Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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der Transport durch Maulesel. Die Wege, die 
diese armen Tiere zurückzulegen haben, sind oft, 
besonders während der Regenzeit, unglaublich 
schlecht und mitunter überhaupt nicht passierbar. 
Mir wurde z. B. während meiner Anwesenheit 
in Itabuna gesagt, daß die aufgekauften Kakao- 
massen, die über Ilheos nach Bahia gehen, oft 
wochenlang dort aufgespeichert werden müssen, 
ehe sie weitertransportiert werden können. In 
solchen Zeiten ist dieser Ort vollständig von allem 
Verkehr abgeschnitten, die Nahrungsmittel und 
Verbrauchsgegenstände steigen dann auf das Viel- 
fache ihres Wertes. 
Die Aufkäufer erhalten von den kleineren und 
größeren Pflanzern natürlich verschieden behan- 
delte Kakaosorten; um eine gleichmäßig aussehende 
Ware liefern zu können, mischen sie alle Sorten 
durcheinander. Der Kakao wird alsdann in 
Säcke von 60 kg verpackt und je zwei solcher 
Säcke werden auf einem Maulesel verstaut. Auf 
dem Rückwege werden dann wieder Gebrauchs- 
gegenstände und Nahrungsmittel nach den Pro- 
duktionsbezirken mitgenommen. Wie mir der 
Besitzer einer solchen Mauleselherde („Troppa“,) 
sagte, ist dieses Transportgeschäft recht lohnend, 
wenn nicht Krankheiten die Tiere dezimieren. 
Der Kakaohandel Bahias ist besonders in 
letzter Zeit sehr lohnend gewesen, da die Pro- 
duktion einen immer größeren Umfang ange- 
nommen hat und die Preise gestiegen sind; 
trotzdem wird aber über das immer vorhandene 
Risiko geklagt. Dieses Risiko ist einerseits durch 
die Transportschwierigkeiten und die dadurch ge- 
fährdete Qualität des Kakaos veranlaßt, ander- 
seits beim Einkauf dadurch, daß bei höhergehenden 
Preisen die vorher gekaufte Ware von den Pro- 
duzenten oft nicht geliefert wird, während bei 
heruntergehenden Preisen der Händler gezwungen 
ist, die ganze Ernte abzunehmen. Die Aufkäufer 
und Handelshäuser verbinden ihr Kakaogeschäft 
meistens mit einem Warenhandel, der zugleich 
die Bedürfnisse der Pflanzer und Arbeiter deckt. 
Die Aufkäufer find gezwungen, diese Waren den 
Pflanzern auf Kredit zu geben; die Zahlung 
wird dann nach der Ernte durch Kakaolieferungen 
bewirkt. Die Pflanzer verkaufen ihre Ernte meist 
schon im voraus an die Aufkäufer; diese wiederum 
verpflichten sich, das erwartete Quantum zu an- 
gemessenem Preise an ihre Auftraggeber zu liefern. 
Bei hochgehenden Preisen liefern die Pflanzer 
dem Aufkäufer jedoch meist nur den Teil der 
Ernte, der zur Deckung der aufgelaufenen Schuld 
dient, während der andere Teil zum erhöhten 
Preise anderweitig verkauft wird; bei herunter- 
gehendem Preise ist der Aufkäufer dagegen ver- 
pflichtet, die ganze Ernte zu dem vorher verein- 
barten Preise abzunehmen. Die Verbindung des 
  
Warengeschäfts mit dem Kakaaohandel scheint 
jedoch für die Aufkäufer recht lohnend zu sein, 
denn sie befinden sich meist in guten finanziellen 
Verhältnissen. 
Größere Pflanzungen liefern ihren Kakao ge- 
wöhnlich direkt nach Bahia oder an die Filialen 
der Bahia-Häuser in Ilheos und Belmonte. 
Im Hinblick auf die weitere Ausdehnung des 
Kakaobaues und die fast durchweg schlechten Wege 
des Bezirks Ilheos wird die Erbauung einer 
Eisenbahn nach den Hauptproduktionsdistrikten 
beabsichtigt. Der Bahnbau hat bereits begonnen 
und dürfte in einigen Jahren beendet sein. 
Außer in Bahia wird noch im Staate Ama- 
zonas Kakao gebaut, besonders in der Gegend 
von Obidos und Itacutiara; auch weiter den 
Amazonas hinauf befindet sich eine Anzahl klei- 
nerer Kakaopflanzungen, die allerdings in den 
letzten Jahren, seitdem die Kautschukproduktion 
große Erträge geliefert hat, sehr zurückgegangen 
find. Während im Jahre 1888 die Ausfuhr an 
Kakao aus dem Amazonasgebiet noch 7510 Tons 
betrug, ist sie 1904 auf 5191, 1905 auf 4265 
und 1906 auf 2104 Tons gefallen. Es ist zu 
erwarten, daß bei einem Sinken der Kautschuk- 
preise die Bevölkerung sich auch wieder mehr dem 
Kakaobau zuwendet. 
Im Staate Bahia ist dagegen die Produktion 
in den letzten Jahren erheblich gestiegen, und 
zwar betrug die Ausfuhr: 
im Jahre 1903 15 917 Tons, 
- -15904. 18 018 — 
- = 1905 16 879 
- -15906. 22964 
Auch in anderen Staaten, besonders im 
Staate Säo Paulo, beginnt man in ausge- 
dehntem Maße mit der Anpflanzung von Kakao; 
namentlich in dem südlich an der Küste gelegenen 
Teil, in der Nähe von Santos, in Cubatäo, find 
bereits viele Tausende von Kakaobäumen ge- 
pflanzt. Es ist zu erwarten, daß sich auch von 
dort aus in einigen Jahren ein großer Export 
entwickelt. 
Tabak. 
Unter den aus Bahia exportierten Produkten 
nimmt der Tabak die zweite Stelle ein. Tabak 
wird zwar in allen brasilianischen Staaten an- 
gebaut, aber anderswo sind diese Anpflanzungen 
nicht sehr ausgedehnt und dienen meist nur dem 
heimischen Konsum. Zum Export kommt fast nur 
der Tabak von Bahia. Geringe Qualitäten 
werden auch aus den Häfen Rio de Janeiro und 
Porto Alegre exportiert, aber schon die einfachen 
Ziffern — im Jahre 1906 800 Tons gegen-
	        
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