Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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wird man unschwer einsehen, daß der Höchstbetrag, 
dessen Investierung für eine Bewässerungsanlage in 
jedem der angeführten Fälle wirtschaftlich zulässig er- 
scheint, sehr verschieden zu bemessen sein wird. 
Die relativ chböhste Kapitalsanlage läßt sich recht- 
fertigen für die Einrichtung von ganz kleinen Bewässe- 
Farmen mit reinem Weidebetriebe 
in trockenen Gegenden. Solche 
ihrem natürlichen Zustande sehr wenig 
folge der großen Unsicherheit der. Weideverhältnisse 
die normale Bestockungsmöglichkeit außerordentlich 
niedrig ist. Kleine Anlagen zur Sammlung und Ver- 
teilung des Oberflächenwassers haben oft zur Folge, 
daß die Bestockungsmöglichkeit der Farm verdoppelt oder 
verdreifacht wird oder daß eine ganz wertlose Farm 
in ein wertvolles Besitztum umgewandelt wird. 
real, welches man unter Bewässerung 
bringt, oder die Ouantität des in Dämmen aufge- 
speicherten Wassers, oder die Wassermenge, welche man 
durch Bohren erzielt, mag an sich sehr gering sein. 
Trotzdem kann durch sie der Wert der ganzen Farm 
ungeheuer erhöht werden. In solchen Fälln ist es 
unmöglich, allgemeine Regeln über die Höhe der wirt- 
schaftlich zu rechtfertigenden Kapitalsanlage für Be- 
wässerungszwecke festzulegen. Die Kosten der Anlage 
per Morgen bewässerten Landes oder per Volumen- 
einheit erschlossenen oder gesammelten Wassers sind 
kein Gesichtspunkt für die Beurteilung der wirtschaft- 
lichen Zweckmäßigkeit einer solchen Anlage; letztere 
kann vielmehr nur beurteilt werden durch Schätzung 
der Wertsteigerung, die die ganze Farm durch sie erfährt. 
ch will hier besonders von solchen Anlagen 
sprechen. beii denen die Bewässerung eingerichtet wird, 
um bedeutende ackerwirtschaftliche Erträge aus ohne 
Bewässerung unbrauchbaren Farmen zu erzielen oder 
um überhaupt intensive Farmwirtschaft zu erm glichen. 
die aber gänzlich von der Bewässerung abhängt 
Solche Anlagen werden geschaffen zwecks Anbau von 
Winterfutter oder anderen Feldfrüchten, um die Haltung 
böher gezüchteten Viehes oder eine bedeutend größere 
Bestockung zu ermöglichen, oder zwecks Schaffung künst- 
licher Dauerweiden oder von Luzernefeldern oder für 
den Anbau von Brodfrüchten. oder endlich, um die 
Produktion von hochwertigen Erzeugnissen, wie Tabak, 
Wein, Obst, Gemüse und dergl. zu ermöglichen. In 
allen diesen Fällen müssen den in den Bewässerungs- 
anlagen steckenden Kapitalien entsprechende Rein- 
erträge durch den Farmbetrieb gegenüberstehen, sonst 
geht das Unternehmen dem sicheren wirtschaftlichen 
Ruin entgegen. 
Ein Farmer, der beabsichtigt, eine Bewässerungs- 
anlage zu errichten, muß sich klar darüber sein, daß 
er das nötige Kapital bereitzustellen hat: a) für die 
Anlagen, die nötig sind zum Anstauen, Zusammen- 
leiten usw. sowie zum Heben, Zuleiten und Verteilen 
des Wassers; b) für die Herrichtung des Landes zur 
Bewässerung, d. b. Einebnen des Landes, Einteilung 
der Fläche, Herstellung von Beeten und Herstellung 
der Wasserverteilungsanlagen auf dem! Acker selbst; 
e) als Betriebstapital bis zur ersten 
Diese Kapitalien sind, soweit sie die- Regierung 
dargeliehen hat. mit 3¾ v. H., und iseweit es sich um 
private Geldgeber handelt, mit 6 u ver- 
zinsen. Die Zinsen, welche aahbben der Banzeit und 
der Zeit von der Vollendung der Anlage bis zur 
ersten Ernte erwachsen, müssen dem Kapital zuge- 
rechnet werden. Sobald die Anlage anfängt Gewinn 
zu bringen, entstehen auch gewisse laufende Ausgaben, 
nämlich Zinsen und Rückzahlungsauoten, die je nach 
den getroffenen Abmachungen eine längere oder kürzere 
Zahl von Jahren hindurch zu bezahlen sind. Man 
  
