Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

beizeiten zu erkunden, wie die außerhalb des 
Verkehrs bleibenden Teile im Süden des Landes 
am vorteilhaftesten durch eine Bahn ausgestattet 
werden. Auch in dieser Beziehung sind die Vor- 
arbeiten eingeleitet worden. In Togo wird die 
Bahn alsbald Atakpame erreicht haben. Leider 
gebietet die Finanzlage des Schutzgebietes, hier 
haltzumachen und die Fortsetzung des Bahn- 
baues vorläufig zu vertagen. Dabei sind im 
allgemeinen die Erträgnisse der Verkehrsanlagen 
in Togo recht gute, denn es wird für 1911 
möglich, eine Verzinsung des Arbeitskapitals von 
1,8 Prozent zu veranschlagen. In Südwestafrika 
wird, wie bekannt, gleichzeitig von Windhuk und 
Keetmanshoop aus gebaut, nachdem der Landesrat 
sich für die Trasse durch die Auasberge entschieden 
hat; gleichzeitig wird auch der Umbau der Bahn 
von Karibib aus vorgenommen. 
Erfreulich sind auch die finanziellen Ergebnisse 
der Bahnen in Deutsch-Südwestafrika gewesen. 
Dies tritt besonders bei der Südbahn hervor. 
Wir hatten dort noch für längere Zeit auf Zu- 
schüsse gerechnet, statt dessen werden wir für 1911 
mit einem Überschuß von 342 000 TX rechnen 
können. 
JIn Südwestafrika ist außerdem der Bau einer 
eisernen Brücke in Swakopmund geplant, womit 
dem immer prekärer werdenden Provisorium ein 
Ende gemacht und ein definitiver Zustand herbei- 
geführt werden soll. 
, Je schwerer es für die Schutzgebiete werden 
wird, die großen Verpflichtungen zu erfüllen, 
welche ihnen durch Anleihen auferlegt find, um 
so wichtiger ist es für die Verwaltung, rechtzeitig 
für eine genügende Alimentation der Bahnen zu 
sorgen. Hierzu sollen einmal die schon vorhin 
erwähnten Zubringerwege dienen, dann aber auch 
die auf die Hebung der Landwirtschaft hinzielenden 
Vorschläge, indem dort in dem Verkehrsbereich 
der Bahnen neue Werte neben den alten ge- 
schaffen werden. Es muß da die Produktion von 
Anfang an systematisch in bestimmte, den jeweiligen 
Verhältnissen entsprechende neue Wege geleitet 
werden. 
Zuu diesem Zwecke soll in unseren Kolonien 
eine Ausgestaltung und eine einheitliche Organi- 
sation des landwirtschaftlichen Versuchswesens vor- 
genommen werden. Für die meisten Zweige des 
Ackerbaues, wie z. B. Baumwolle, Futtermittel, 
Getreide, Tabak, ist es unbedingt notwendig, daß 
noch für längere Zeit systematisch exakte Versuche 
gemacht werden, Versuche, welche zu teuer sind, 
als daß die Privaten sie allein machen könnten, 
und welche auch zu großes Risiko für den Erfolg 
mit sich bringen. Das gleiche gilt auch für die 
Viehzucht und für die Viehhaltung. Das land- 
wirtschaftliche Versuchswesen soll einmal den 
  
13 20 
Pflanzern und den Ansiedlern neue Erwerbsquellen 
erschließen, sodann aber auch den Eingeborenen 
zugute kommen, hier ganz besonders durch die 
Einführung der Düngung und der Pflugkultur. 
Bisher ist ein einheitlicher landwirtschaftlicher 
Dienst nur in Kamerun vorhanden gewesen, wo 
in dem Leiter des Versuchsgartens in Viktoria 
gleichzeitig dem Gouverneur ein Berater für 
landwirtschaftliche Sachen zur Seite steht. Es ist 
ferner den Bezirksverwaltungen eine Reihe von 
landwirtschaftlichen Assistenten beigegeben. Auch 
ist es möglich gewesen, der wichtigen Kautschuk- 
frage durch Einrichtung einer Kautschukinspektion 
helfend näherzutreten. Im Gegensatz zu dieser 
Zentralisierung des landwirtschaftlichen Versuchs- 
wesens hat dasselbe in den meisten übrigen 
Kolonien bisher in den Händen der Bezirks- 
verwaltungen gelegen. Das hat sich als ein 
Ülbelstand erwiesen. Wiewohl da in Einzelfällen 
sehr Tüchtiges geleistet ist, so z. B. in Togo, sind 
doch anderseits Mißstände entstanden, indem der 
landwirtschaftliche Dienst zu sehr auf die einzelne 
Person gestellt war. In Deutsch-Ostafrika ist 
bereits im Laufe des Jahres in Daressalam dem 
Gouvernement ein landwirtschaftlicher Beirat bei- 
gegeben. 
In allen tropischen Kolonien soll nun vor 
allem der Baumwollfrage ganz besondere Auf- 
merksamkeit gewidmet werden. Sie finden im 
Etat von Deutsch-Ostafrika sowohl wie in dem 
Etat von Kamerun auch diesmal wieder ge- 
steigerte Mittel für den Baumwollbau angefordert. 
In Deutsch-Ostafrika sollen außer einer landwirt- 
schaftlichen Versuchsstation für das aussichtsvolle 
Gebiet am Kilimandscharo mehrere Baumwollsaat- 
zuchtstellen errichtet werden neben denen, die schon 
vorhanden sind. In Kamerun sollen in Bamum 
und in Adamaug ebenfalls Versuchsstellen errichtet 
werden. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist dies 
auch für Togo, wo der erzieherische Einfluß der 
Weißenpflanzungen auf die Eingeborenen fehlt 
infolge der Knappheit des Landes und der Dichte 
der eingeborenen Bevölkerung. Es sollen hier 
im nächsten Jahre fünf Stationen angelegt werden, 
die aus Mitteln der Wohlfahrtslotterie zu be- 
streiten sind. 
In Südwestafrika, wo der Schwerpunkt bisher 
ganz auf dem Gebiete der Viehzucht gelegen hat, 
ist es gleichfalls ein dringendes Bedürfnis, die 
Produkte von Feldfrüchten und Futtermitteln sowie 
den Gartenbau auf eine höhere Stufe zu bringen. 
Ferner sollen die aussichtsvollen Versuche mit 
Tabak fortgesetzt werden. Es soll infolgedessen 
auch hier dem Gouverneur dauernd ein land- 
wirtschaftlicher Beirat beigegeben werden und 
außerdem noch einige spezialistisch ausgebildete 
Kräfte. Das gleiche gilt in bezug auf Beigebung 
3 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.