Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

Vom 19. bis 25. Januar wurden durch zwei 
Kolonnen Streifzüge durch die Heimat der Dscho- 
ladschleute und die Halbinsel Paliker unter- 
nommen. „Cormoran“ nahm eine Beschießung 
er Gegend von Tomara vor, um die auf die 
Hauptinsel übergetretenen Aufständischen von Kiti, 
eimer Niederlassung an einer Bucht im Südwesten 
der Insel, abzuschneiden. Die Gesamtzahl der 
efangenen beträgt bisher achtundsiebzig Männer 
und einhundertfünfundsiebzig Frauen nebst Kindern. 
üuf Männer, die am Blutbad vom 16. Oktober 
eteiligt waren, sind unter den Gefangenen. 
Unter der Führung der Häuptlinge Jomatan 
und Samuel sind noch etwa sechsundvierzig 
Aufrührer mit Gewehren bewaffnet auf der Haupt- 
insel Ponape und auf Dschokadsch zerstreut. Durch 
sortgesetzte Streifzüge und durch energischen Druck 
auf die lohalen Stämme, bei der Auffindung der 
Rebellen behilflich zu sein, wird versucht, auch 
lesen letzten Rest zu ergreifen. Sehr erschwert 
werden die militärischen Operationen durch das 
unwegsame Gebirgsland und den tropischen Busch. 
kür die Beendigung der Aktion läßt sich daher 
ein Zeitpunkt noch nicht angeben. 
III. 
Einem weiteren aus Jap (Westkarolinen) ein- 
hegangenen Berichte des stellvertretenden Gou- 
derneurs von Deutsch-Neuguinea, Regierungsrats 
. Oßwald, betreffend die Unruhen auf 
Konape entnehmen wir die nachstehenden Aus- 
lührungen über die tieferen Gründe des Auf- 
kandes und über die aufständischen Jekoy- 
(#schokadsch-) Leute. 
Es handelt sich in letzter Linie um eine Auf- 
ehnung gegen unsere Herrschaft, die den Jekoy- 
euten anfing unbequem zu werden. Bis 1907 
#r a hatte man hinsichtlich der Eingeborenen- 
ersassung die Dinge in Ponape gehen lassen, 
eiie sie wollten. Dann setzte langsam ein Prozeß 
Na& der eine Umformung einer Reihe alter 
Echtsgewohnheiten und Sitten der Ponapeleute 
zum Ziele hatte und sie in ihren alten Be- 
quemlichkeiten und Selbstherrlichkeiten zu stören 
ning. Die Lehnsverfassung sollte beseitigt 
erden. Damit kamen die Steuern, welche durch 
erhearbeiten aufzubringen waren. Jekoy hatte 
* Einführung dieser Neuerungen am längsten 
senderstand entgegengesetzt. Schließlich konnte es 
der Entwicklung der Dinge offen nicht mehr 
V0 rfolg entgegenstemmen und ging auf die 
groscchläge Böders ein. Zweifellos nur mit 
em inneren Widerstreben! Nun nahm die 
ein icklung unter dem neuen Bezirksamtmann 
die ehr viel schnelleres Tempo an. Man hatte 
und ingeborenen bisher außerordentlich schonend 
sanft angefaßt, jetzt wurde energisch zuge- 
  
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griffen. Es wurde von ihnen verlangt, daß sie 
nicht nur für das Jahr 1910, sondern auch für 
das vorhergehende Jahr die Steuerarbeit leisteten. 
Im letzteren Jahr war die Arbeit von allen 
anderen Eingeborenen auf Ponape geleistet worden, 
während die Jekoyleute sich ihr noch entzogen. 
Sie hatten daher die im vorigen Jahr nicht ge- 
leisteten Arbeiten nachzuholen, womit sie sich auch 
einverstanden erklärt hatten. Der Wegebau wurde 
rasch vorwärts getrieben. Er öffnete ihre wenig 
öugängliche Insel. Sein Fortschritt war ein 
Symbol des Wegfalls der alten Freiheit. Alles 
dies schuf eine tiefgehende Gärung. 
Hinzu kommt nun ein anderes besonders be- 
deutsames Moment, das immer wieder betont 
werden muß. Die Jekoyleute, wie vielleicht auch 
die übrigen Ponapeleute, bildeten sich auf Grund 
von Ereignissen in spanischer Zeit ein, daß sie 
uns vielleicht doch überlegen seien. Damals 
hatten sie einen Gouverneur getötet und 30 Sol- 
daten niedergemacht. Sie waren dafür nicht ge- 
nügend bestraft worden. Auch unter deutscher 
Herrschaft hatten sie eine starke Hand noch nicht 
kennen gelernt. Sie fürchteten uns also in letzter 
Linie nicht und glaubten nicht an unsere über- 
legenheit. 
Die bestehende Unzufriedenheit und Erregung 
äußerte sich in einer ganzen Reihe von Anzeichen, 
die Regierungsrat Böder leider in ihrer Be- 
dentung nicht richtig erkannte. Charakteristisch 
für die ganze Situation ist besonders die Ver- 
schwörung der Jekoyleute vom 30. Mai 1910, 
die auf einen Überfall der weißen Kolonie ge- 
richtet war und gleichzeitig einen Beweis dafür 
darstellt, daß der Aufstand sich gegen die Ver- 
waltung selbst und ihre Maßnahmen, weniger 
gegen Böders Person richtete. 
Neben diesen Ursachen wirkten eine Reihe von 
anderen mit. Jekoy ist seit jeher als Sammel- 
stelle unruhiger Köpfe bekannt. Alle Elemente, 
die in anderen Staaten irgendwie mit der be- 
stehenden Ordnung in Konflikt gerieten, pflegten 
dorthin zu wandern. Dazu mögen noch andere 
politische Aspirationen treten, über die sie sich 
selbst vielleicht nicht genügend klar waren. In 
dieser Atmosphäre ist es dem energischen und 
klugen Jomatau unschwer gelungen, die Leiden- 
schaften so aufzustacheln, daß es zum offenen Aus- 
bruch der Empörung kam. 
Die Aufständischen bestehen aus den Be- 
wohnern des Staates Jekoy (Dschokadsch) und 
einigen unzufriedenen Elementen aus anderen 
Landschaften. Die politisch zu Jekoy gehörige 
Landschaft Palikir hält sich „neutral“. An sich 
ist sie zur Schildfolge verpflichtet. Die Zahl der 
Ausständischen hat sich bisher nicht genan ermitteln
	        
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