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1907 waren volle drei Jahre vergangen, ohne
daß die Niederlage von 1904 gefühnt worden
wäre. Die Bestrafung der Kuamatos und die
Wiederherstellung der portugiesischen Waffenehre
in Afrika blieb so der Diktatur Joäo Francos
vorbehalten. Den Anstoß aber gab Hauptmann
Rocadas, der dazu selbst nach Lissabon reiste.
Er besaß infolge der Unternehmungen von
1905 und 1906 das Vertrauen der Regierung
und des Landes. Hatte er doch den gefährdeten
Posten am Kunene zwei Jahre hindurch mit ge-
ringen Mitteln behauptet und sogar an einzelnen
Punkten die portugiesische Herrschaft neu aufge-
richtet. Wohl nur das Fehlen ausreichender
Kampfmittel war schuld, daß ihm bisher größere
Erfolge versagt geblieben waren.
Diese Mittel wurden Hauptmann Rogcadas
1907 seinem Vorschlage entsprechend bewilligt.
Er selbst behielt den Oberbefehl, obgleich die
Truppenstärke so anwuchs, daß man sonst wohl
einen Obersten mit der Führung betraut haben
würde. Indes man gab hier, wie sich gezeigt
hat, mit Recht dem als tüchtig anerkannten und
mit den Verhältnissen vertrauten Kolonialoffizier
den Vorzug vor einem neu aus der Heimat zu
entsendenden höheren Vorgesetzten.
Der Führer ging sofort an die Vorbereitung
der Expedition und nutzte dabei die Erfahrungen
der Vorjahre nach Kräften aus.
Die Kuamatos hatten gerade jetzt — im Fe-
bruar 1907 — sogar Angriffe auf die Feste
Rocadas versucht. Nun sollten auch in ihrem
Lande befestigte Militärposten angelegt werden.
Das in Betracht kommende Gebiet stößt bei Humbe
an den Kunene und hat eine Längen= und Breiten-
ausdehnung von je etwa 100 km. Man unter-
scheidet Klein-Kuamato mit der Hauptwerft Mog-
hogo und südlich davon Groß-Kuamato mit der
Hauptwerft Naloöque. Über dieses räumlich eng
begrenzte Gebiet wollte man vorläufig nicht hin-
ausgehen und hoffte, daß die Kuanjamas, mit
denen man im Vorjahre verhandelt hatte, und
auch die anderen Ovambostämme dann vielleicht
dem Kampfe fernblieben. Doch wurde die Truppe
richtigerweise so stark gemacht, daß sie auch für
den Kamof gegen alle vereinigten Stämme aus-
reichte. Dabei legten Wasser= und Weideverhält-
nisse keine Beschränkung in der Bemessung der
Stärke auf; auch für den Vormarsch von mehreren
tausend Mann auf einem Wege war Mangel nicht
zu befürchten.
Für die Operationen wurden in erster Linie
Angola-Truppen bestimmt, außerdem eine Jufan-
terie-und eine Marine-Kompagnie aus der Heimat
und eine Kompagnie aus Mozambique. Dazu
kamen eingeborene Hilfstruppen, so daß der Führer
im ganzen auf 2900 Mann, davon die Hälfte
Weiße, mit zehn Geschützen und vier Malchinen-
gewehren rechnete. Diese Stärke ist allerdings
später nicht ganz erreicht worden.
Die aus der Heimat neu herangezogenen
Mannschaften bestanden aus Freiwilligen des
Heeres und der Marine. Sie waren vor der
Ausreise zu vierwöchiger besonderer Ausbildung
zusammengezogen, die in Angola von Ende Juni
bis Ende August durch einzelne weitere Ubungen
ergänzt wurde. So erreichte man, daß die neuen
Truppen den alten annähernd gleichwertig waren.
Die Brauchbarkeit der eingeborenen Angola=
Truppen hatte sich ebenfalls gegen früher gehoben.
Allerdings wurden sie auch jetzt vorwiegend auf
den rückwärtigen Verbindungen und zu Stations-
besatzungen verwendet.
Die Ausrüstung war im wesentlichen dieselbe
wie im Vorjahre. Die Masse der Truppen war
unberitten, und nur die enropäischen Soldaten
führten moderne Hinterlader. Der Mann hatte
120 Patronen bei sich, und weitere 130 befanden
sich für jedes Gewehr auf den Wagen. Eine
Neuerung war, daß jeder Mann zwei leere Sand-
säcke und jeder dritte einen Spaten trug, um
jederzeit rasch Deckungen herstellen zu können.
Im übrigen bestand die Ausrüstung während der
Unternehmungen aus einem Khakianzug, einer Art
Schutztruppenhut, Lederzeug mit zwei Patronen-
taschen, Zeltbahn und Mantel, die gerollt über
die Brust getragen wurden, Feldflasche und zwei,
später drei Konservenportionen, die kalt gegessen
werden sollten. Kochgeschirre wurden auf den
Wagen mitgeführt, da während der Operationen
nur jeden zweiten oder dritten Tag abgekocht
werden sollte. Neu war auch die Zuteilung von
je einem Maschinengewehr an die europäischen
Kompagnien. Eine der Dragoner-Eskadrons war
auf argentinischen Pferden beritten gemacht und
mit Lanzen ausgerüstet worden. Bei der Artillerie
waren vier 7,5 cm-Gebirgsgeschütze von Ehrhardt
hinzugekommen, die mit Rohrrücklauf und Schutz-
schilden versehen, das einzige wirklich brauchbare
und zeitgemäße Geschützmaterial in Angola dar-
stellten. An Munition wurden für jedes Geschütz
170 bis 200 Schuß mitgeführt. Schließlich sollten
noch zwei Scheinwerfer aus der Feste Rocadas
mitgenommen werden und zur Beleuchtung der
Umgebung des Lagers bei Nacht dienen. Moderne
Nachrichtenmittel standen dagegen nicht zur Ber-
fügung.
Größte Sorgfalt widmete Hauptmann Rocadas
dem Etappenwesen. Die Eisenbahn von Mossa-
medes hatte inzwischen Kilometer 73 erreicht.
Von da mußten 400 km bis zur Feste Rocadas,
dem Ausgangspunkt der Operationen, mit Ochsen-
wagen zurückgelegt werden. Dieser Weg, an dem
eine Reihe befestigter Militärstationen lag, konnte