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Hereinbringung der Ernte ihre Ware offe-
rierten, so fänden sie den Bedarf bereits allseitig
gedeckt und könnten nichts absetzen. Da das
heiße Klima eine längere Lagerung des Kakaos
nicht gestatte, so müßten sie schließlich, um die
Ernte überhaupt zu Geld machen zu können, auf
die von den Spekulanten gebotenen niedrigen
Preise eingehen.
Diesem Mißstand müßte entgegengetreten und
der Kakaohandel wieder zu einem gesunden Ge-
schäft gemacht werden; den Pflanzern selbst komme
es zu, den Preis zu bestimmen. Hierzu bedürfe
es natürlich einer festen Organisation, die über
gehörige Mittel verfüge. Diese würden, da sich
der Gedanke einer freiwilligen Beitragsleistung
als undurchführbar erwiesen habe, durch einen
von den Produzenten zu erhebenden besonderen
Ausfuhrzoll von 1 Sucre (2 .%/0),“) der an den
Pflanzerbund selbst unmittelbar abgeführt werden
müßte, zu beschaffen sein. Da die Durchschnitts-
ernte in Ecuador sich auf rund 700 000 Zentner
belaufe, so wäre dann jährlich ein Fonds von
700 000 Sueres verfügbar. Mit einer solchen
Summe könne der Bund, im Vereine mit den
auf ähnliche Mittel gestützten Organisationen in
Portugal und Brasilien, seine Operationen be-
ginnen, nämlich die Preise festsetzen, unter denen
den Exporteuren kein Kakao geliefert werden dürfe.
Selbstverständlich müsse man sich für den Anfang
auf einen energischen Widerstand gefaßt machen,
so daß man möglicherweise zunächst die Ernte
nicht los werden würde; dann müßte der Bund
den Produzenten die Ware abkaufen und in
Europa, dessen Klima eine längere Einlagerung
ohne Schaden zulasse, ins Depot geben; falls die
vorhandenen Gelder für die Abfindung der Pro-
duzenten nicht ausreichten, würden sich gewiß
Banken zur Bevorschussung des wertvollen Artikels
bereit finden. Schließlich müßten ja die Fabri-
kanten, wenn ihr Vorrat zu Ende sei, doch ent-
gegenkommen und auf die festgesetzten Preise
eingehen.“
Der Kongreß verlangte zunächst den Nachweis,
daß dem Projekt von der großen Mehrheit der
Hazienderos zugestimmt werde. Als es endlich
gelungen war, die genügende Anzahl von Unter—
schriften vorzulegen, war die Session schon so weit
vorgeschritten, daß die Vorlage nicht mehr im
Plenum beraten werden konnte. Allerdings sprach
sich der Kommissionsbericht befürwortend aus.
Da ohne den Ausfuhrzoll, der den Kampf—
fonds schaffen soll, in die praktische Betätigung
der Valorisationsbestrebungen nicht eingetreten
werden kann, so müssen sich die Leiter der Be—
wegung bis zum nächsten Kongreß in Geduld
*! Für den spanischen Zentner (16 kr).
fassen. Man glaubt, daß im Frühjahr eine außer-
ordentliche Tagung stattfinden wird, und Saenz
hofft, daß es dann gelingen wird, den erwähnten
Zoll durchzusetzen.
Unterdessen beginnt man sich hier nach und
nach der großen Schwierigkeiten, die sich der
Durchführung des Unternehmens entgegensetzen,
bewußt zu werden. Die interessierten Kreise sind
sich darüber klar, daß das Projekt überhaupt nur
dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn es glückt,
die drei Hauptproduktionsländer zu einem gemein-
samen Vorgehen zusammenzuschließen; Ecuador
allein würde natürlich durch die Annahme der
Saenzschen Vorschläge nichts erreichen. Allem
Anschein nach wird deshalb in Ecuador eine
Wiederaufnahme der Propaganda nur dann er-
folgen, wenn bis zum nächsten Kongreß wenig-
stens einigermaßen günstige Berichte aus Portugal
und Brasilien eintreffen. ·
Selbst wenn aber diese beiden Länder ein
ermutigendes Beispiel geben sollten, so würde hier
noch manche Schwierigkeit zu überwinden sein.
Bei näherer Prüfung des Projekts sind im Kreise
der Pflanzer selbst Bedenken aufgetaucht; sie be—
fürchten zunächst, die Leitung des zu gründenden
Bundes werde sich nicht auf eine vorsichtige, auf
die Verteidigung vernünftiger Preise gerichtete
Politik beschränken, sondern gegebenenfalls durch
spekulative Operationen die Preise zu treiben suchen,
ein Vorgehen, das nicht im Sinne der Produzenten
liegen würde. Außerdem hegt man die Besorgnis,
daß der erwähnte Ausfuhrzoll, der doch den
Pflanzern zugute kommen soll, später von der
Regierung für andere Zwecke verwendet werden
würde.
Für den Fall des Scheiterns des Valorisations=
projekts haben sich die Interessenten bereits nach
anderen Mitteln, die den Kakaobau gewinnbrin-
gender gestalten könnten, umgesehen und machen
für eine Herabsetzung des auf dem Artikel lasten-
den Ansfuhrzolles (1 Sucres — 8 . für den
spanischen Zentner) Stimmung. Als Ersatz schlagen
sie eine stärkere Besteuerung des Branntweins
und Tabaks und die Erhöhung der Einfuhrzölle
auf Spirituosen und Lurusgegenstände vor.
(Bericht des KNaiserl. Konsulats in QJuito
vom 28. Dezember 1911.)
Der Lissaboner Kahaomarkt im Februar 1912.7)
Seit dem letzten Berichte ist der Kakaopreis
stetig zurückgegangen, trotzdem größere Abschlüsse
gemacht worden sein sollen. Der Preis ist von
3600 auf 3400 Reis gesunken.
“) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1912. . 220.