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nach dem Kunene weiterritt. Nach einem
vierstündigen Ritt durch sehr schönen hoch-
stämmigen Mopanewald erreichte ich den Strom
in der Nähe von Eriksonsdrift. Das südliche
Ufer ist hier ganz flach, das nördliche begleitet
von niedrigen Höhen, die in zwei wohl 150 m
hohen Bergen ihre höchste Erhebung finden.
Der Strom selbst fließt in einem 4 m tiefen
eingeschnittenen Bett zwischen Schilfwänden träge
dahin.
Nach zweistündiger Rast am Fluß ritt ich den
gleichen Weg wieder zurück und war um Mitter-
nacht wieder in Ukualuisi, recht ermüdet durch
den 145 km langen Ritt.
Am nächsten Tage besuchten wir vormittags
Muala in seiner nahe bei der Mission gelegenen
Werft und zogen am Nachmittag nach Ongandjera
zurück, wo wir am 28. August eintrafen. Hier
sprachen wir nochmals bei Ts chanika vor.
Am 29. kamen wir nach einem tüchtigen
Nachtmarsch in Ukuambi an. Kaum waren wir
gegen Mittag auf der Missionsstation angelangt,
als schon ein Bote Ipumbos uns auf die
Häuptlingswerft entbot. Da nun die langen
Palawer in der sonnendurchglühten Werft wirklich
kein Genuß sind, gar noch in der Mittagsglut,
so ließ ich Ipumbo zuerst sagen, wir kämen
nachmittags, ging dann aber doch, wie ein
zweiter Bote uns nochmal mit der Begründung
einlud, daß viele Leute, die Ipumbo als Arbeiter
geben wollte, vor der Werft warteten. Ipumbo,
dieser 24 jährige, an Größenwahn leidende Häupt-
ling, war sehr zornig, weil wir nicht sofort ge-
kommen waren, und ich kann nur sagen, daß
ich als sein schwarzer Untertan ihm lieber fern-
geblieben wäre. Ließ er doch kürzlich drei junge
Mädchen, die im Verdacht standen, sein ver-
storbenes Kind behext zu haben, blenden und
ihnen die Füße abhacken! Schließlich beruhigte
er sich und war vernünftig. Er hatte 43 Leute
gesammelt und glaubte für diese Mühe einen
Maultierwagen im Werte von 1000 I zu be-
kommen. Weiterhin verlief dieser Besuch ganz
gut. Sogar zu einem Gegenbesuch verstieg sich
Ipumbo und kam noch bei Sonnenuntergang
mit sechs Bewaffneten in die Missionsstation.
Ubrigens kommen auch die portugiesischen Patres,
die in Nord-Ukuanjama sitzen, manchmal zu
Ipumbo.
Am 31. ritten Tönjes und ich nach Ukuanjama,
um Mandumes Bitte, nochmals zu ihm zu kommen,
zu entsprechen. Die Entfernung von 60 km bis
Omatemba legten wir bis zum Nachmittag zurück.
Wieder fiel uns auf, wie verschieden das wald-
und buschbedeckte Ukuanjama von den südlichen
offenen, recht kahlen Amboländern ist.
Wenn ich angenommen hatte, Mandume
würde auf uns in Omatemba warten, so war
dies ein Irrtum. Er war weit nach Osten auf
Jagd gegangen.
Am 5. September kam er endlich, nachdem er
zwei Botschaften vorausgesandt hatte, ich möchte
ja nicht abreiten, er käme so schnell wie möglich.
Mandume benahm sich in der folgenden
politischen Unterredung sehr klug. Ich setzte ihm
auseinander, daß ich all seine Worte dem Herrn
von Uaschimba überbringen wollte.
Nachmittags ritt ich mit meinem Jungen ab
nach Olukon da, wohin der Wagen von Ukuambi
direkt gegangen war. Tönjes, der krank war,
mußte noch in Omatemba zurückbleiben. Die
80 km über Ondangua nach Olukonda legte ich
— auf einem langen Nachtritt durch Wald und
von Tagesanbruch an durch das offene öde On-
donga — bis zum nächsten Morgen zurück. In
Olukonda mietete ich vom Missionar Rauthanen
eine Karre, die ich mit meinen Sachen sofort nach
Onoolongo abgehen ließ. Ich selbst blieb noch
einen Tag, um der Häuptlingsmutter Amtaleni
und dem Häuptling Lebewohl zu sagen.
Am nächsten Morgen ging ich mit Rauthanen
zur nahen Werft Amtalenis. Hier hatte sich eine
kleine Anderung vollzogen. Ihr Mann war vor
vier Wochen gestorben und nach vier Tagen
Trauer war ihre Wahl auf Tschivute, den
früheren Großmann Nechales und Stürmer von
Namutoni (Januar 1904) gefallen. Tschivute
war nach Nechales Tod nach Ukuanjama ver-
zogen, da er dem Regierungswechsel in bezug auf
seinen Hals etwas stkeptisch gegenüberstand.
Nauthanen, dessen Einfluß nach vierzigjährigem
Aufenhalt im Ambolande sehr groß ist, übernahm
den Auftrag Amtalenis, als Freiwerber nach
Ukuanjama zu reisen und Tschivute zurückzuholen.
Letzterer soll übrigens nach Angabe Rauthanens
kein deutsch= oder vielmehr weißenfeindliches Ele-
ment sein.
Wir trafen Amtaleni und Tschivute in der
Morgenfrühe einträchtig vor einem großen Topf
Bier sitzend, der, wie ich leider vermerken muß,
schon bedenklich geleert war. Sie boten das
Bild des traulichen Familienlebens, beide sehr
behäbig, Tschivute mit seinen Säuferangen gut-
mütig in die Welt sehend.
Beim Abschied von Kambonde setzte ich diesem
deutlich auseinander, daß er den Leuten aus
Ukuanjama, die als Arbeiter für die Minen durch
sein Land zögen, fernerhin keine Schwierigkeiten
in den Weg legen dürfe. Er solle bei neuen
Differenzen mit Mandume die Angelegenheit durch
die Missionare regeln lassen.
Es ist stets gut, wenn man es diesen Häupt-
lingen, die alle an Selbstüberschätzung leiden,
gelegentlich fühlen läßt, daß es noch einen Herrn
über ihnen gibt, dessen Arm auch vom fernen
Windhuk bis in das Amboland reicht.