—
Kaum 200 m davon auf dem Jänepei ge-
nannten Platz angekommen, empfing er zwei
Bauchschüsse, dann ist er hingestürzt und von dem
genannten Jomatau durch einen Schuß in den
Kopf getötet worden. Die Leiche ist durch Messer-
hiebe entstellt, der linke Unterarm abgehackt
worden. Der Sekretär Brauckmann floh zurück,
um das Boot zu erreichen; man hat ihn drei-
mal angeschossen und im Wasser durch Messerhiebe
umgebracht. Die beiden Diener sind ins Dickicht
geslohen und entkommen. Als man in der
Mission die Schüsse vernahm, versuchte der Pater
Superior aus dem Hause herauszukommen. Er
wurde aber sofort von einem Eingeborenen be-
droht, der auf ihn anlegte. Der Schuß versagte
aber zweimal, und eingeborenen Frauen, die sich
vor ihn warfen, sowie treugebliebenen Männern
gelang es, beide Patres zu retten, indem man
sie in die Kirche brachte und dort schützte.
Währenddessen haben sich nun die Eingeborenen
auf Hollborn und Häfner gestürzt, die in das
Boot flüchten wollten. Hollborn, der sich mit
einem Revolver zu verteidigen versucht hat, ist
durch einen Messerhieb getötet worden. Häfner
wurde erschossen. Die Bootsbesatzung, die aus-
geharrt hatte, um die Europäer zu retten, ist
teils erschlagen, teils erschossen worden. Einem
gelang es, schwimmend zu entkommen. Fünf
haben ihren Tod gefunden. (Einer war noch im
Kanoe nachgeschickt worden.) Die Namen der
Mörder sind durch Berichte von Augenzeugen
bekannt geworden; doch sind mit wenigen Aus-
nahmen fast alle Männer der Insel Jekoy und
dazu noch mehrere andere, von der Hauptinsel
stammende als mitbeteiligt anzusehen.
Kurz nach Ablauf dieser Ereignisse drangen
durch hergeeilte Frauen Gerüchte davon in die
Kolonie. Auch Dr. Girschner vernahm davon,
wie er mit Arbeiten im Krankenhause beschäftigt
war, schenkte aber dem vermeintlich übertriebenen
Gerede keinen Glauben, als seine Frau erschien
und ihm das Unerhörte mitteilte, was sie von
einer Augenzeugin vernommen hatte. Daß auf
Jekoy wirklich irgend etwas Unheilvolles vor-
gegangen sei, darüber herrschte nun kein Zweifel,
doch bestand über die Einzelheiten noch Ungewiß-
heit. Dr. Girschner beschloß daher, sofort an
Ort und Stelle zu fahren, und setzte sich in ein
Fahrzeug, begleitet von seiner Frau, die ihn
unter keinen Umständen allein fahren lassen
wollte. Schon sah er das Regierungsboot mit
der Flagge einige hundert Meter vor sich liegen
und befahl, darauf hinzusteuern, als er auf zwei
Kanoes aufmerksam wurde, die weiter vom Lande
fort lagen, und deren Insassen lebhaft winkten.
Es waren die beiden Patres, die eben noch dem
Tode entronnen waren. Er fuhr an sie heran
128 20
und erfuhr, daß alles vorbei sei, und die ganze
Bevölkerung sich in großer Aufregung befinde-
Bei dem außerordentlich leidenschaftlichen Cha-
rakter der Eingeborenen war nichts zu machen.
Dr. Girschner begab sich daher in die Kolonie
zurück. Das Boot wurde weder beschossen noch
von Kanoes verfolgt. 4
In der Kolonie herrschte naturgemäß große
Bestürzung und Verwirrung. Frau Regierungs-
rat Böder fragte verzweifelt nach ihrem Manne
und bat dringend um Maßnahmen zu seiner
Rettung. Die Patres unterzogen sich der schweren
Aufgabe, ihr allmählich die Wahrheit beizubringen-
Sie wurde dazu bewogen, die Nacht in der Ko-
lonie mit ihren Kindern zu verbringen und ihre
gut 600 m von der Kolonie gelegene Wohnung
zu räumen. Die Lage war nun außerordentlich
kritisch.
Es waren nur 50 Polizeisoldaten vorhanden,
der Umfang der Kolonie beträgt aber gegen 2 km,
nur ein kleiner Teil der ehemaligen Befestigungs-
mauer steht noch, das übrige ist entweder ab-
gerissen worden oder von selbst verfallen, die
Ungebung stark verwachsen und stellenweise, so
5. B. hinter der katholischen Kirche, durch Schuppen,
Neubauten und Steinhaufen wenig übersichtlich,
heranschleichenden Feinden gute Deckung bietend-
Um die Kolonie und das Leben der Weißen zu sichern,
bedurfte es gegen die etwa 200 Mann starken
Aufrührer Hilfskräfte. 100 Karabiner mit aus-
reichender Munition waren noch vorhanden, und
mit diesen beschloß Dr. Girschner, die treu ge-
bliebenen Eingeborenen der Insel zu bewaffnen ·
Er schickte noch in der Nacht deswegen an alle
Häuptlinge Briefe mit dem Geheiß, in die Ko-
lonie mit sämtlichen waffenfähigen Männern zu
kommen und ihn zu unterstützen. Alle folgten
dieser Aufforderung unverzüglich. Noch in der-
selben Nacht kamen Kanoes von Mctalanim und
von der Landschaft U; das etwas entferntere Kili,
wo die Boten erst am nächsten Tage eingetroffen
waren, folgte später. Die Maßregeln waren
dringend notwendig, wie sich schon am 19. in
der Frühe zeigte. Zu dieser Zeit zeigten sich im
dem Hause des Bezirksamtmannes (Peilapalap
Bewaffnete, die dort Gewehre erbeuten wollten-
Sofort ging die Polizeitruppe gegen sie vor,
konnte aber keinen der Feinde erreichen.
ergab sich, daß viel Hausrat zerstört und auch
manches geraubt war. Auch in den folgenden
Nächten wurden diese Besuche wiederholt, ohne
daß es gehindert werden konnte. Es galt nun,
die vorhandenen Verteidigungskräfte zu orgamt-
sieren und die nötigen Befestigungen zu errichten.
Von Beamten in der Kolonie lebte nur noch der
Polizeimeister Kammerich, der Landmesser Dul
war in Metalanim beschäftigt gewesen und kam