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den Privatleuten empfohlen. Ferner wird eine
allmähliche weitere Trennung der Eingeborenen-
quartiere von den Häusern der Weißen herbei-
geführt werden. Dasselbe wird in dem weniger
mit Malaria durchseuchten Bukoba geschehen,
wo gleichfalls noch keine völlige Trennung besteht.
II. Der nördliche Teil des Bezirks Bukoba.
Am 7. Februar wurde in Begleitung des Re-
sidenten Hauptmanns v. Stuemer und des
Stabsarztes Dr. Brünn der Marsch von Bukoba
aus angetreten, der uns zunächst in südlicher
Richtung bis zur Residenz des Sultans Kahigi
führte.
Kahigi empfing uns in großer Phantasie-
uniform an der Spitze seiner mit Vorderladern
bewaffneten Ruga-Ruga (Soldaten), während die
aus Bläsern und Trommlern bestehende Kapelle
aufspielte. Wir besichtigten die großen, nach Ein-
geborenenart gebauten, jedoch sehr gut ausge-
führten Häuser des Sultans, in welchen seine
schon ältliche Schwester, die eine besondere Ehren-
stellung einnimmt, und seine in lang herabfallende
bunte Gewänder gehüllten Frauen und weiblichen
Verwandten, insgesamt 15 bis 20 Personen, vor-
gestellt wurden. Es waren dies übrigens die
einzigen Frauen oder weiblichen Verwandten von
Wahima-Sultanen wie überhaupt von Watussi,
die ich während meiner ganzen Reise zu Gesicht
bekommen habe.
Von Kahigi aus führte der Marsch ungefähr
in östlicher Richtung südlich am Ikimbasee vorbei
zum Kagerafluß, der am 13. Februar erreicht
wurde. Das Land ist in der Nähe von Bukoba
wie überhaupt in Küstennähe gut bevölkert, es
wird Ackerbau wie Viehzucht betrieben. Besonders
hat der Kaffeebau erfreuliche Fortschritte gemacht,
was sich in steigenden Ausfuhrzahlen bemerkbar
macht; ein weiteres Ansteigen ist mit Wahrschein-
lichkeit zu erwarten. Auch der Anbau von Erd-
nüssen hat zugenommen. Im Übrigen werden
nur Früchte für eigenen Bedarf gebaut, in erster
Linie Bananen, die das Hauptnahrungsmittel
bilden, daneben auch Süßkartoffeln, Bohnen und
andere Feldfrüchte. Mehr nach dem Innern zu
wird die Bevölkerung erheblich dünner. Der
nördliche Teil des Bezirks Bukoba ist in acht
voneinander unabhängige Sultanate geteilt:
Buddu, Kisiba, Bugabo, Kyamtwara,
Kyanja, Ihangiro, Karagwe, Ischangu,
die — mit einer Ausnahme — von Abkömm-
lingen der Wahindafamilie beherrscht werden.
Nur das Sultanat Kyamtwara wird von einem
Mhima regiert, nachdem der Wahinda-Sultan
seinerzeit abgesetzt worden war. Das große land-
einwärts gelegene, aber dünn bevölkerte Land
Karagwe, das ehemals gleichfalls von einem
Mhinda beherrscht wurde, ist gegenwärtig durch
Personalunion mit Kyanja, dem Land Kahigis,
vereinigt. Nachdem der letzte Sultan des Landes
in Irrsinn verfallen war, hat der Resident Kahigi
mit der Regierung betraut, der seinerseits die
Verwaltung durch einen seiner Katikiros (Unter-
häuptlinge) führen läßt. Die letzteren gehören
regelmäßig wie die Sultansfamilien der Wahinda
zu den Wahima, die eines Stammes mit den
Watussi sind. Die Zahl der Wahima beträgt
nach Schätzung des Residenten etwa 5 v. H. der
gesamten Bevölkerung. Die übrigen Eingeborenen
werden unter dem Namen Waheia zusammen-
gefaßt. Ihre Sprache ist wie die der unter ihnen
wohnenden Wahima, wie auch der Sultansfamilie
der Wahinda, ausschließlich Kiheia. Daneben
haben die Bewohner der einzelnen Sultanate ihre
besondere Benennung, zum Beispiel werden die
Bewohner von Kisiba Wasiba genannt. Die Ge-
samtzahl der Bewohner dieser acht Sultanate be-
trägt etwa 200 000
Die Verwaltung machte überall einen ge-
ordneten Eindruck. Kahigi insbesondere hat
unter dem Einfluß der Refidentur mit Hilfe des
ihm zufließenden Anteils an den Steuergeldern
verschiedene allgemein nützliche Einrichtungen ge-
troffen, wie Brückenbauten, den Bau einer Schule
und die Beschaffung großer Fährboote für die jetzt
gut funktionierende, früher schwierig zu passierende
Ischangufähre über den Kagera nördlich vom
Ihemasee, die eine dreiviertelstündige Bootsfahrt
erfordert. Man besteigt die Boote an einer
Seitenausbuchtung des Kagera, die auf der Bukoba=
seite des Flusses den ausgedehnten Papyrussumpf
durchschneidet, fährt dann eine Strecke den Kagera
aufwärts, um in einer zweiten schmalen Aus-
buchtung durch den Papyrussumpf fahrend das
Ruanda-Ufer zu erreichen. Bei meinem Marsch
von Bukoba bis zum Kagera begegneten mir
täglich Scharen von Trägern, die Lasten von
Rinderhäuten und Ziegenfellen von Kigali nach
Bukoba herabtrugen. Aus den Waheia, die noch
vor wenigen Jahren als Träger wenig brauchbar
schienen, hat sich unter den veränderten wirtschaft-
lichen Verhältnissen überraschend schnell eine große
Anzahl von Berufsträgern herausgebildet, die
zwischen Bukoba und Kigali, dem Haupthandels-
platz Ruandas, Lasten von dem üblichen Durch-
schnittsgewicht von 60 Pfund und bisweilen selbst
darüber befördern.
Der Bezirk Bukoba bis zum Kagera ist kein
Land für dauernde europöische Besiedelung.
Malaria kommt üÜberall vor, ferner ist Rückfall-
sieber sehr verbreitet. Die Tsetsefliege ist fast
überall, wenn auch meist nicht sehr zahlreich,
vorhanden und erschwert die Viehzucht.
Daß Plantagen bei zweckmäßiger Anlage gut