Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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Ausdehnung etwa der Entfernung Berlin—Paris, 
in der Luftlinie gemessen, gleichkommen wird. 
Die Vorgeschichte des Unternehmens reicht 
zurück bis in das Jahr 1891. Es sei an den 
seinerZeit viel erörterten Oechelhäuserschen Entwurf 
der Ostafrikanischen Zentralbahn von 1896 er- 
innert, dem noch eine Spurweite von 0,75 m 
zugrunde lag. Die Bahn Daressalam — Mo- 
rogoro wurde bekanntlich als Privatbahn mit 
einer 3prozentigen Zinsbürgschaft des Reichs durch 
Gesetz vom 31. Juli 1904 der Ostafrikanischen 
Eisenbahn-Gesellschaft konzessioniert und von dieser 
mit 209 km Länge in Meterspur in den Jahren 
1905 bis 1907 erbaut. Die feierliche Einweihung 
der Bahn erfolgte durch Staatssekretär Dernburg 
gelegentlich seiner ostafrikanischen Erkundungsreise 
am 9. Oktober 1907. Am Abend dieses Tages 
entwickelte der Staatssekretär auf dem Festmahle 
in Morogoro in bedeutungsvoller Aussprache zum 
ersten Male sein Programm bezüglich des Bahn- 
baues Morogoro—Tabora. Dieser Plan hat 
demnächst durch Einbringung der Eisenbahn- 
vorlage vom Jahre 1908, deren wichtigste For- 
derung der Weiterbau nach Tabora war, und 
durch ihre einstimmige Annahme im Reichstage — 
Reichsgesetz vom 18. Mai 1908 — seine Ver- 
wirklichung gefunden. Dadurch wurde die Bahn 
Daressalam — Morogoro aus einer bescheidenen 
Stichbahn zum Anfangsglied einer großen Über- 
landbahn, die die Küste des Indischen Ozeans 
mit weit entlegenen Märkten und Erzeugungs- 
stätten des Binnenlandes und demnächst auch 
vielleicht mit dem Gebiet des Tanganjika-Sees 
verbinden soll, einer Bahn, deren wirtschaftliche 
Wirkungen an den Grenzen des ostafrikanischen 
Schutzgebiets nicht Halt machen werden. Die 
ganze Bahn Daressalam — Tabora ist, nachdem 
rund 1%0 der Anteile der Ostafrikanischen Eisen- 
bahn-Gesellschaft vom ostafrikanischen Schutzgebiets- 
fiskus käuflich erworben worden sind, heute tat- 
sächlich als eine Staatsbahn des ostafrikanischen 
Schutzgebiets anzusehen, wenn auch die Ostafri- 
kanische Eisenbahn-Gesellschaft ihrer Organisation 
nach als Gesellschaft unverändert weiter besteht. 
Die Bahn Daressalam — Tabora durchfährt 
den größten Teil des ostafrikanischen Schutzgebiets 
von Ost nach West und verbindet Daressalam, 
seinen besten Hafen, mit seiner volkreichsten Binnen- 
  
stadt Tabora (40 000 Einwohner), dem Mittel- 
punkt des wohlhabenden und gut bevölkerten 
Bezirks von Unjamwesi. Durch Erschließung dieses 
Hinterlandes mit der Bahn wird es ermöglicht, 
daß das Küstengebiet seinen Bedarf an Reis und 
Körnerfrüchten künftig im eigenen Lande deckt. 
Durch Freiwerden zahlreicher Träger, die bisher 
für den Karawanendienst gebraucht wurden, wird 
dem Bedarf der Plantagen an Arbeitskräften ent- 
sprochen. Die Pflanzungen der Eingeborenen wie 
der Weißen entlang der Bahn werden ertrags- 
fähig gemacht, die Ein= und Ausfuhrziffern des 
Schutzgebiets gesteigert, Anbau und Verwertung 
der Baumwolle, Viehzucht und Viehhandel sowie 
die gesamte Verwaltung des Landes werden durch 
die Bahn erleichtert und gefördert werden. 
Die Bahnlinie folgt, wie ein Blick auf die 
Karte lehrt, im wesentlichen dem Zuge der alten 
Karawanenstraße Morogoro —Kilossa— Mpa- 
pua — Kilimatinde — Tabora. Die Bahn- 
stationen für Mpapua und Kilimatinde heißen 
Gulwe und Saranda, und zwar liegt Gulwe 
südlich von Mpapua, Saranda nördlich von Kili- 
matinde. 81 km hinter Morogoro erreicht die 
Bahn bei Kilossa ein aussichtsvolles Baumwoll- 
land in der fruchtbaren Landschaft Ussagara. In 
der Landschaft Dodoma auf etwa 1140 m 
Meereshöhe ersteigt die Bahn den Ostrand des 
großen ostafrikanischen Grabens, bis zu dessen 
Sohle sie auf etwa 830 m Meereshöhe herabfällt. 
Der westliche Grabenrand und zugleich der höchste 
Punkt der Bahn wird auf etwa 1326 m Seehöhe 
hinter der Station Saranda erstiegen. Die Bahn 
verläuft dann weiter, die alte Station Kilima- 
tinde südlich lassend, in ziemlich gestreckter Linien- 
führung südlich der Wembäresteppe bis Tabora, das 
sie auf etwa 1200 m Höhe erreicht. Die Linien= 
verhältnisse der Bahn sind im ganzen viel günstiger 
als die der britischen Uganda-Bahn, da sie den 
ostafrikanischen Graben in einer wesentlich flacheren 
Einsattelung überschreitet als jene. 
Die Bahn wird mit Steigungen nicht über 
2½ v. H. (1: 40) und mit Krümmungen, deren 
Halbmesser nicht kleiner als 200 m ist, durch- 
geführt. Westlich vom ostafrikanischen Graben 
hinter Station Saranda werden die Linien-= 
verhältnisse noch wesentlich günstiger, so daß hier 
Krümmungen mit einem Halbmesser unter 300 m
	        
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