Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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aus dem Bismarck-Archipel, die Wissenschaft grund- 
legende ethnographische und sprachliche Kennt- 
nisse. Was später von anderen deutschen Kriegs- 
schiffen, wie S. M. S. „Carola“, „Hyäne“ und 
„Bussard“, und besonders von dem Vermessungs- 
schiff „Möwe“ in dieser Hinsicht geleistet worden 
ist, schließt sich den ersten Anfängen würdig an. 
Manches wertvolle Stück und viele interessante 
Aufzeichnungen sind auf diese Weise an das Ber- 
liner Museum für Bölkerkunde gelangt. Im 
Jahre 1898 gelang es dem damaligen Komman= 
danten S. M. S. „Bussard“, dem jetzigen Kontre- 
admiral und Vorstand der Nautischen Abteilung 
des Reichs-Marine-Amts Winkler, das Ver- 
ständnis der außerordentlich merkwürdigen Stab- 
Seekarten der Marshall-Insulaner zu erschließen, 
worüber er im Oktoberheft 1898 der Marine= 
Rundschau berichtet hat. Marince-Oberstabsarzt 
Prof. Dr. Krämer hat einmal als Schiffsarzt 
und zweimal mit längerem Urlanb die Südsee 
bereist. Außer vielen kleinen Abhandlungen 
liegen als Früchte seiner Studien ein zweibän- 
diges Werk über Samoa und ein Band über 
Hawaii, Ostmikronesien und Samoa vor. Die 
letzten Veröffentlichungen stammen von Marine- 
Stabsarzt Dr. Stephan, zwei Werke über den 
Bismarck-Archipel, deren Herausgabe durch die 
Unterstützung des Reichs-Marine-Amts ermöglicht 
wurde. 
Dieses engere Verhältnis der Kaiserlichen 
Marine zu der ethnographischen Forschung in 
unseren Südseegebieten bewog die Generalver- 
sammlung der Königlich Preußischen Museen, im 
März 1906 dem Reichs-Marine-Amte den Plan 
einer Südsee-Expedition zu unterbreiten. Die 
Expedition sollte aus drei Forschern und einem 
Photographen bestehen und 2 Jahre dauern. 
Von den auf 60 000 Mk. veranschlagten Kosten 
würden voraussichtlich 50 000 Mk. aus Etats- 
mitteln des Königlich Preußischen Ministeriums 
für geistliche, Unterrichts= und Medizinalange- 
legenheiten zur Verfügung gestellt und der Rest 
würde aus anderen Fonds gedeckt werden können. 
Es wurde die Bitte ausgesprochen, die geplante 
Expedition unter die Oberleitung der Kaiserlichen 
Marine zu stellen und den Marine-Stabsarzt 
Dr. Stephan mit der Führung der Expedition 
zu beauftragen. Gleichzeitig wurde die damalige 
Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes von 
dem Plane in Kenntnis gesetzt. Auf Grund der 
weiteren Verhandlungen wurde vom Kultus- 
ministerium aus einem für das Berliner Museum 
für Bölkerkunde im Staatshaushalts-Etat für 
1907 bereit gestellten Betrage die in Aussicht 
genommene Summe bewilligt und damit die Ent- 
sendung der Expedition ermöglicht. Seine 
Majestät der Kaiser genehmigte auf Vortrag 
  
des Staatssekretärs des Reichs-Marine-Amtes den 
Expeditionsplan. 
Außer dem Leiter werden an der Expedition 
teilnehmen der wissenschaftliche Hilfsarbeiter am 
Berliner Museum für Bölkerkunde Edgar 
Walden, der Assistent am Anthropologischen 
Museum in Dresden Dr. Otto Schlaginhaufen 
und der Photograph Richard Schilling. Die 
Ausreise wird im September mit einem Lloyd- 
dampfer über Sydney erfolgen, so daß die Ex- 
pedition Ende Oktober in Simpsonhafen eintreffen 
wird. Als Forschungsgebiet ist der Bismarck- 
Archipel in Aussicht genommen, doch können die 
näheren Bestimmungen über das Arbeitsfeld oder 
die Arbeitsfelder der Expedition erst an Ort und 
Stelle im Einverständnis mit dem kaiserlichen 
Gouverneur von Deutsch-Neuguinea Dr. Hahl 
getroffen werden. 
Welche Ziele die Expedition verfolgt, hat 
Marine-Stabsarzt Dr. Stephan in seinem Buche# 
„Südseekunst“ dargelegt: „Die Zahl der primi- 
tiven Völker, besonders solcher, die noch in der 
Steinzeit leben, beschränkt sich auf das Innere 
Südamerikas und einige größere Inseln des 
Stillen Ozeans. Aber es ist die höchste Zeit, 
daß geborgen wird, was noch zu bergen ist, 
denn mit der Erforschung der primitiven Stämme 
steht es nicht wie immer mit einer chemischen 
Analyse, bei der es gleichgültig ist, ob sie jetzt 
oder in hundert Jahren vorgenommen wird, ja 
bei der man mit Bestimmtheit sagen kann, daß 
sie sich um so leichter und genauer ausführen 
lassen wird, je länger man damit wartet. Wie 
die Geschwindigkeit des fallenden Steines immer 
größer wird, so gehen die Naturvölker immer 
rascher ihrem Untergange entgegen, und noch vor 
ihrem leiblichen Rassentode welken ihre alten 
Fertigkeiten und Kenntnisse dahin, wenn unsere 
eiserne Kultur wie ein giftiger Odem sie anhaucht. 
Von den ersten Entdeckern und den älteren 
Reisenden sind die „Wilden“ ganz unzulänglich 
beobachtet worden. Erst neueren Forschern ver- 
danken wir genauere und kritische Nachrichten, 
aber trotzdem ist noch sehr vieles in Dunkel ge- 
hüllt, und der Geschichte der Menschheitentwick- 
lung droht ein unersetzlicher Verlust, wenn es 
nicht schon in den nächsten Jahren aufgeklärt wird. 
Es liegt am Material der meisten Erzeugnisse 
dieser primitiven Kulturen, daß sie rasch den 
Einflüssen des Klimas zum Opfer fallen, und 
solbst wenn spätere Zeiten, wie wir es jetzt mit 
den Überresten früherer Jahrtausende tun, mit 
Gold aufwiegen wollten, was heutzutage noch 
für einige Pfennige zu erwerben ist, es wird 
vergebliche Mühe sein. Und im besten Falle 
bekäme man dann einige tote Stücke, deren 
dumpfe Sprache von jedem Forscher anders ge-
	        
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