Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

761 20 
Mark nach Deutschland eingeführt worden. Dem- 
gegenüber erscheint eine Zunahme des Exports um 
10000 t im Werte von 2½ Millionen Mark oder 
unter Zurechnung der Kopraausfuhr um 3 Milli- 
onen in 3 Jahren und ein Gesamtexport von 
27000 t bzw. 30000 t noch immer verhältnis- 
mäßig gering, besonders wenn man bedenkt, daß 
wir in Afrika sehr große Flächen haben, auf 
denen die Kultur der Olpalme und anderer öl- 
haltiger Gewächse nicht nur möglich, sondern aller 
Voraussicht nach auch rentabel ist. 
Sehr bedeutend und andauernd hat der Sisal- 
hanfexport zugenommen, der von 1800 t im Jahre 
1906/07 auf 5300 t im Jahre 1909 und 7200 t 
im Jahre 1910 gestiegen ist, so daß der deutsche 
Bedarf schon jetzt ganz aus unseren Kolonien ge- 
deckt werden kann. 
In guter Entwicklung ist auch die Kakao- 
ausfuhr, die von 1400 t im Jahre 1906 auf 
3850 t im Jahre 1910 gestiegen ist, und sogar 
das Schmerzenskind unserer Kolonialprodukte, der 
Kaffee, hat sich in dem gleichen Zeitraum von 
740 t auf 1000 t hinaufgearbeitet. 
Um den Uberblick über die pflanzlichen Pro- 
dukte, die in unseren Kolonien eine besondere 
Rolle für den heimischen Export spielen, nicht 
unvollständig zu lassen, muß ich noch des Tabaks 
erwähnen, der bei der großen Abhängigkeit unserer 
Zigarren= und Zigarettentabakindustrie vom Aus- 
lande von größter Wichtigkeit ist. Mich hat 
namentlich meine Reise durch Britisch-Nyassa-Land, 
wo die Engländer durchaus geglückte Anpflanzungen 
von amerikanischem und türkischem Tabak gemacht 
haben, veranlaßt, im Interesse der heimischen 
Zigarettenindustrie dieser Frage meine Auf- 
merksamkeit zuzuwenden und eine größere Ver- 
suchsanlage im Kilimandscharogebiet einzurichten. 
Namhafte deutsche Zigarettenindustrielle haben 
alsdann gleichfalls eine Versuchsplantage am 
Kilimandscharo angelegt und den Betrieb bereits 
eröffnet. Nicht minder wichtig ist, daß von unseren 
bedeutendsten Zigarrentabakindustriellen der Anbau 
von Tabak, nachdem Versuche in kleinerem Maß- 
stabe ein befriedigendes Resultat ergeben haben, 
in größerem Maße beabsichtigt und ein ent- 
sprechendes Syndikat gebildet worden ist. Zwei 
unserer angesehensten Vertreter aus Südwest- 
deutschland sind zurzeit persönlich auf dem Wege 
nach Kamerun. Die letzten Versuche lassen ein 
brauchbares Deckblatt erhoffen. 
Von den tierischen Produkten dürfte es in 
erster Linie die Schafwolle sein, welche das 
Interesse unserer Industrie und unseres Handels 
erweckt. Wir wissen, daß große Gebiete Südwest- 
afrikas sich zur Wollschafzucht ebenso gut wie 
Britisch-Südafrika eignen, und daß es nur eine 
rage von Zeit und Kapital ist, daß ein Teil 
  
unseres Wollbedarfs aus dieser Kolonie und 
eventuell auch aus den hochgelegenen Gebieten 
im Norden Ostafrikas gedeckt werden kann. 
Schließlich ist noch der Mineralien zu ge- 
denken. Die Diamantenförderung in Südwest- 
afrika ist von ausschlaggebender Bedeutung für 
die Balanzierung des dortigen Haushaltsetats und 
führt den mit der erforderlichen Umsicht und hin- 
reichendem Kapital gegründeten Abbaugesellschaften 
außerdem immer noch beträchtlichen Gewinn zu, 
wenn sich auch die anfänglichen hochgespannten 
Erwartungen nicht erfüllt haben. Von größerer 
Bedeutung für unsere Industrie sind die Kupfer- 
vorkommen daselbst. Bisher waren wir hinsicht- 
lich dieses Produktes ähnlich wie bei der Baum- 
wolle fast ganz vom Auslande abhängig. Noch 
im Jahre 1909 wurden allein 92 v. H. des für 
unsere Industrie benötigten Rohkupfers von Amerika 
bezogen. Hierin einen gewissen Wandel zu schaffen, 
dürften die gut arbeitenden Kupferminen im Norden 
unseres Schutzgebietes, die im Jahre 1909 bereits 
31500 t, 1910 sogar 35000 t Rohkupfererze und 
2500 t aufbereitete Kupfererze ausgeführt haben, 
wohl imstande sein. In der Südsee hat sich 
deutsches Kapital sehr erfolgreich an der Aus- 
beutung der reichen Phosphatlager, von denen 
ein nennenswerter Teil nach Deutschland geht 
und hier verarbeitet wird, beteiligt. Von der 
Insel Nauru allein sind im Jahre 1910 67000 t 
im Werte von 4 Millionen mehr ausgeführt als 
1909. Hoffentlich werden auch die Marmorbrüche 
in Südwestafrika, mit deren Ausbeutung man 
neuerdings beschäftigt ist, die in sie gesetzten Er- 
wartungen erfüllen. 
Sie werden aus den Ihnen soeben von mir 
demachten, sich auf nüchternen Zahlen aufbauenden 
Mitteilungen über die Ergebnisse der letzten Jahre 
unserer Kolonialwirtschaft wohl die Überzeugung 
gewonnen haben, daß unsere Schutzgebiete in 
ruhiger und stetiger Fortentwicklung begriffen sind, 
die mit der nötigen Sachkenntnis und dem er- 
forderlichen Kapital eingeleiteten Unternehmungen 
werfen zum Teil schon mehr oder weniger er- 
hebliche Erträge ab, zum Teil sind sie auf dem 
Wege dazu. Es dürften sich für unser deutsches 
Kapital, für deutsche Tatkraft und Unternehmungs- 
lust in weiten unerschlossenen Gebieten, die noch 
der Beackerung harren, auch für die Zukunft gute 
Aussichten bieten. Die Kolonialverwaltung wird 
nach wie vor alle ernsten und soliden Unter- 
nehmungen, von denen sie die Überzeugung hat, 
daß sie gleichzeitig auch für die Entwicklung unserer 
Schutzgebiete von Nutzen und Segen sind, bereit- 
willigst unterstützen, und sie wird sich nur freuen, 
wenn denjenigen, welche sich in unseren Kolonien 
betätigen, entsprechende Gewinne zufließen. Bei 
der Vergebung von Rechten wird sie sich ander- 
 
	        
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