Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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in den Galeriewäldern, weil sie Ausläufer der 
westafrikanischen Waldzone sind, finden sich Ver- 
treter der westlichen Faung. Von großen Säu- 
gern, deren Häusigkeit nach Osten zunimmt, sind 
zu erwähnen die Giraffe, Leier= und Pferde- 
antilope, Gazellen, Hundeaffen u. a., alle Cha- 
rakterformen des Ostens. Daneben kommen noch 
Nashörner, Zebras, Elenantilopen, Büffel und 
Hartebeeste vor. In den Galeriewäldern leben 
Elefanten und Menschenaffen, die nach einer fran- 
zösischen Quelle bis Gore den Logone herab- 
gehen. Eine Reihe westafrikanischer Waldvögel 
vervollständigt die Tierwelt der Galeriewälder. 
Die Zuflüsse des Logone und dieser selbst be- 
herbergen zahlreiche Fische, doch ziehen sich diese 
bei fallendem Wasser in die Hauptströme zurück. 
Siluroiden und der interessante Protopterus 
annectens find nicht selten. 
Von Epvertebraten dürften wohl nur die pa- 
thogenen Formen interessieren und besonders die 
Tatsache, daß Glossinen in dem durchzogenen Ge- 
biet gänzlich zu fehlen scheinen. Franzöfischer- 
seits wird behauptet, daß erst in der Umgebung 
von Gore beide Fliegen dieser Art vorkommen. 
Die Bewohner des Landes sind Sudan-Neger 
und bilden unter dem Namen Lakka ein großes 
Volk, dessen Verbreitungsgrenzen schon bekannt 
sind. Im Vollbesitze ihrer Selbständigkeit wohnen 
sie in Dorfgemeinden zusammen, an deren Spitze 
ein Dorsschulze steht. In mehrere Stämme ge- 
spalten, tragen sie verschiedene Namen, und auch 
die Sprache ist nicht einheitlich. In ihren Sied- 
lungsformen, in Sitten und Gebräuchen aber 
zeigen sie eine weitgehende Ubereinstimmung. 
Die Männer find mittelgroße, kräftige und 
gesunde Gestalten und ihre Züge zeigen die un- 
verfälschten Merkmale des Negers. Bekleidet 
gehen sie nur mit einem auf das Gesäß herab- 
hängenden Ziegenfell, die Frauen schmückt ein 
einfacher mit Grasbüscheln verzlerter Gürtel. Die 
Bewaffnung besteht aus Speer, Schild und Wurf- 
messer, Bogen und Pfeile find ihnen unbekannt. 
Die aus einzelnen Gehöften bestehenden 
Dörfer find reinlich und sauber gehalten. Die 
Siedlungsform ist überall die aus Matten erbaute 
Kegeldachhütte. 
Unter den Wirtschaftsformen steht der Ackerbau 
obenan, in zweiter Linie kommen Jagd und 
Fischfang. Hirse, Erdnuß und eine Reihe anderer 
Knollengewächse nehmen neben allerhand Suppen- 
pflanzen, Tabak, Hanf, Kürbissen u. a., die erste 
Stelle ein. Die Felder find wohlgepflegt, und 
eine Art von Düngung kennt der Lalla, indem 
er die Asche verbrannter Gräser auf die Felder 
streut. Noch zu erwähnen ist der Anban von 
Baumwolle, der zur Zeit vernachlässigt, in Ge- 
  
meinschaft von Erdnüssen nicht ohne Bedeutung 
für die Zukunft des Landes sein dürfte. 
Von Haustieren hält der Lakka Pferde, Ziegen 
und Hühner, doch sind erstere selten. Ziegen und 
Hühner werden in Ställen gehalten. Rinder gibt 
es nicht. 
Die Auslbung von Jagd und Fischerei richter 
sich in ihrem Umfange nach dem Reichtum der 
einzelnen Gebiete an Tieren. Der Jagd, die 
man mit großen Netzen auf jegliches Getier be- 
treibt, liegt man zu allen Jahreszeiten ob, wäh- 
rend die Fischerei in den kleineren Gewössern 
nur zur Zeit des höchsten Wasserstandes oder 
des fallenden Wassers lohnend ist. Fischdämme, 
Fischreusen, Fischzäune und Fischgiste find im 
Gebrauch, Angelhaken fehlen gänzlich. 
Unter den Handwerken verdient die Töpfer- 
kunst, ein Beruf der Frauen, zuerst genannt zu 
werden. Gefällige Formen, bemalt und graphi- 
tiert, wissen sie geschickt zu bilden. Nicht weniger 
entwickelt ist das Flechthandwerk, das den 
Männern obliegt. Fast sämtliche Bestandteile 
einer Hütte, alle Speicher und Ställe sind aus 
Grasmatten erbaut, deren Solidität und Halt- 
barkeit bei weitem die künstlerische Ausführung 
übertrifft. Die Schmiedekunst, die nicht in jeder 
Dorfgemeinde betrieben wird, ist das Handwerk 
einzelner geschickter Männer, die hauptsächlich 
Waffen und Ackergeräte herstellen. Merkwürdig 
ist es, daß der Lalka, der aus dem Bast einer 
viel angebauten Pflanze ausgezeichnete Fisch= und 
Wildnetze anzufertigen weiß, es nicht verfteht, 
irgendwelche Stoffe zu weben. Salz, wohl das 
beliebteste Genuhmittel, gewinnen die Frauen aus 
der Asche einer Kulturpflanze. 
Außer den gewöhnlichen Landesprodukten 
genießt man noch getrocknete Fische und Raupen, 
die beide als große Delikatesse geschätzt werden. 
Handel und Verkehr im Lande sind bei der Feind- 
seligkeit der Stämme untereinander wenig ent- 
wickelt. Angeblich erhandeln die südlichen Stämme 
bas Eisen aus den nördlichen Gegenden gegen 
Tabak und Salz, während sie das zum Berzieren 
der Töpfe notwendige Graphit ganz aus den 
Süden, dem „Elbo--Gebirge“, beziehen. 
Die hygienischen Verhälmisse des Landes find 
nach den bisherigen Beobachtungen als gümstig 
zu bezeichnen. Wenn auch keine brauchbare 
von klimatischen Beobachtungen vorüegt, konn 
man doch annehmen, daß das Klima nicht un, 
gesund ist. Einen großen Vorzug bedeutet das 
Fehlen der Glosstnen. Daß an den Fluhlluen 
des Logone und Pende, also erst an der Grenze- 
die GOlossina palpalis vorkommt, muß nach den 
französischen Mitteilungen all richtig angenommen 
werden, denn aus diejem Grunde soll erst kurzlich 
die Stution Gore· verlegt worden sein. Ge
	        
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