Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

W 748 20 
gedeihen können, beweist eine bei Bukoba ge- 
legene Plantage, auf der besonders im Kaffeebau- 
sehr Gutes geleistet ist. Allerdings ist unmittelbar 
bei Bukoba das Land so dicht mit Eingeborenen 
befiedelt, daß weitere größere Flächen für Plantagen- 
bau dort nicht vorhanden sind. Einige von Bu- 
koba entfernter liegende Pflanzungen konnte ich 
nicht besichtigen. Im übrigen sind in Bukoba 
einige 30 Europäer vorhanden, darunter Ver- 
treter mehrerer Firmen, die den Handel mit 
Fellen und Häuten betreiben. 
Einen betrüblichen Rückschluß auf die Ver- 
mehrung der Eingeborenenbevölkerung läßt die 
Zahl der Kinder zu. Nach der Statistik kommen 
im ganzen Bezirk Bukoba auf rund 1100000 Frauen 
nur etwa 84 000 Kinder. Die Gründe dieser 
geringen Kinderzahl sind nicht ganz aufgeklärt, 
doch scheint, als ob die weite Verbreitung der 
bereits vor Ankunft der ersten Europäer von 
Uganda nach hier eingeschleppten Syphilis eine 
große Rolle spielt. 
III. Ruanda. 
Am 14. Februar wurde der Kagera bei der 
Ischangufähre mit einigen großen Fährbooten, in 
denen auch die Reittiere Platz fanden, überschritten. 
Der Resident Hauptmann v. Stuemer und Stabs- 
arzt Dr. Brünn traten von hier den Rückmarsch 
nach Bukoba an. In dem ersten Lager, das 
nicht sehr weit von einem Sumpfe entfernt be- 
zogen wurde, wimmelte es, ebenso wie in dem 
letzten Lager auf der Bukobaseite des Kagera, 
von Moskitos. Der nächste Tag führte durch 
menschenleere Gebiete. In der Steppe wurde 
übernachtet. Am folgenden Tage kamen wir nach 
etwa einstündigem Marsche in die dicht bewohnten 
Gebiete von Ruanda, an dessen Grenze mir als 
Abgesandter des Sultans Msinga, einer der 
höchsten Häuptlinge des Landes, Ruwusissi, mit 
zahlreichem Gefolge, sämtlich nur mit einem Hüften- 
tuch und einem über die Schulter geworfenen Tuch 
bekleidet und ihren Speer in der Hand tragend, 
zur Begrüßung entgegenkam. Die bis zu 2 m 
und darüber hohen, schlanken Gestalten der Watusfi, 
ihr Auftreten, ihr Verhältnis zu den unterworfenen 
Wahutu sind in den Werken des Grafen Götzen, 
Dr. Kandt, des Herzogs Adolf Friedrich zu 
Mecklenburg und anderer so eingehend geschildert 
worden, daß ich mir versagen kann, darauf näher 
einzugehen. Von dem Augenblick an, in dem wir 
die ersten Niederlassungen der Eingeborenen er- 
reichten, begleiteten uns große Scharen ausnahms- 
los mit einem Speer bewaffneter Eingeborener 
von Berg zu Berg. Auch unser Lager war immer 
von dichten Mengen von Männern umstanden. 
Weiber habe ich dagegen während meiner ganzen 
Reise durch Ruanda und Urundi nur auf den 
  
Missionen beider Konfessionen und in deren Nähe 
zu Gesicht bekommen. Nach Angabe des Resi- 
denten Dr. Kandt halten die Watussi ihre Weiber 
überhaupt von dem Anblick anderer Männer, auch 
anderer Watussi fern, während bei den Wahutu 
wohl nur die Scheu vor den Fremden dahin führt, 
die Weiber in den Hütten verborgen zu halten. 
Der Marsch bis Kigali, das in Begleitung 
des Residenten Dr. Kandt am 19. Februar er- 
reicht wurde, gewährt täglich dieselben Bilder. 
Auf den Bergen stehen die kleinen Grashütten 
der Eingeborenen von Euphorbienumzäunungen 
umgeben, inmitten der oft recht ausgedehnten 
Anpflanzungen von Bananen, Hirse, Süßkartoffeln, 
Erbsen, Bohnen usw. Auf den Abhängen weiden 
die zahlreichen Herden der großhörnigen Watussi- 
rinder. In den Tälern finden sich sehr häufig 
Papyrussümpfe, durch welche die Bäche ihren Weg 
zum Njawarongo oder zum Mohasisee suchen. 
Vereinzelt ist auch in diesen Sumpfniederungen 
Boden für wohlbewässerte Felder gewonnen worden. 
Das Land ist fast baumlos, man kann die zahl- 
reichen Wege der Eingeborenen, die nicht selten 
unter geschickter Ausnutzung der natürlichen Boden- 
gestaltungen von Berg zu Berg führen, auf weite 
Entfernungen deutlich erkennen. Uberall springt 
in die Augen, daß das Land sehr dicht bevölkert 
ist. Nach Schätzung Dr. Kandts zählt die Be- 
völkerung etwa 2 Millionen Köpfe, davon find 
etwa 40 000 Watussi, die das Land beherrschen, 
der Rest, bis auf eine geringe Zahl von Batwa- 
zwergen, sind Wahutu. 
In dem 1500 m hoch gelegenen Kigali be- 
finden sich die von Dr. Kandt unter Aufwendung 
verhältnismäßig geringer Mittel geschmackvoll aus 
Backsteinen erbaute, geräumige Boma mit den 
Verwaltungsräumen und den Wohnungen der 
Beamten, ferner die Häuser der europäischen Kauf- 
leute und der indischen Händler. Gehandelt 
werden zur Zeit hauptsächlich Rinderhäute und 
Ziegenfelle, ferner in geringem Maße Kautschuk, 
der wohl ausschließlich aus dem Kongo kommt. 
Die Versendung geschieht über Bukoba. Die 
Wahutu haben sich schnell an das Tragen der 
Lasten gewöhnt und gehen im Auftrage der Han- 
delsfirmen mit Häute- und Fellasten nach Bukoba 
herunter. Der überwiegende Teil dieser Trans- 
porte wird allerdings von den Waheia aus dem 
Bukobabezirk besorgt. Zu einem vom Residenten 
veranstalteten Begrüßungsabend war außer den 
sämtlichen anwesenden Europäern auch Pastor 
Johannsen, der Senior der Bielefelder Mission, 
erschienen, dessen nicht weit von Kigali gelegene 
Station ich auf dem Marsch nicht berühren konnte. 
Nach den Mitteilungen des Genannten, der kürzlich 
ein interessantes Buch über Ruandu veröffentlicht 
hat, verhalten sich die Watussi gegen die Be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.