Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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sonstiges Eigentum durch Zauberei beschädigen könne, 
oder wenn er ihn mit den angeblichen Zauber— 
mitteln versorgt. 
Ebensosehr wie ein derartiger Zauberkundiger 
trägt aber derjenige dazu bei, daß der Aberglauben 
nicht aufhört, der auf den Rat eines Zauberdoktors 
in der Absicht, jemand zu schaden, solche Mittel oder 
Verfahren anwendet oder anwenden läßt, die er für 
geeignet hält, eine Person oder ihr Eigentum zu 
schädigen. 
Die Strafe ist in beiden Fällen Kerker mit 
oder ohne Zwangsarbeit bis zu einem Jahre oder 
Vermögensstrafe (Sec. 174, 175)1). 
Recht der Spurfolge. 
Über den Kreis der Eingeborenen-Bevölkerung 
hinaus erstreckt sich die Bedeutung der Bestimmungen, 
welche der Code im Anschluß an die Behandlung 
des Diebstahls von Vieh über das Recht der Spur- 
folge gibt. Die Grundsätze dieses Rechts hat der 
Code?) von den Eingeborenen übernommen, bei 
denen sich dieses Recht aus ihren wirtschaftlichen 
Verhältnissen und ihrer Auffassung von der Haftung 
der Gemeinde für die Handlungen des einzelnen 
Mitgliedes entwickelt hatte. 
Da sich bei den Eingeborenen, namentlich so- 
lange sie hauptsächlich Viehzucht betrieben und 
anderen Erwerbszweigen ziemlich fernstanden, die 
Lebensexistenz im wesentlichen an ihren Viehbestand 
knüpfte, so war die Erhaltung dieses Bestandes von 
größter Wichtigkeit und waren Viehdiebstähle die 
emmpfindlichsten Störungen ihrer wirtschaftlichen Lage. 
Die Bestrafung oder Haftbarmachung des bestimmten 
individuellen Diebes war dabei kein genügendes 
Mittel, solchen Diebstählen vorzubeugen bzw. eine 
Entschädigung zu erlangen, denn der einzelne Täter, 
der den Diebstahl in der Regel unerkannt verübte, 
verschwand in seinem Kraal und war vor Fest- 
stellung durch das Solidaritätsgefühl der An- 
gehörigen seines Kraals gegenüber dem Kraal des 
Bestohlenen meist geschützt. 
Es galt also die Kraalgemeinde, nicht den ein- 
zelnen Täter verantwortlich zu machen. Der schon 
erwähnte Grundsatz der Kaffern, die Gemeinde für 
den einzelnen verantwortlich zu machen, bildete die 
Voraussetzung dazu, und es bedurfte nur der Aus- 
1) Wie notwendig der Gesetzgebung der Kapkolonie 
die Unterdrückung des Zauberunwesens erscheint, zeigt 
sich auch darin, daß sie für diejenigen Teile der Kolonie, 
in denen der Code nicht gilt, wo Eingeborene zum Teil 
also nur zerstreut leben, doch ein besonderes Gesetz 
erlassen hat, nämlich einen „Act to suppress the Iim- 
putation or practice of pretended witcheraft“ (Nr. 2 
von 1895), welcher analoge Bestimmungen über die 
Zauberei wie der Code enthält. 
2) Die Haftung nach Spoor-Law gehört eigentlich 
in das Rrrtreshe die Bestimmungen darüber sind aber 
in den Penal Code aufgenommen und dienen dem Ver- 
ständnis der an das Spoor-ULUnw angeknüpften Straf- 
bestimmung. 
  
bildung gewisser Regeln, wenn bei Viehdiebstählen, 
falls der Täter unbekannt, eine Spur des gestohlenen 
Viehes aber aufgefunden war, eine Kraalgemeinde 
für den Diebstahl verantwortlich gemacht werden 
konnte. Die Zusammenfassung dieser Regeln und 
des Prinzips der kommunalen Verantwortlichkeit 
versteht man unter dem Recht der Spurfolge.!) 
Die älteren Kolonisten, welche unter den Kaffern 
lebten, hatten unter den Viehdiebstählen, die auch 
ihre Lebensexistenz wesentlich berührten, umsomehr 
zu leiden, als die Eingeborenen wenig Neigung 
zeigten, den Kolonisten bei der Aufspürung ihres 
Viehes behilflich zu sein. 
Die Kolonisten nahmen deshalb die Grundsätze 
der Spurfolge als praktisch wirksam auf und er- 
weiterten sie noch gerade mit Rücksicht auf die 
erwähnte Stellung der Kaffern zu Kolonisten- 
Eigentum.) 
Durch die Gesetzgebung der Kapkolonie hat das 
Recht der Spurfolge schließlich folgende Gestaltung?) 
erhalten: 
1. Weist die aufgefundene Spur“) auf einen 
bestimmten Kraal als Aufenthalt des gestohlenen 
Viehes, so ist der Kraalsvater haftbar für den Wert 
des gestohlenen Tieres und für den durch das Tier 
auf fremdem Grund und Boden angerichteten 
Schaden. 
2. Der bestohlene Eigentümer hat das Recht, wenn 
die Spur verlorengegangen oder verwischt ist, nach 
einem Zeichen von dem Tiere in jeder Hütte, jedem 
Kraal, jeder Einfriedigung und auf den Ländereien 
in der Nachbarschaft des Platzes, wo die Spur 
zuletzt sichtbar war, zu suchen. Wer das Suchen 
nicht gestattet, ist verantwortlich für den Wert des 
gestohlenen Tieres. 
3. Hat der Eigentümer die Spur seiner ge- 
stohlenen Tiere entdeckt, so ist er berechtigt, von den 
Personen, die in der Nachbarschaft der Spurstelle 
wohnen, jede vernünftige Unterstützung bei der 
Weiterverfolgung der Spur zu verlangen. 
Eine Verantwortung für den Wert der ge- 
stohlenen Tiere trifft in solchen Fällen denjenigen, 
der in der Unterstützung nachlässig ist oder sie ver- 
weigert und durch das eine oder andere Schuld trägt 
an dem Verlust oder der Verwischung der Spur. 
Dieselbe Verantwortung trifft den, der vor- 
sätzlich den Verlust oder die Verwischung der Spur 
herbeiführt. 
1) Spoor-Law. Näheres bei Maclean, S. 65 ff. 
2) Vgl. Maclean 65, 66. 
3) Code in Secr. 200 bis 202. An die Stelle der 
Sec. 200 des Code ist der Transkeian Territories Penal 
Code Amendment Act 1898 getreten (Nr. 41 von 1898 
Statutes of the ('ape Colony vol. IV S. 4009). 
4) Spur bedeutet jedes Zeichen oder jeder Ein- 
druck auf den Boden, oder jedes Zeichen einer Störung 
an Gras oder Buschwerk oder einen auf dem Boden 
aufgefundenen Gegenstand, woraus geschlossen werden 
kann, daß Menschen oder Vieh die Gegend in einer 
bestimmten Richtung passiert haben. Code Sec. 5.
	        
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