Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

W 964 2# 
LXIV. In der Erwägung, daß die tatsächliche 
Besitzergreifung und die Ausübung der Gerichts- 
barkeit Großbritanniens über das ganze bestrittene 
Gebiet, bevor die Streitfrage wegen der Grenzen 
aufkam, sich in verschiedenen nicht angefochtenen 
Tatsachen bekunden, nämlich in der Überlassung 
von Gärten durch die Resident Magistrates 
von Walfischbai, in der von der Kapregierung 
durch die Kaufleute Herren Wilmer und Evensen 
erbetenen Uberlassung von Grundstücken in Rooi- 
bank und Ururas und in der Bestrafung eines 
Verbrecheus und der Verhaftung eines Missetäters 
in Ururas. 
LXV. In der Erwägung, daß, wenn einmal 
aus den dargelegten Gründen die Ausdehnung 
des Walfischbai-Gebietes bis Ururas zugegeben 
wird, es unnötig ist, zur Unterstützung der bri- 
tischen Ansprüche die Lehre vom „Hinterlande“ 
heranzuziehen, eine Lehre, die übrigens auf den 
strittigen Fall keine Anwendung finden würde, 
  
weil die Besitzergreifung besagten Gebietes und. 
die Ereignisse und Verhältnisse vor derselben den 
Entschluß kund tun, die Annexion auf genan be- 
stimmte Grenzen zu beschränken, mit stillschwei- 
gendem Verzichte auf jede Absicht, sie zu erweitern, 
und, weil, wie jene Lehre verstanden wird, sie 
zu ihrer Anwendung die Tatsache oder die förmlich 
angezeigte Behauptung des politischen Einflusses 
in bezug auf ein bestimmtes Gebiet oder einen 
Vertrag, in welchem er (der Einfluß) in konkreter 
Weise klar und deutlich beschrieben wird, verlangt, 
welche Umstände insgesamt in dem Falle, der 
diesen Streit verursacht, nicht vorhanden sind. 
LXVI. In der Erwägung, daß die zweite 
der Fragen, die in diesem Schiedsspruche geprüft 
werden müssen, nämlich ob die Südgrenze des 
Walfischbai-Territoriums von einem Punkte aus, 
der 15 Seemeilen von Pelican Point entfernt ist, 
abgesteckt werden soll oder im Gegenteil von 
einem Punkte aus, der 15 Landmeilen davon 
entfernt ist, im voraus eine andere Frage ent- 
stehen läßt, die sich darauf bezieht, ob dem das 
Urteil Ausfertigenden in dem das Schiedsgericht 
betreffenden Übereinkommen die zu ihrer Ent- 
scheidung nötigen Befugnisse verliehen worden sind. 
LXVII. In der Erwägung, daß die Lehre, 
die vorschreibt, daß der Schiedsrichter Befugnisse 
besitzt, um in bezug auf seine richterliche Zu- 
ständigkeit zu entscheiden, indem er den Macht- 
bereich des Abkommens deutet, welches seinem 
Richterspruch die streitige Frage oder Fragen 
unterbreitet, eine in Sachen des internationalen 
Rechtes offen und sicher anerkannte Lehre ist. 
LXVIII. In der Erwägung, daß die Fest- 
stellung; ob die Westgrenze des Walfischbai-Terri= 
toriums nach Seemeilen oder nach Landmeilen 
  
gemessen werden muß, den Ausgangspunkt der 
Südgrenze beeinflußt, deren Absteckung, ganz 
allgemein und ohne Einschränkung irgendwelcher 
Art, gemäß dem Abkommen vom 1. Juli 1890 
und der Erklärung vom 30. Jannar 1909, dem 
Richterspruche des das Urteil Ausfertigenden unter- 
worfen ist. 
LXIX. In der Erwägung, daß, wenn, ob- 
wohl beide Übereinkommen schlechtweg davon 
sprechen, die Feststellung der „Südgrenze des 
Walfischbai-Territoriums“ einem Schiedsspruche zu 
unterbreiten, angenommen wird, daß es not- 
wendig ist, das erste Ubereinkommen in Gemäßheit 
seiner Präzedenzfälle zu deuten, und daß des- 
halb das Abkommen vom Jahre 1890 sich allein 
auf den zu jener Zeit bestrittenen Teil der Süd- 
grenze bezog, d. h. auf den Teil, der von der 
unmittelbaren Nähe der Scheppmansdorfer Kirche 
bis Ururas reicht, diese Beweisführung selbst (uns) 
dazu bringen würde, anzuerkennen, daß die Er- 
klärung vom Jahre 1909 sich auf alles das, 
was damals bestritten worden ist, und deshalb 
auf den seit 1904 strittigen Ausgangspunkt der 
Südgrenze bezieht. 
LXX. In der Erwägung, daß auf Grund des 
Gesagten der, der das Urteil ausfertigt, rechts- 
zuständig ist, um diese zweite in der deutschen 
Denkschrift aufgestellte Frage zu entscheiden. 
LXXI. In der Erwägung, daß, wenn auch 
die Seemeilen gewöhnlich nicht für Messungen 
von Landstrichen in den britischen Besitzungen 
angewandt werden, doch kein Grund dafür vor- 
handen ist, anzunehmen, daß ein Seemann, wie 
der Kommandant Dyer, es unterlassen sollte, sie 
nach seiner Aussage zur Feststellung einer Küsten- 
strecke (die das ist, was die Westgrenze bedeutet) 
zu benutzen, vor allem, wenn er zu seiner Führung 
eine Karte der Admiralität besaß und die Ent- 
fernungen im Verhältnis zu dieser berechnen 
mußte. 
LXXII. In der Erwägung, daß aus der Er- 
wählung von Nuberoff als Grenzpunkt des Terri- 
toriums in der Stromrichtung des Swakopflusses 
nicht zu folgen ist, daß man, zum Unterschiede 
von dem, was man mit der Westgrenze tat, die 
Nordgrenze nach Landmeilen gemessen hat, weil 
aus dem Berichte des Mr. Wrey vom 14. Januar 
1886 ganz deutlich hervorgeht, daß die Entfernung 
zwischen Nuberoff und der Mündung des Swakop- 
flusses nicht auf genaue 10 Meilen abgeschätzt 
und daher auch jener Punkt als Grenzpunkt nicht 
mit Rücksicht auf das, was sich aus einer ge- 
wissenhaften Vermessung des Geländes ergab, 
sondern eher deshalb so bezeichnet wurde, weil 
er eine natürliche Unebenheit des Bodens ist, 
welche sich nahe bei der Stelle befindet, an welcher
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.