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Es ist gelungen, die Bewohner der Age-Land-
schaft auf friedlichem Wege dahin zu bringen,
den Anordnungen des Postens Wum Folge zu
leisten. Daß dies ohne Blutvergießen geschehen
konnte, ist in allererster Linie wohl dem Umstand
zu verdanken, daß durch die getroffenen Maß-
nahmen den Age gleich eine verhältsnismäßig
stärkere Macht vor Augen geführt wurde, dann
aber auch dem unausgesetzten Bemühen des Posten-
führers Oberleutnants Quelle, die Leute auf
friedlichem Wege zur Anerkennung der Verwaltung
zu bringen, schließlich der Ruhe und Besonnen-
heit jedes einzelnen Teilnehmers der Unter-
nehmung, insonderheit auch unserer farbigen Sol-
daten.
Da bis zu meinem Eintreffen in Wum die
Lage über das Verhalten der Age noch nicht
geklärt war, wurde der Einmarsch in die Age-
Landschaft von drei Seiten befohlen.
Eine Abteilung unter Führung des Ober-
leutnants Quelle marschierte in sehr anstrengen-
den Eilmärschen westlich des Mukarra') bis
nach der Bakenso-Landschaft und rückte von
Nordwesten kommend in das Age-Gebiet ein.
Eine zweite Abteilung unter Führung des
Unteroffiziers Schumm marschierte über Befang—
Nkore —Manjang in näördlicher Richtung auf
Age und erreichte zunächst das Age-Dorf Wabang.
Eine dritte Abteilung unter meiner Führung
marschierte östlich des Mija bis Betam, ging
dort über den Mija und erreichte zunächst das
Hauptdorf der Age, das auf der Karte mit Wanga
bezeichnet ist. Meine Abteilung begleitete Stabs-
arzt Dr. Pistner.
Beim Einmarsch der Abteilungen waren sich
in einigen Ortschaften die Bewohner über ihr
Verhalten der Truppe gegenüber noch nicht im
klaren, aber schließlich siegte doch der Einfluß
der zur Ruhe mahnenden Elemente.
Im weiteren Verlauf fand die Vereinigung
der Abteilungen in Naada statt (Ossidinge-Karte:
Ada), und hier wurden in einer Besprechung
den versammelten Age-Häuptlingen die Pflichten
dem Posten und ihren benachbarten Landschaften
gegenüber eingeschärft.
Der Häuptling Etschiakung, das Oberhaupt
aller Age-Ortschaften, ist auch bereits mit einigen
seiner Leute auf dem Posten gewesen.
Um nun aber auch die Landschaft allmählich
ihren Pflichten zuzuführen, habe ich vorläufig den
Unteroffizier Schumm, der seinerzeit auch schon
in Baminge sich bewährt hatte, in der Age-
Landschaft belassen.
*) Vgl. Blatt Ossidinge der Karte Kamerun
1:300 000.
Seine Aufgabe ist, die Bewohner der Ort-
schaften zu veranlassen, den durch die Age-Land-
schaft führenden Weg nach Bakenso zu reinigen
und, soweit es Zeit und Kräfte erlauben, aus-
zubauen. Ferner sollen alle Ortschaften besucht
werden, und in den Dörfern soll eine Zählung,
getrennt nach Männern, Weibern und Kindern,
stattfinden. Dabei sollen auch weitere Nach-
forschungen nach noch etwa vorhandenen Ge-
wehren angestellt und diese dem Posten über-
wiesen werden. Bisher sind ungefähr 80 Gewehre
(Vorderlader) abgeliefert und 6 Vorderlader ein-
gezogen worden. Durch Belehrungen und Be-
sprechungen sollen die Eingeborenen auf die Vor-
teile der Verwaltung und eines gesicherten-Han-
delsverkehrs hingewiesen werden. Für die erste
Zeit seines Aufenthalts sind die Ortschaften zur
unentgeltlichen Lieferung der Verpflegung ver-
pflichtet worden, im weiteren Verlauf sollen durch
Einrichtung eines Marktes im Lager die Orts-
bewohner an den Geldverkehr gewöhnt werden.
Nebenbei sollen die Dorfbewohner auch mit der
Beförderung von Flaggenpost vertraut gemacht
werden. Schließlich sollen Nachforschungen nach
den Leuten angestellt werden, die seinerzeit dem
Durchmarsch des Oberleutnants Quelle be-
waffneten Widerstand geleistet haben.
Ferner ist Stabsarzt Dr. Pistner in dem
Mija-Tal belassen worden, um Untersuchungen
anzustellen über das Vorhandensein von Schlaf-
krankheit und Malaria, das vielleicht zur Er-
klärung der auffallend geringen Bevölkerung des
Mija-Tales führen könnte. Gleichzeitig sollen in
allen Ortschaften Impfungen vorgenommen werden.
Was die politischen Verhältnisse der Age-
Landschaft anbetrifft, so unterstehen alle Ort-
schaften dem Oberhäuptling Etschiakung, jede
Ortschaft hat wieder für sich einen Häuptling.
Das Ansehen und die Autorität der Dorfhäupt-
linge und auch die des Oberhäuptlings sind aber
sehr gering. Das kommt rein äußerlich schon
dadurch zum Ausdruck, daß jede Familie in einem
gesonderten Gehöft lebt. Diese meist auf den
Hängen sehr versteckt liegenden Gehöste schließen
sich zu einer Ortsgemeinschaft zusammen. Durch
diese Ausdehnung erscheint das Dorf sehr groß:
darauf ist es wohl zurückzuführen, daß die Ein-
wohnerzahl der Age-Landschaft sehr überschätzt
worden ist. Die bisher von mir vorgenommenen
Zählungen haben eine auffallend niedrige Ein-
wohnerzahl ergeben, wobei man allerdings berück-
sichtigen muß, daß unzweifelhaft nur zwei Drittel
der Bewohner sich zur Zählung gestellt haben.
Die Age-Leute sind kräftig gebaute Menschen,
ihre Frauen sind verhältnismäßig klein. Die
Geburtenzahl scheint nicht ungünstig zu sein, denn