Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Vermischtes. 
* Kolonlole Verwaltungsgrundsätze.“) 
Die Kolonialverwaltung muß ihre Aufmerksamkeit # 
auf die Wahrung der Interessen der in der Kolonie 
lebenden Europäer wie auch der Eingeborenen 
richten. Die verschiedenen Interessen beider Rassen 
machen die Einführung zweier Rechts= und Ver- 
waltungssysteme und die Beobachtung einer ent- 
sorechenden Politik erforderlich. Die Verwaltung muß 
einem bestimmten Programm verfahren, das sie 
mit gleichbleibender Energie durchführt, ohne dabei aus 
dem Auge zu lassen, welche Rückwirkung jede Maßregel 
in späterer Zeit äußern könnte. Die Beamten sollen 
ihren Nachfolgern eine weniger schwierige Aufgabe zu- 
rücklassen, als sie selbst bereits zu erfüllen hatten 
m Interesse einer praktischen und den Bedürf- 
nissen der Kolonie entsprechenden Gesetzgebung sowie 
im Interesse des Ansehens der Verwaltung ist unbedingt 
zu fordern, daß die Gesetzesvorschläge vom Gouver= 
neur der Kolonie gemacht oder daß sie ihm wenigstens 
barzelent werden, bevor sie dem Souverän zur Unter- 
zei ung zugehen 
Der Gouverneur gibt die Richtlinien und die An- 
regungen für Verwaltungsmaßnahmen und kontrolliert 
sie. Für die Provinzen und deren Leiter empfiehlt sich 
Dezentralisation der Verwaltung, des Finanzwesens, 
der Rechtsprechung und des Heereswesens. Die örtliche 
Verwaltung — Erhebung von Steuern, Leistung von 
Kurierdiensten, Ausführung von Transporten und Ar- 
beiten usw. — bleibt den eingeborenen . fäuptlingen 
als untergeordneten Mitarbeitern vorbe 
Die Aufgaben der toientreenne be- 
stehen im einzelnen in folgenden Punkten: 
1. das Eigentum in jeder Gestalt zu schützen, d. h. 
das Eigentum an Grund und Boden, das Berg- 
werkseigentum, das geistige Eigentum; 
für öffentliche Gesundheits-, Körper= und 
Sittenpflege einzutreten und den Handel zu 
  
# 
schützen; 
#der Bevölkerung Schutz gegen Angriffe von 
innen und außen sowie geen strafbare Hand- 
lungen einzelner zu gew 
die Verwaltung unter nbhuich geringen Opfern 
für die Schutzbefohlenen selbst und für das 
Mutterland zu organisieren. 
Zum Schutze des Grundeigentums hat die Ver- 
waltung für die Einführung eines Eintragungs- 
sustems zu sorgen. Das Gouvernement erklärt sich 
zum Eigentümer aller zur verfüßung stehenden, von 
den Eingeborenen noch nicht okkupierten Ländereien 
und gewährt Interessenten Rechte über bestimmt zu 
begresgend Gebiete durch Verleihung von Eigentums- 
titeln, von denen eine Abschrift in den Staatsarchiven 
niederzulegen ist. Hypotheken oder Eigentumsüber- 
tragungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit gleichfalls der 
Eintragung. Die Vermessung und Abgrenzung der 
betreffenden Ländereien muß zur Vermeidung von Un- 
vrere vom Gouvernement geprüft werden. 
Re e auf bergbauliche Betriebe sind un- 
zwaeide zu fassen und nicht für alle Zeiten zu ver- 
*) Aus einem Artikel der „Revue Economique inter- 
nationale“ Bd. IV Nr. 3 über „Grundsätze für die Ver- 
waltung einer Ansiedlungskolonie, in der seit 
weniger als einem Vierteljahrhundert kolonisiert wird 
und in der die weiße Bevölkerung in einer mehr als 
zehnfach an Zahl überlegenen eingeborenen Bevölke- 
* 
  
rung verschwindet“. 
