Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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kameruns auf 500 000 Rinder und 10000 Pferde 
geschätzt. 4 
Wie ich schon vorher erwähnte, wird in Ada- 
maua und den Tschadseeländern kein Kautschuk 
geschnitten, ebenso stammt das in Garua gehan- 
delte Elfenbein fast ausschließlich vom mittleren 
Logone. Einheimisch ist dagegen der Gummi- 
arabikum, welcher von einer sehr häufig auftre- 
tenden Akazienart gewonnen und gern gekauft 
wird. Marua liefert besonders viel von diesem 
Produkte. Es bleibt das große Verdienst 
des seit 1906 in Adamana tätigen Residenten, 
Hauptmanns Strümpell, immer und immer 
wieder die Eingeborenen auf Produkte auf- 
merksam gemacht zu haben, die sie mit Vorteil 
bei den Faktoreien absetzen können. Erst durch 
ihn wurden die Kaufleute auch auf den reichen 
Bestand an Schinußbäumen aufmerksam, deren 
Nüsse jetzt ein Hauptausfuhrprodukt der Niger- 
Company bilden. Da letztere sowohl für die deutsche 
wie auch französische Regierung die Trans- 
porte befördert, läßt sie die talwärts gehenden 
Dampfer mit Schinuß beladen, wodurch auf dieses 
billige Produkt nur die halben Transportkosten 
kommen. Ferner ist es dem Residenten gelungen, 
in Garna eine Nupeansiedlung anzulegen, einmal 
um große Kanus und der Benne-Schiffahrt kun- 
dige Leute ins Land zu bekommen und ander- 
seits um den Flußhandel zu beleben. Als weitere 
Produkte seien noch Bienenwachs, Hanf und 
Guttapercha genannt. Auch hier bedarf es der 
Nachhilfe der Residentur. So sind z. B. die Ein- 
geborenen angehalten, wenn sie Honig als Tribut 
abliefern, stets das ausgekochte Wachs mitzubringen, 
womit sie zum Verkauf zur Faktorei geschickt 
werden. Die Baumwolle gedeiht vom 7. Grad 
nördl. Br. ab fast überall in dem hier besprochenen 
Gebiete, wird aber vorläufig bei der geringen 
Ausdehnung der Eingeborenenkulturen ganz im 
Lande verbraucht. Von seiten der Residentur ist 
schon seit Jahren daran gearbeitet worden, die 
Produktion zu heben, aber die Mitwirkung von 
Fachleuten ist unerläßlich; die Tätigkeit des 
Offiziers ist in diesem Gebiete so vielseitig in An- 
spruch genommen, daß man von ihm die Be- 
schaffung der Unterlagen zu einer sicheren Kal- 
kulation dieses für uns so wichtigen Produktes 
nicht erwarten darf. Dasselbe trifft für andere 
aussichtsreiche Produkte des Landes zu, wie Reis- 
kultur und Abbau von Mineralien. 
Der Geldverkehr hat sich in Garna gut ein- 
geführt, nachdem die Residentur mit vieler Mühe 
Kauris und Maria-Theresientaler entwertet hat. 
Der Umsatz an Bargeld beträgt etwa 20 000./ 
monatlich, wovon die Hälfte den Faktoreien zu- 
fließt, während die andere Hälfte auf dem täg- 
lichen Markt umgesetzt wird. Für den Fleischhandel 
  
werden hier allein täglich bis zu acht Rindern ge- 
schlachtet. 
Welchen Ausschwung der Handel genommen 
hat, beweist am besten der Anblick Garuas selbst. 
Kommt man von Westen den Fluß aufwärts, so 
fällt der erste Blick auf die weiße Häuserfront 
der Residentur, die als stolze Trutzfeste weit ins 
Land leuchtet. Auf einem Hügel nahe dem Fluh 
liegt die schmucke Faktorei von L. Pagenstecher 
und weiter abwärts, aber wegen seiner tieferen 
Lage erst später sichtbar, der Store der Niger' 
Company. Eine 30 m lange steinerne Landungs- 
brücke reicht weit in den Fluß hinein und er- 
möglicht das schnelle Laden und Löschen del 
Dampfer — ein Haupterfordernis bei dem schne 
wechseluden Wasserstand. Vor meiner Abreise 
sah ich mit Genugtuung vier Dampfer dort liegen: 
am Ufer herrschte ein Leben und Treiben wie am 
curopäischen Handelsplätzen. Besonders die Niger- 
Company ist ungemein tätig und hat jetzt direkt 
am Ufer zur schnellen Unterbringung der mit den 
Dampfern eintreffenden Waren ein eigenes, ge' 
räumiges Ladungsstore errichtet. Von der Lan' 
dungsstelle führt die 10 m breite und fast 2 km 
lange Hauptstraße direkt auf die Residentur; zuerst 
geht sie an den Faktoreien vorbei, dann dur 
den nach Zählung von etwa 4000 Einwohnern 
bewohnten Ort, an dessen Nordende sich der 
äußerst lebhafte Markt befindet; weiter zieht sie 
an der Regierungsschule vorbei zum Ausstrahlungs“ 
punkt folgender Handelsstraßen: 
Garua—Mubi—Dikoa (nördliche Richtung), 
Garnua—Tepe —Yola (westliche Richtung), 
Garna—Bundang—Nassarao (südwestliche R.) 
Garna—Tseboa—Kontscha—Banjo und 
Garna—MNgaumdere—Kunde (südliche Richtung) 
Garnua—Adumre—Rei—Lame (östliche Richtung) 
Garna—Deutsch-Binder—Bonger—Kusseri; 
letztere ist als Post= und Fahrstraße ausgebam 
und besitzt eine Abzweigung über Marua—Mow 
nach Dikoa. 
In Kürze seien noch die weiteren Verkehrs 
möglichkeiten, von Garua ausgehend, beleuchtet 
Ein Kanuverkehr kann während des größeren Tei 
des Jahres noch stattfinden den Benue aufwärk 
bis Rei Buba, ferner den Faro und Mao Deo au 
wärts fast bis Kontscha, endlich den Mao Kebi auf 
wärts bis in Höhe des Zollpostens Golombe. Vor 
einer Fortsetzung letzterer Wasserstraße nach den 
Tschadsee mittels der Bifurkation Kebi.—Logon 
kann keine Rede sein. Abgesehen von den unpassien 
baren Gauthier-Fällen des Kebi und der starle 
Verwachsung des Tuburi sowie der anschließende, 
Sumpfniederung zum Logone, haben gerade 
der letzten Regenzeit die Versuche ergeben,
	        
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