Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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bräuchlicher Weise reiche Geschenke und morgen- 
ländisch weitschweifend stilisierte Begrüßungs- 
schreiben übersandt wurden — mit Mißtrauen 
zu begegnen. Aus diesem Grunde hatte Banjo 
zunächst immer als ein noli me tangere gegolten, 
so daß seine Wahl vor anderen als geeignet be- 
trachteten Stationsplätzen (z. B. Tibati) als 
lberraschung wirkte. 
Mit Zurückhaltung trat daher Nolte beim 
Eintreffen in Banjo auf. Erst nachdem er das 
provisorische Lager genügend befestigt und den 
Bauplatz der künftigen Station endgültig bestimmt 
hatte, machte er den Lamido Omaru mit seinem 
Auftrage bekannt. Von diesem Augenblick an — 
Omaru hatte die Gestellung von Arbeitskräften 
zugesagt — begann eine starke Kriegspartei unter 
dem Einfluß des Jerima Issa in der Lamido- 
Burg wie auch allenthalben in der Stadt un- 
ablässig zu hetzen und so die blutige Tragödie 
einzuleiten, deren Gedächtnis mit der Gründung 
der Station Banjo für immer verbunden bleiben 
wird. 
An sich konnte der Kriegslärm nicht befremden. 
In der Mehrzahl der Fullah-Reiche Adamauas 
hatte da, wo der weiße Eindringling sich zu 
dauernder Niederlassung anschickte, der bei den 
kriegerischen Traditionen jener Bölker durchaus 
selbstverständliche bewaffnete Austrag stattgefunden. 
Jola, Garua, Ngaundere, Tinger, Tibati 
waren gefallen. 
Der einzige, der in der hochgepeitschten Kriegs- 
stimmung in Banjo kühle Überlegung bewahrte, 
war der Lamido Omaru. Desto rasender betrieb 
Issa die Aufwiegelung aller Großen, die er denn 
auch mehr und mehr auf seine Seite zog, so daß 
sein Bruder allgemein an Anhang einbüßte. Die 
Absicht eines UÜberfalls auf das Truppenlager 
schien fast zur Reife gediehen, als Nolte sich 
mutig entschloß, allen Aufstandsäußerungen durch 
eine vorgreifende Brüskierung des Lamido den 
Boden zu entziehen. Selbstverständlich waren 
die Gerüchte von einer bevorstehenden Erhebung 
durch freiwillige Spione aus dem Viertel der 
Haussah, der intimsten Feinde der Fullah-Herr- 
lichkeit, auch in das Lager Noltes gelangt. Die 
hochgespannte Lage erforderte entschlossene Klärung. 
Früher konnte ja auch keineswegs an die Auf- 
nahme der Bauarbeiten gegangen werden, da 
durch diese naturgemäß die verfügbaren Kräfte 
weithin zersplittert worden wären und im ge- 
gebenen Falle nur unter großen Schwierigkeiten 
zu schlagfertiger Gefechtsbereitheit rasch hätten 
vereinigt werden können. Als Nolte seinen Ent- 
schluß schon gefaßt hatte, erschien noch in der 
Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar der 
Haussah-Mann Budju im Lager und warnte vor 
der durch alle Teile der Stadt lohenden Erregung. 
  
Nolte traf darauf die erforderlichen Vorsichts- 
maßregeln für die Nacht und setzte seinen Besuch 
im Palast des Lamido für den kommenden Morgen 
fest. Er wollte Jerima Issa festnehmen. Dabei 
mußte die Frage: „Friede oder Krieg“ sich ent- 
scheiden. 
Über den weiteren Gang der Geschehnisse 
möge hier der amtliche Bericht des Leutnants 
Sandrock folgen: 
„Am Vormittag des 1. Februar 1902 rückte 
Oberleutnant Nolte mit mir, dem weißen 
Unteroffzier Dennhardt und vierzig farbigen 
Soldaten unter vorheriger Anmeldung nach der 
Lamidoburg. Sanitätssergeant Hollenbeck 
blieb zum Schutze des Lagers zurück. Ober- 
leutnant Nolte rückte mit zehn Soldaten in den 
Hof ein und befahl mir, draußen zu warten. 
Sobald drinnen Schüsse fielen, sollte ich den 
Kampf beginnen. Nach kaum fünf Minuten 
fielen drinnen kurz hintereinander einige Schüsse. 
Das Vorgehen draußen erfolgte dann in der 
angeordneten Weise. Im Empfangsraum der 
Burg fand ich Oberleutnant Nolte tot vor. 
Der Lamido Omaru war dicht hinter dem 
Empfangsraum von Boima, dem Boy Noltes, 
mit dessen Karabiner erschossen worden. Banjo 
wurde nach allen Seiten gesäubert, die halbe 
Lamidoburg brannte nieder. Das Feuer ging 
durch explodierende Pulver= und Munitions-= 
vorräte sehr hoch und übersprang die Mauern. 
Die Hauptmoschee brannte herunter. In den 
erhalten gebliebenen Häusern der Burg bezog 
die Kompagnie abends Quartier. Die Ereig- 
nisse stellten sich nach den gemachten Aussagen 
so dar: Oberleutnant Nolte erledigte zunächst 
die Fragen nach Führern zu den Bauholz- 
plätzen. Hierauf erklärt er, er wisse, der La- 
mido walle den Krieg so wenig wie er, er sei 
sein Freund und er werde ihn, sollte es zum 
Kriege kommen, schützen. Er wisse ferner, des 
Lamido Bruder wolle und betreibe den Krieg 
und so wolle er Issa festnehmen. Als Ober- 
leutnant Nolte die Hand auf Issa legte, sprang 
alles auf, auch der Lamido, welcher nach Noltes 
Rock griff. In dem entstehenden Gewirr faßte 
Sarikin Saggi, ein Fullah-Großer, nach 
einem Karabiner und erschoß Nolte. Jerima 
Issa und Sarikin Saggi entkamen."“ 
Diese erste Darstellung vom Tode Noltes 
war, wie sich bald herausstellte, irrtümlich. Der 
Vorgang hatte sich vielmehr in der Weise abge- 
spielt, daß der Lamido dem Oberleutnant Nolte 
im Augenblick, als dieser den Issa verhaftete, 
einen verborgen gehaltenen Dolch ins Herz 
stieß. Nolte kommandierte noch „Feuer“ und 
fiel. Gleichzeitig begann das Schießen und hieraus
	        
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