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wirtschaftlichen, die politischen und die militärischen
Beziehungen genügend erläutert; in ihr wird der
g vorgeschlagen, auf dem die Gelder beschafft
unt gebect werden sollen. Wir haben die ersten
staatlichen Bahnbauten durch bare, nicht zurück-
ahlende Zuschüsse des Reiches ermöglichen
misssen. Der werbende Charakter der Linien
wurde noch nicht anerkannt, auch hätten damals
die Kolonien die Zinsen für Leihgeld noch nicht
aufbringen können. Einen großen Fortschritt
bildete in dieser Hinsicht die Bereitstellung des
Baugeldes für die Palimebahn in Togo. Hier
bewilligten Bundesrat und Reichstag 1904 ein
Reichsdarlehn, ein Beweis von Vertrauen zu Land
und Bahn. Gelegentlich der Bahnvorlage vom
Jahre 1908 wurde dann zum ersten Male eine
besondere Staatsanleihe der Kolonien, eine Ko-
lonialanleihe genehmigt; sie ist jetzt die Regel für
die Beschaffung der Baugelder. Die Sicherung
des Zinsendienstes liegt bis jetzt im wesentlichen
noch nicht bei den Betriebseinnahmen der Bahnen,
sondern bei den allgemeinen an der
Kolonien. Deren Zulänglichkeit, wie fie sich an
Hand der bisherigen Entwicklung nachweisen läßt,
ist heute das Maß der Dinge für die Bahn-
vorlagen. Ich will nicht unerwähnt lassen, daß
die Kolonialonleihe heute der Gewähr des Reiches
noch nicht entbehren kann, obgleich alle Kolonien
gemeinsam haften.
Bauentwurf und Bauausführung.
Auf die Genehmigung des Baues folgen erst
die ausführlichen Borarbeiten, d. i. die Aufstellung
des Bauentwurfs, ferner der Grunderwerb und
endlich der Bau selbst.
Den Grunderwerb macht am besten und ein-
fachsten der Staat selbst. Wir sagten schon, daß
er drüben noch keine große Rolle spielt. Soll
der Staat auch die ausführlichen Borarbeiten und
den Bau selbst ausführen? Er hat es früher
einmal, bei der Usambarabahn und bei der Bahn
Swakopmund—Windhuk getan. Seitdem wird
in einer eigentümlichen anderen Weise verfahren.
Wir können sie Eigenbau mit gemieteter Bau-
verwaltung nennen. Sie besteht in folgendem:
eine unserer großen Bahnbaufirmen übernimmt
auf Grund des allgemeinen, des Vorentwurfs
die Aufstellung des besonderen, des Bauentwurfs
und die Ausführung der Bauarbeiten, aber nicht
zu festem Gesamtpreis oder zu festen Einheits-
preisen, sondern gegen Erstattung der nachweis-
baren Auslagen; dazu tritt ein festes Honorar
für die Mühewaltung und, damit auch der geld-
liche Anreiz zur Sparsamkeit nicht fehle, eine
gewisse Beteiligung an den Ersparnissen; die Be-
teiligung geht aber nur bis zu einer bestimmten
Höhe der Ersparnisse, der Höhe, über die hinaus
im allgemeinen nur noch auf Kosten der Güde
gespart werden kann. Die Baufirma arbeitet alio
kommissionsweise: im eigenen Namen auf fremde
Rechnung. Diese eigentümliche Form soll die
Vorzüge des Eigen= und des Unternehmeriums
in sich vereinigen und ihre Nachteile vermeiden.
Wir gewinnen die Beweglichkeit des Privatmanns
in der Anwerbung und Bezahlung tüchtiger Leure,
in der Beschaffung und Verschiffung jeglicher
Bedarfsstücke, wir vermeiden den großen Gewinn-
zuschlag, den sich jede Firma ausbedingen muß,
die den Bau auf eigene Rechnung und Gefahr
übernimmt, und vermeiden einen bedeutenden
Zeitwwerlust, da das Verfahren erlaubt, schon auf
Grund des allgemeinen, nicht erst des aus-
führlichen Entwurfs abzuschließen und den Ban
schrittweise dem ausführlichen Eutwurfe folgen zu
lassen, statt mit dem Baubeginn zu warten, bis
der ganze Bauentwurf fertig ist. Die Vorteile
des Verfahrens sind um so größer, je stoßweiser,
je stürmischer gebaut werden muß, je kleiner die
Betriebsverwaltung noch ist, an die sich eine
eigene staatliche Bauverwaltung anlehnen könnte.
In dem Maße, wie sich diese Verhälinisse ändern,
verliert das Verfahren an Bedeutung und Be-
rechtigung.
Der Staat behält sich die Überwachung der
Arbeiten und die Prüfung und Genehmigung der
Bauentwürfe vor und übt diese Rechte ausgiebig
und sorgfältig aus.
Der Bauleitende drüben muß sehr vielseitig,
muß schier in allen Sätteln gerecht sein, weil fast
alles und jedes, was hierzulande von selbst rollt,
dort erst in Gang gebracht werden muß. Hier
steht eine hoch entwickelte Wirtschaft und Kultur
als Helferin bereit, drüben von alledem noch so
gut wie nichts. Nicht genug, daß der üÜMber-
wiegende Teil aller Baustofse und Bauteile aus
der Heimat herangezogen, daß daher der Bedarf
an diesen Sachen mit langer Voraussicht erkannt
und angemeldet werden muß, daß jede Unacht-
samkeit und jedes Versehen hierbei viel Geld und
Zeit kosten: auch die Hilfsmittel, die das Land
birgt, müssen meist erst zum Leben, zur Entfaltung
gebracht werden, weil sie bis dahin, da niemand
sie brauchte, geschlummert haben. Hier gilt es,
einen Steinbruch, eine Kiesgrube zu erschließen,
dort eine Kalkbrennerei, eine Zieg elei, eine
Sägerei anzulegen usw.
Wichtig ist die Arbeiterfrage, die Frage ihrer
Anwerbung, Unterbringung, Verpflegung, An-
lernung. Im allgemeinen finden wir die Leute
für die gewöhnlichen Berrichtungen, die unge-
lernten Handarbeiter, wohl in der Kolonie selbst;
nicht immer in solch erfreulicher Menge wie die
Tanganjikabahn, die etwa 15 000 Eingeborene
beschäftigt; die Niongbahn in Kamerun muß sich