichmäßigkeit der ländlichen Verhältnisse in der 
Kolonie reden; jedenfalls bestehen zwischen den 
ländlichen Berufsklassen sowohl wie zwischen 
den Angehörigen dieser Klassen keinerlei Gegen- 
sätze von der Art, wie sie in Deutschland die 
Landwirte in der mannigfachsten Hinsicht vonein- 
ander unterscheiden. 
Aus all diesen Erwägungen heraus tat sich 
der Plan auf, hier zunächst mit einem großen, 
zeutralen, die Interessenten einzeln zusammen- 
schließenden Kreditinstitut vorzugehen. Natur- 
gemäß mußte sich dieses aber auf der Grundlage 
der beschränkten Haftpflicht aufbauen. 
Der am 4. April gegründeten Deutsch- 
Südwestafrikanischen Genossenschaftsbank 
können sich nunmehr alle Interessenten in der 
ganzen Kolonie — also namentlich die Farmer 
in der gleichen. 
  
  
und Ansiedler — als Einzelmitglieder anschließen. 
Die Zentralverwaltung wird in Windhuk ihren 
Sitz haben. Je nach der Beteiligung der ein- 
zelnen Bezirke wird man für diese an den in 
Frage kommenden geeigneten Plätzen Zweignieder- 
lassungen errichten und in diesen Bezirken Ver- 
trauensmänner, etwa in Gestalt von Aufsichts- 
ratsmitgliedern, bestellen, welche mit den Verhält- 
nissen vertraut und imstande sind, sich gutachtlich 
zu Kreditanträgen usw. zu äußern. Der Gesamt- 
aussichtsrat wird dabei zweckmäßigerweise die 
laufende Arbeit durch eine aus seiner Mitte von 
der Generalversammlung bestellte Kommission er- 
ledigen lassen und wird sich den Verhältnissen 
entsprechend auf eine ein= bis zweimalige Plenar-= 
sitzung im Jahre beschränken. Ganz abgesehen von 
der gewiß sehr erwünschten Möglichkeit, daß sich nun 
sofort alle Interessenten an der Kreditorganisation 
beteiligen können und infolgedessen der Ausbau 
des Ganzen sich auf ruhig fortschreitender 
Linie bewegen kann, gewährt die Bildung dieses 
zentralen Instituts gegenüber der Schaffung der 
einzelnen Kreditkassen im Hinblick auf die be- 
sonderen Verhältnisse des Landes noch weitere 
Vorzüge, von welchen kurz folgende bezeichnet 
seien: 
1. Statt vieler — jedenfalls schwer zu be- 
schaffender und noch schwerer dauernd zu erhal- 
tender — Verwaltungsapparate in Einzelkassen 
ist ein einziger, geschlossener Verwaltungsapparat 
geschaffen. In Gibeon ging es gut, solange 
Herr v. Burgsdorff die Zügel hielt. Jetzt 
versagt — wie Herr Dr. Kacmpfer berichtet — 
der Bezirk in der Personenfrage vollständig, und 
die Kasse leidet darunter natürlich sehr. Ein 
solches Unternehmen muß aber über die Personal-= 
Wechselfälle hinausgehoben sein, darf ganz gewiß 
nicht in der Hauptsache oder lediglich auf zwei 
Augen gestellt sein. 
2. Statt vieler vereinzelter, selbständig arbei- 
tender Verwaltungen ist eine einheitliche Ver- 
waltung geschaffen. Sie garantiert auch eine 
einheitliche, zweckmäßige Geschäftsführung, stete 
UÜbersicht über die Gesamtanlage und eine durch- 
greifende Kontrolle — diese namentlch auch beie 
den Zweigniederlassungen. Sie garantiert ferner 
auch größere Billigkeit auf Konto Verwaltungs- 
kosten. 
3. Das zentrale Institut verhütet schlechte 
Erfolge vereinzelter Lokal-Kreditkassen, zumal 
wenn bei anderweitigem Vorgehen, um überhaupt 
die Beteiligung an den genossenschaftlichen Vor- 
zügen zu ermöglichen, zur Gründung von allzu 
kleinen, nicht lebensfähigen Genossenschaften ge- 
schritten worden wäre. Nichts schadet aber dem 
Prinzip und der Bewegung in ihrer Totalität 
mehr als das Versagen und Eingehen einzelner 
3
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.