W 972 20
Die hauptsächlichsten Krankheiten der Eingeborenen
sind: Malaria, Lungenentzündung in der kalten
Zeit, Blutarmut, die durch einen Eingeweide-
wurm erzeugt wird und oft zum Tode führt,
Geschlechtskrankheiten.
Wenn man früher annahm, daß das Ambo-
land noch ziemlich rein von Geschlechtskrankheiten
sei, so ist dies leider ein Irrtum. Gonorrhoe und
vor allem Syphilis werden von den aus den
Minen zurückkehrenden Arbeitern sehr häufig ein-
geschleppt. Welche Gefahr hierin für die
Volkskraft ruht, liegt auf der Hand. Es ist da-
her erfreulich, daß dem Lazarett, das nur über
ganz geringe Mittel verfügt, vom Gouvernement
sofort Mittel zur Verfügung gestellt worden sind.
Jetzt ist nämlich die Fortpflanzungskraft aller
Ovambostämme noch sehr groß. Die Familien
sind kinderreich (4 bis 6 Kinder) und üÜMberall
sieht man erfreulicherweise zahlreiche Kinder um
die Werften spielen.
Ein Tag wurde ferner benutzt, um uns den
gerade eifrig betriebenden Fischfang anzusehen.
Bekanntlich kommen mit dem abkommenden
Omuramba aus dem Kunene sehr viele Fische
herunter, die sich beim Auftrocknen des Landes
in den Niederungen, Vleys und Brunnen sammeln.
Zu dieser Jahreszeit waren nur noch südwestlich
des Ondongagebiets fischhaltende Teiche vor-
handen; in allen underen Stammesgebieten waren
die Vleys und Brunnen bereits teils ausgetrocknet,
teils abgefischt. Nach einem Ritt von etwa 32 km
durch die baumlose Grassteppe südlich des On-
dongagebiets kamen wir zu einem etwa 1,5 km
breiten und langen Teiche, an dem wir 500 bis
600 Männer beim Fischen trafen. In langen
Schützenlinien wurde der Teich, der noch nicht
50 em tief war, durchquert, wobei die aufge-
scheuchten Fische (fast stets Welse) mit Speeren
erlegt werden. Zu Hunderten hing auf Stangen
am Ufer des Teiches der Fang zum Trocknen.
Das Wasser war so salzhaltig, daß unsere Pferde
es verweigerten. Ein zweiter Teich, in dem noch
nicht gesischt wurde, lag etwas westlich vom
ersten.
Durch diesen Fischfang wurde die bereits be-
ginnende Hungersnot gelindert, die infolge der
sehr schlechten Ernte sonst jetzt schon in Ondonga
eingetreten wäre.
Am 30. Juli erhielt ich durch Boten die Nach-
richt von der angeblichen Vernichtung der Kolonne
v. Frankenberg. Im Amboland wußte man
bei keinem Stamme etwas von diesen Vorgängen.
Ein Verkehr zwischen dem Amboland und dem
Okawango besteht überhaupt so gut wie gar nicht.
Nur die Owakuanguari sind im Ambolande noch
bekannt. Libebe kannte kaum einer dem Na-
men nach.
Nachdem wir noch Kambonde und Amtaleni
Lebewohl gesagt hatten, zogen wir am 2. August
weiter nach Ukuanjama, bei dessen Häuptling
Mandume wir uns angesagt hatten und von
dem wir willkommen geheißen waren.
Nach Ukuanjama führen von Ondonga zwei
Wege, der eine (der östliche) über Onipa,
Nuisila nach Namakunde in Ukuanjama, der
andere über Ondangua nach Namakunde
böw. Omatemba in Ukuanjama. Beide Wege
sind gut ausgefahren und auch nachts zu erkennen.
Wir zogen den östlichen Weg. Je mehr man
sich der nördlichen Stammesgrenze näherte, um
so mehr trat allmählich Busch und Wald auf, bis
man schließlich im reinen unbesiedelten Wald war.
Am anderen Morgen waren wir bereits bei den
ersten Ukuanjama-Werften. In einem verhältnis-
mäßig gut gezeichneten, rechts und links von
einer ununterbrochenen Reihe von Werften und
Feldern umsäumten Omuramba zogen wir dahin.
Am vierten Morgen waren wir auf der Missions-
station Namakunde, die von Herrn Tönjes an-
gelegt ist. Mit Glockenläuten und Gesang empfing
ihn seine alte Gemeinde.
Die politische Lage, die ich in Ukuanjama
vorfand, war kurz folgende: Seit etwa einem
Jahr ist Häuptling von Ukuanjama der zweiund-
zwanzigjährige Mandume, der Neffe seines
Vorgängers Nande. Die Mission sah seinem
Regierungsantritt mit Besorgnis entgegen, da er
sich bis dahin durch seine Gewalttätigkeiten und
Grausamkeiten einen sehr schlechten Namen ge-
macht hatte. Jedoch war Mandume wie aus-
gewechselt, sowie er die Häuptlingswürde über-
nahm. Die große Verantwortung, die plötzlich
auf seinen Schultern lastete, muß auf ihn einen
sehr guten Einfluß gehabt haben. Er trat sofort
der Nandeschen Lotterwirtschaft, unter der die
raublustigen Großleute taten was sie wollten,
streng entgegen. Ruhe und Frieden kehrten schnell
in das recht zuchtlose Ukuanjama zurück und die
Unterdrückungen des armen Mannes hörten auf.
Einen Onkel, der ihm nicht gehorchen wollte, ließ
er kurzer Hand erschießen, und sein früherer Ruf
der Rücksichtslosigkeit verschaffte ihm schnell Au-
torität und Gehorsam. In seinem schroffen Auf-
treten gegen die Großleute und Beschützen des
kleinen Mannes liegt ein gewisses Buhlen um
die Liebe und Anhänglichkeit des Volks. Diese
kann für Mandume eines Tages sehr nötig sein.
Der Zuzug von Ovaknanjama als Arbeiter
zu den Minen wurde eine Zeitlang durch eine
Differenz zwischen Mandume und Kambonde sehr
erschwert. Im Mai (7) war nänmlich ein On-
donga-Mann in Ukuanjama ermordet, sein Gewehr
einfach zurückbehalten worden. Als Kambonde
durch einen Boten bei Mandume aufragen ließ,