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noch tiefstehenden, so doch sehr entwicklungsfähigen
und zahlreichen Volksstamm.
In den Gebieten, welche die Mittelland-
bahn durchschneiden wird, sind die Eingeborenen
auch schon verständig genug, um die Bedeutung
der Bahn zu würdigen und die für sie sich aus
dem neuen Zustande ergebenden Folgerungen zu
ziehen. Der Anbau von Kulturen aller Art, die
jetzt noch keinen Absatz finden können, wird aller
Voraussicht nach in großem Umfange von ihnen
aufgenommen werden. Es ist Sache der Re-
gierung, dieses Bestreben durch Rat und Tat zu
unterstützen und es in die richtigen Bahnen zu
lenken. Es wird deshalb alsbald an die Ein-
setzung von landwirtschaftlichen Beamten
und die Errichtung von Versuchsstationen,
besonders in dem Edea= und Jaunde-Bezirk,
herangegangen werden müssen. Im erstgenannten
Bezirke, der wohl als der ölreichste des ganzen
Schutzgebiets bezeichnet werden kann, kommt vor
allem die sachgemäße Behandlung und die Reini-
gung der ausgedehnten Olpalmenbestände in Frage,
während in Jaunde neben der Erweiterung der
Olpalmenbestände noch eine Reihe anderer Kulturen,
wie die der Erdnüsse, Planten, Kassada, Mais usw.,
eine rationelle Behandlung und bedeutende Ver-
mehrung erfahren müssen. In den weiter binnen-
wärts gelegenen Distrikten wird es mit Rücksicht
auf die großen Entfernungen zunächst wohl noch
vorwiegend bei der Kautschukkultur verbleiben.
ch habe, wie oben bereits erwähnt, das im
östlichen Dume-Bezirk gelegene Haupthandels-
gebiet für Gummi bereist, um mir möglichst
aus eigener Anschauung ein Bild über die weiteren
Aussichten des Gummihandels und über die Größe
der noch vorhandenen Gummibestände machen
zu können. Ich betone, daß ich nicht in der
Lage war, selbst in die eigentlichen Produktions-=
stellen des Kautschuks, die meist tief im Innern
der Urwälder liegen, zu kommen. Immerhin
habe ich Gelegenheit gehabt, sowohl durch eigene
Beobachtungen wie durch Besprechungen mit den
Kaufleuten und den Beamten der Gummi-
inspektion einen Überblick zu gewinnen. Besonders
wertvoll waren für mich die Erfahrungen des
Gummüünspektors Treichel, den ich auf dem
Djahposten traf und der in langen und mühe-
vollen Reisen die Gummibestände im Lomie= und
Molundu-Bezirke festgestellt und auch kartographisch
festgelegt hat.
Ich bin hiernach zu der Uberzeugung gelangt,
daß die vorhandenen Bestände selbst bei Fort-
setzung der jetzigen Produktionsart noch auf eine
Reihe von Jahren hinaus ausreichen werden, um
die angenblickliche Ausfuhr von Gummi zu ge-
währleisten. Die gegenteiligen Anschauungen, daß
Gummi höchstens noch für einige wenige Jahre
da sei, entbehren jedenfalls einer irgendwie exakten
Unterlage und sind ja, da sie schon seit länger
als zehn Jahren von manchen Seiten geäußert
wurden, durch die Tatsachen bereits widerlegt.
Es hat sich ferner auch herausgestellt, daß Be-
stände in den inzwischen vom Handel verlassenen
Gebieten sich teilweise wieder erholt haben.
Immerhin ist schwer zu sagen, wie lange der
jetzige Vorrat noch reichen wird; es wird aber
nicht zu optimistisch gerechnet sein, wenn man
noch einen Zeitraum von etwa zehn Jahren hier-
fer annimmt.
Hiernach steht die Verwaltung vor der Auf-
gabe, mindestens den jetzigen Export an Kautschuk,
der an eigenem Werte und dementsprechenden
Einfuhrwerte die Hauptrolle in der Handelsstatistik
der Kolonie spielt und auf dem fast die Hälfte
der jetzigen Zolleinnahmen beruht, auch für die
späteren Jahre sicherzustellen. Dieses Ziel auf
dem Wege einer pfleglichen Behandlung der Be-
stände durch die Eingeborenen erreichen zu wollen,
ist ausgeschlossen. Wenn die Bevölkerung auch
infolge der fortgesetzten Belehrungen allmählich zu
der Einsicht kommt, daß sie durch die Vernichtung
der Bäume sich selbst in erster Linie schädigt und
demgemäß das Umschlagen wohl gegen früher
nachgelassen hat, so wird sie doch schwerlich dazu
veranlaßt werden können, die Anzapfungen in
wirklich rationeller und den Baum erhaltender
Weise vorzunehmen, so lange das übliche starke
Anzapfen in derselben Zeit die vielfachen Erträge
liefert. Eine wirksame Kontrolle der Produktion
würde bei den riesigen Entfernungen und der
Untbersichtlichkeit der Urwälder ein Heer von
Beamten beanspruchen, dessen Kosten zu dem zu
erzielenden Nutzen in gar keinem Verhältnis stünde.
Der einzige gangbare und Erfolg versprechende
Weg besteht in der Neuanlage von Pflanzungen
durch die Eingeborenen in großem Maßstabe. Es
bedarf nach vorsichtiger Berechnung der Anpflan-
zung von etwa zwei Millionen Kickrien pro Jahr,
um nach zehn Jahren den jetzigen Export daraus
allein zu decken. Die Beschaffung des erforder-
lichen Samens und die Anzucht in Saatbeeten auf
den verschiedenen Stationen der Kautschukinspektion
läßt sich verhältnismäßig leicht durchführen, wie
die jetzige Tätigkeit der einzelnen Stationen, die
sich im wesentlichen hierauf konzentrierte, bereits
gezeigt hat. Größere Schwierigkeiten bereitet da-
gegen das Auspflanzen der Pflänzlinge durch die
Eingeborenen und die Reinhaltung und über-
wachung der Pflanzungen in der ersten Zeit.
Dieser Teil der Aufgabe kann nur gelöst werden
durch energische Unterstützung der Gummibeamten
seitens der lokalen Verwaltungsbehörden. Ich
glaube aber annehmen zu dürfen, daß diese jetzt
von der Überzeugung durchdrungen sind, daß nur