Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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(Hottentottenbier), das auf verschiedene Arten her- 
gestellt werden kann. Vor allem braucht man dazu 
bestimmte Wasserwurzeln und rote Beeren, die 
das Aussehen unserer sog. Mehlsäckchen vom Weiß- 
dorn haben und an einem mittelhohen Busche 
wachsen. Diese Beeren schmecken wie Rosinen. 
Das fertige Bier sieht aus wie Milch mit Wasser 
verdünnt, schmeckt süßlich und macht schnell be- 
trunken. Der Rausch hält lange an. 
Am Hochzeitstag wird die Braut in die besten 
Kleider eingehüllt, meist in ein halbes Dutzend 
übereinander. Auch der Bräutigam zieht sich seine 
besten Sachen an. Am begehrtesten sind hierbei 
neue Beinkleider, die vorn bis an die Knie und 
hinten am Gesäß mit buntfarbigem Tuch benäht 
werden. Unentbehrlich ist der Hut mit dem 
gelben Bande. 
Sobald das Fleisch aufgegessen ist und auch 
das Bier seine Schuldigkeit getan hat, beginnt 
der Tanz. 
Der Hottentott kennt deren mehrere. Bei 
dem einen tanzen die Weiber und Männer zu- 
sammen. Die Weiber beschreiben in kleinen 
Schritten und langsamen Drehungen bestimmte 
Windungen, während die Männer, die tollsten 
Sprünge ausführend und mit möglichster An- 
strengung aufstampfend, sich um ihre Schönen 
drehen. 
Die Musik, die bei den „kultivierten“ Einge- 
borenen mit Zieh= oder Mundharmonika gemacht 
wird, besteht draußen im Felde in dem melo- 
dischen Gesang der Zuschauer. 
Bei einem andern Tanz stehen die Weiber in 
großem Kreise und klatschen rhythmisch mit den 
Händen. Die Männer tanzen springend und 
stampfend in dem Kreise herum. Um die Knöchel 
haben sie einen Schmuck aus Erdnüssen (Gonib 
genannt), die beim Zusammenklappen den Ton 
der Kastagnetten erzeugen. 
Diese Tänze, welche die sinnlichen Begierden 
aufs Außerste anreizen, werden mit unglaublicher 
Ausdauer bis in die späteste Nacht fortgesetzt. 
Zum Schlusse hört man nur noch schlürfendes 
Stampfen, Keuchen und Stöhnen. 
Die mannigfachen Versuche der Missionare, 
diese Tänze abzuschaffen, werden wohl nie von 
Erfolg gekrönt sein. 
Die Hottentotten sind ein äußerst musikalisches 
Volk. Mit der schönsten Klangreinheit singen sie 
mehrstimmige Lieder. 
Von Musikinstrumenten ist mir nur eins be- 
kannt. Das ist die vom Hottentott, Bergdamara 
und Buschmann in gleicher Weise benutzte Manl- 
trommel, auf Nama Kas. Sie besteht in einem 
durch eine Sehne straff gespannten Bogen. Das 
eine Ende des Bogens wird in den Mund ge- 
nommen, wobei die Mundhöhle als Resonanz-= 
  
boden dient. Gegen die Sehne wird mit einem 
kleinen Stäbchen geschlagen, wodurch leise Tone 
entstehen. Der Spielende hört diese Töne natürlich 
laut. Uber Bogen und Sehne ist eine andere 
Sehne gespannt, die sich mehr oder weniger weit 
von dem einen Ende des Bogens entfernen läßt. 
Hierdurch kann man verschieden hohe Töne her- 
vorrufen. 
Nach Aussage des ermordeten Farmers Roben 
Duncan spielen die Eingeborenen häufig so lange 
auf diesem Instrument, bis sie bewußtlos umfallen. 
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G 
Kommt man zu Simon Copper zu einer Be- 
ratung, so verhält er sich zunächst völlig passiv. 
Der einzige in seinem Besitz befindliche kleine 
Holzschemel wird dem Gast angeboten. Diesem 
gegenüber sitzt oder liegt Copper, die Pfeife im 
Munde. Im Kreise umher stehen die stimm- 
berechtigten Leute. 
Hat Copper dem Ankömmling die Hand ge- 
geben, so ist dieser zunächst keiner Gefahr aus- 
gesetzt, da durch den Händedruck die Gastfreund- 
schaft besiegelt wird. Bei Copper persönlich aber 
muß man doch dauernd auf seiner Hut sein, da 
er in seinen nicht seltenen Wutanfällen weder die 
Gastfreundschaft noch den Rat seiner Vertrauens- 
männer respektiert. Auch bei Beratungen ist sein 
geladenes Gewehr stets schußbereit. 
Zunächst wartet der Kapitän die Fragen des 
Ankömmlings ab. ZJe nach Gefallen beantwortet 
er diese oder auch nicht. Alle seine Antworten 
enthalten eine Zweidenutigkeit. Nie wird er kliov 
und klar mit Ja oder Nein antworten, sondern 
sich stets eine Hintertür offen halten. Nach dem 
alten Mort: „Was ich denk und tu, das trau ich 
gern dem andern zu“, vermutet er auch bei jeder 
Frage und Antwort des Weißen einen Doppelsinn. 
Will Copper nicht sofort auf eine Frage ant- 
worten, so wendet er geschickt das Gespräch auf 
ein anderes Thema, um Zeit zum llberlegen zu 
gewinnen. 
Wer sich von vornherein eine freundschaftliche 
Gesinnung des Kapitäns sichern will, der muß 
unbedingt Rum und Tabak als Geschenk mitbringen. 
Hat Copper bei einer Beratung etwas ver- 
sprochen, so wird er es nur so lange halten, als 
es ihm genehm ist. Er wird im Notfalle seine 
völlige Unterwerfung versprechen, sicher aber die 
erste sich bietende Gelegenheit benutzen, um sich 
der Einlösung dieses Versprechens zu entziehen. 
Er wird stets versuchen, seine persönliche Freiheit 
zu wahren und sie bis zum Anußersten zu ver- 
teidigen. 
Durch die Gewissenlosigkeit einiger Händler 
gelingt es ihm immer wieder, Gewehre und 
Munition zu bekommen. Die verschiedensten
	        
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