biiben Entweder soll das Gouvernement Interessenten 
nd zum ausschließlichen bergbaulichen Betriebe 
gFegen Z95lung gewisser Abgaben überlassen sder es 
soll, falls Privatgrundbesitz Mineralien enthält, dem 
Erandeigentimer= obgleich er keine Rechte an den 
Mineralien hat, einen Teil der an den Staat von dem 
Schürfer gezahlten Abgabe und die Möglichkeit zur 
bergbawüich- in Ausnutzung einer bestimmt begrenzten 
Parzelle seines Landes gewähren. Daß bie öffentlichen 
Abgaben für Bergbaubetriebe auf staatlichem und 
rivatem Boden verschieden festgesetzt werden, ist ver- 
ständig ind loni ch. 
as istige Eigentum (Erfinderrechte, Ur- 
beberrechtes hohl das Gouvernement gleichfalls durch 
Eintragung in Register schützen. 
Zur Pflege der öffentlichen Gesundheit hat das 
Gouvernement Pläne zur Anlegung größerer Ortschaften 
vor deren Gründung zu prüfen. Ferner muß es die 
Bauart der Häuser, die Beerdigungsfrage, die Müll- 
abfuhr, die Beschaffung gesunden Trinkwassers usw. 
regeln. Es muß Vorschriften zum Schutze vor dem 
Eindringen von Krankheiten sowie zur Bekämpfung 
im Lande selbst auftretender Krankheiten Ferlassens 
Laboratorien für Blutuntersuchungen usw. einrichten. 
Der Verkauf von Arzneien, Giften und schädlichen 
Waren ist zu regeln, die Erlaubnis zum Verkaufen von 
Alkohol an Weiße ist mit Abgaben zu belegen. Durch 
Erziehung und Belehrung sind Unmäßigkeit und Laster 
der Eingeborenen zu bekämpfen. Im Falle des Zurück- 
gehens der eingeborenen Fevölierungsgehlen sollen 
inderreichen Familien bei gewisser Kinderzahl Steuer- 
befreiung und Prämien gewährt werden. Der zu früh- 
zeitigen Heirat soll nach Möglichkeit vorgebeugt werden. 
Jum 3 Zweck der Entwicklung des Handels muß 
das Land methodisch und wirkion kolonisiert werden. 
Zunächst sind die Gegenden zu besetzen, welche die 
Verkehrswege beherrschen. Jedoch soll nur so viel Land 
in Angriff genommen werden, als sich mit dem zur 
Verfügung stehenden Personal beherrschen läßt. Das 
Personal muß es verstehen, die Eingeborenenbevölkerung 
zu — 
hee Schaffung von Verkehrsmöglichkeiten ist 
unumadnglich notwendig. Gegen Transportmonopole 
muß das Gouvernement si aoand die Verwalteten 
schützen. Den Kransvortgeiellcheiten starre Tarife vor- 
uschreiben, ist unvorteilhaft. Sache der Verwaltung 
ist es, für regelmäßigen Dampfschiffverkehr der Kolonie 
mit anderen Ländern — eventuell gegen jährliche Zu- 
schüsse — zu sorgen. 
Für Eisenbahnen kommen drei Systeme in Frage: 
1. Eisenbahnbau durch Gesellschaften auf Kosten 
und unter Aufsicht des Staates oder Ankauf der 
den Gesellschaften gehörigen Bahnen; Verwaltung 
durch den Staa 
Verpachtung der- auf Staatskosten gebauten und 
vom Staate gekauften Eisenbahnen. Das Gou- 
vernement hat in, goolchen Fällen die Kontrolle 
über die Tarife u 
Verwaltung der Vejeaschaften gehörigen Linien 
durch die Gesellschaften. In den Wonzessionen 
ist die Verpflichtung zu folgenden Grundsätz 
aufzuerlegen: Sorge für Bequemlichkeit der 
Reisenden, Verwendung eines Teils der üÜüber- 
schüsse für einen Reservefonds zur Ermöglichung 
der Beibehaltung niedriger Tarife auch in 
schlechten Jahren, sowie für Ersatz und Neu- 
schaffung von Material und Verbilligung der 
rife. 
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