  
  
  
soll nicht glauben, daß Amortisation oder Kapital- 
Tilgungsquoten nur berechnet zu werden brauchen, 
wenn die Anlage gemäß den Bestimmungen des Frri- 
gation-Gesetzes mit Hilfe von Regierungsdarlehen ge- 
schaffen worden ist. Vielmehr müssen sie vom allge- 
meinen geschäftlichen Standpunkte aus in allen Fällen 
in ,diechnung gezogen werden, ganz gleich aus welcher 
le das Anlagekapital stammt. 
ußer den angegebenen dauernden Ausgaben 
müssen noch andere laufende Beträge bereit gestellt 
werden, um die Instandhaltung der Anlage und 
ihre Betriebskosten zu decken, die nicht nur durch die 
Beschaffung und Verteilung des Wassers, sondern auch 
durch den landwirtschaftlichen Betrieb auf den be- 
wässerten Flächen erwachsen. Bei Bewässerungs- 
anlagen, welche mittels Pumpen betrieben werden, 
sind diese elches mitteh besonders hoch, bedeutend 
höher als die erst erwähnten laufenden Ausgaben. 
Hier kann leicht der Fall eintreten, daß die Durch- 
schnittseinnahmen aus dem Bewässerungsbetriebe nicht 
genügen, um die Verzinsungs-, Rückzahlungs= und 
Betriebsausgaben zu decken, in welchem Falle das 
ganze Projekt unwirtschaftlich ist. 
eenn unkultiviertes Land, von dem anzunehmen 
ist, daß eine LBewässerungsanlage eingerichtet werden 
kann, zu hohem Preise aungekauft wird, dann kompli- 
ziert sich die arie erechnung noch bedeutend. 
Es herrscht heutzutage unzweifelhaft die Neigung vor, 
unkultiviertes Land viel zu hoch zu bezahlen, wenn 
wirklich oder angeblich, aber jedenfalls unerwiesener- 
maßen die Bewässerungsmöglichkeit vorliegt. Man 
berücksichtigt nicht, daß häufig nur bei Aufwendung 
von sehr bedeutenden Kapitalien eine Bewässerung und 
landwirtschaftliche Benutzung ermöglicht werden kann. 
Es ist schwer, solche Bewässerungsprojekte richtig 
u beurteilen, und eine gute Urteilskraft und große 
refahrung seitens des Unternehmers ist dafür er- 
forderlich. 
Im allgemeinen ist die richtige Basis, von welcher 
man bei der Beurteilung eines solchen Projektes aus- 
zugehen hat, der landwirtschaftliche Nutzungswert und 
die Bewertung des durchschnittlichen Rohertrages, 
welchen man per Vorder erzielen kann. Die dies- 
bezüglichen Kalkulationen dürfen nicht auf die gerade 
bestehende vorübergehende Marktlage basiert werden, 
ondern die Möglichkeit des Nachlassens der Preise ist 
n weitgehendem Maße zu berücksichtigen, ebenso wie das 
Vorkommen von trockenen Jahren und anderen Zu- 
fälligkeiten, denen der Ackerbau unterworsen ist. 
allen Dingen darf man nicht mit den Erträgen von 
Liebhaberartikeln rechnen, wie Straußenfedern, Kala- 
baschpfeifen und derartigen Sachen, welche nicht die 
stetige Nachfrage besitzen, wie Stapelartikel für Er- 
nährungs= oder Bekleidungszwecke. Voranschläge, 
welche auf die Produktion von Hammel-, Rind-, 
Schweinefleisch. Schinken, Wolle, Mohair, Getreide usw. 
basiert sind, sind viel zuverlässiger als solche, die mit 
der Produktion von Straußenfedern, Kalabaschpfeifen 
usw. rechnen. Das haben schon viele zu spät zum 
eigenen Schaden erkann 
Die Entscheidung zrt Frage, innerhalb wie vieler 
ahre das für eine Bewässerungsanlage aufgewendete 
Veiren getilgt werden kann, hängt von verschiedenen 
Faktoren ab. Hat man aber 3. B. diesen Zeitraum 
auf 15 Jahre festgelegt, so muß die Einnahmeschätzung 
auf Grund der durchschnittlichen Marktlage, die während 
dieser Zeit zu erwarten ist, festgelegt werden, und da 
solche Vorausschätzungen häufig sehr unsicher sind, be- 
sonders bei Artikeln, auf deren Preisbildung die Mode 
Einfluß hat, ist ein bedeutender Sicherheitskoeffizient 
abzuziehen. 
  
  
  
  
 
	        
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