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folgungskolonnen aufzustellen, die, sobald sie
irgendwo größere Spuren wahrnahmen, sofort
die Verfolgung aufnehmen und sich hierbei gegen-
seitig ablösen sollten; ferner sollte alles Vieh der
Farmer und die entbehrlichen Viehbestände der
Truppe nach Norden an militärisch gesicherte
Sammelpunkte abgeschoben werden. Er hoffte,
auf diese Weise die Aufständischen zwar ohne
glänzende Schläge, aber sicher ihrer Hilfsmittel
zu berauben und sie zu aussichtslosen Angriffen
auf gut gesicherte Posten zu veranlassen. Die
dann einsetzende unnnterbrochene Hetze mit stets
frischen Verfolgungsabteilungen mußte den Gegner
schließlich erschöpfen und seiner Widerstandskraft
berauben. Wie zutreffend Oberst v. Deimling
die Lage erkannt hatte, und wie sehr das neue
Verfahren geeignet war, eine schnelle Beendigung
des Krieges herbeizuführen, sollte sich bald zeigen.
In den nächsten Monaten trat zwar im Süden
eine an bedeutsamen kriegerischen Ereignissen
ärmere Zeit ein, die jedoch für die Truppen
nicht minder anstrengend war. An Stelle der zu-
sammenhängenden Operationen mehrerer Ab-
teilungen traten zahlreiche kleinere Einzelunter-
nehmungen.
Am 6. August zeigte sich der Feind, an-
scheinend unter Führung von Johannes Christian,
bei Alurisfontein, wo er mit etwa 50 Gewehren
die Pferdewache der 2. Kompagnie des 2. Feld-
regiments angriff, aber von der herbeieilenden
Kompagnie vertrieben und verfolgt wurde. Er
flüchtete über Umeis, den Oranje aufwärts, in
das Hamrevier, wo er durch Zuzug sich auf 150
Gewehre verstärkte. Die Verfolgung übernahmen,
den Absichten des Obersten v. Deimling ent-
sprechend, bis Pelladrift die Abteilung Sieberg,
dann die 7. Kompagnie des 2. Feldregiments
und schließlich die im Südosten befindliche Ab-
teilung Bech (1., 8., 9. Kompagnie des 2. Feld-
regiments, 7. Batterie). Diese stellte den Feind
am 18. August bei Noibis südlich von den Naraob-
bergen und zersprengte ihn nach dreistündigem
heftigen Kampfe unter erheblichen Verlusten. Auf
deutscher Seite fiel Leutnant v. Heyden und ein
Reiter, fünf Reiter wurden verwundet.
Hauptmann Bech setzte die Verfolgung uner-
müdlich fort und schlug den Gegner zum zweiten
Male am 22. August bei Aos im Backrevier,
worauf dieser sich in die Großen Karrasberge
warf. Aber auch hier wurde er von Hauptmann
Bech und den Besatzungen von Narndas und
Dunkermodder gehetzt, so daß er in die Kleinen
Karrasberge ausweichen mußte. Ein Uüberfall,
den die Hottentotten am 29. August auf den
Viehposten Warmbakies unternahmen, schlug fehl,
worauf Hauptmann Wobring mit Leuten der
4. Ersatzkompagnie, einem Zuge der 5. Kom-
pagnie des 2. Feldregiments und einer in Keet-
manshoop aus Schreibern, Burschen und Or-
donnanzen zusammengestellten Abteilung am 30.
die Verfolgung aufnahm, den Gegner noch am
selben Abend 20 km südwestlich Areb überraschte
und nach dreiviertelstündigem Feuerkampfe mit
aufgepflanztem Seitengewehr aus seiner Stellung
warf. Hinter dem Flüchtigen herjagend, sprengte
er ihn nach viertägiger Hetze völlig auseinander
und nahm ihm sämtliche Pferde sowie sein Koch-
und Lagergerät ab.
Eine zur selben Zeit in der Umgegend von
Ramansdrift auftretende Bande wurde von dem
4. Bataillon des 2. Feldregiments unter Haupt-
mann Anders in fünfstündigem Gefecht geschlagen
und nordwärts auseinandergejagt.
Eine dritte, gleichfalls in den Oranjebergen
auftretende Gruppe Aufständischer wurde von
Hauptmann v. Bentivegni mit der 4. und 6. Kom-
pagnie des 2. Feldregiments, einem Artillerie=
und einem Maschinengewehrzuge am 20. August
zwischen Uhabis und Violsdrift gestellt und floh
nach kurzem Gefecht unter Zurücklassung ihrer
sämtlichen Vorräte in die Oranjeberge und weiter-
hin auf englisches Gebiet, da die deutsche Ab-
teilung sie unermüdlich bis an den Oranje ver-
folgte.
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Das Ergebnis dieser eifrigen Tätigkeit der
deutschen Truppen war, daß die Aufständischen
sich in kleinere Banden am Oranje, am Fischfluß,
in und östlich von den Großen Karrasbergen auf-
lösten. Allenthalben durchstreiften sie das Land
und machten jeglichen Verkehr gefahrvoll. Wie
wenig gesichert zu dieser Zeit die Verhältnisse
waren, beweist die Tatsache, daß der Oberst
v. Deimling dem Reichstagsabgeordneten Dr.
Semler, der in diesen Monaten das Schutz-
gebiet bereiste, um es durch persönlichen Augen-
schein kennen zu lernen und in der Heimat auf-
klärend wirken zu können, dauernd Begleitmann-
schaften zur Verfügung stellen mußte, da er auf
seinen Reisen mehrfach in bedrohliche Lagen ge-
raten war.
Allmählich begannen indes die neuen Maß-
nahmen wirksam zu werden. Da fast alles Bieh
bei der unnnterbrochenen Hetze zugrunde ging und
es den Bondels nur einmal am 11. September
in der Gegend nördlich Keetmanshoop gelang,
der Truppe solches abzunehmen, begann bei ihnen
Nahrungsmangel einzutreten.