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gedeihen können, beweist eine bei Bukoba ge-
legene Plantage, auf der besonders im Kaffeebau-
sehr Gutes geleistet ist. Allerdings ist unmittelbar
bei Bukoba das Land so dicht mit Eingeborenen
befiedelt, daß weitere größere Flächen für Plantagen-
bau dort nicht vorhanden sind. Einige von Bu-
koba entfernter liegende Pflanzungen konnte ich
nicht besichtigen. Im übrigen sind in Bukoba
einige 30 Europäer vorhanden, darunter Ver-
treter mehrerer Firmen, die den Handel mit
Fellen und Häuten betreiben.
Einen betrüblichen Rückschluß auf die Ver-
mehrung der Eingeborenenbevölkerung läßt die
Zahl der Kinder zu. Nach der Statistik kommen
im ganzen Bezirk Bukoba auf rund 1100000 Frauen
nur etwa 84 000 Kinder. Die Gründe dieser
geringen Kinderzahl sind nicht ganz aufgeklärt,
doch scheint, als ob die weite Verbreitung der
bereits vor Ankunft der ersten Europäer von
Uganda nach hier eingeschleppten Syphilis eine
große Rolle spielt.
III. Ruanda.
Am 14. Februar wurde der Kagera bei der
Ischangufähre mit einigen großen Fährbooten, in
denen auch die Reittiere Platz fanden, überschritten.
Der Resident Hauptmann v. Stuemer und Stabs-
arzt Dr. Brünn traten von hier den Rückmarsch
nach Bukoba an. In dem ersten Lager, das
nicht sehr weit von einem Sumpfe entfernt be-
zogen wurde, wimmelte es, ebenso wie in dem
letzten Lager auf der Bukobaseite des Kagera,
von Moskitos. Der nächste Tag führte durch
menschenleere Gebiete. In der Steppe wurde
übernachtet. Am folgenden Tage kamen wir nach
etwa einstündigem Marsche in die dicht bewohnten
Gebiete von Ruanda, an dessen Grenze mir als
Abgesandter des Sultans Msinga, einer der
höchsten Häuptlinge des Landes, Ruwusissi, mit
zahlreichem Gefolge, sämtlich nur mit einem Hüften-
tuch und einem über die Schulter geworfenen Tuch
bekleidet und ihren Speer in der Hand tragend,
zur Begrüßung entgegenkam. Die bis zu 2 m
und darüber hohen, schlanken Gestalten der Watusfi,
ihr Auftreten, ihr Verhältnis zu den unterworfenen
Wahutu sind in den Werken des Grafen Götzen,
Dr. Kandt, des Herzogs Adolf Friedrich zu
Mecklenburg und anderer so eingehend geschildert
worden, daß ich mir versagen kann, darauf näher
einzugehen. Von dem Augenblick an, in dem wir
die ersten Niederlassungen der Eingeborenen er-
reichten, begleiteten uns große Scharen ausnahms-
los mit einem Speer bewaffneter Eingeborener
von Berg zu Berg. Auch unser Lager war immer
von dichten Mengen von Männern umstanden.
Weiber habe ich dagegen während meiner ganzen
Reise durch Ruanda und Urundi nur auf den
Missionen beider Konfessionen und in deren Nähe
zu Gesicht bekommen. Nach Angabe des Resi-
denten Dr. Kandt halten die Watussi ihre Weiber
überhaupt von dem Anblick anderer Männer, auch
anderer Watussi fern, während bei den Wahutu
wohl nur die Scheu vor den Fremden dahin führt,
die Weiber in den Hütten verborgen zu halten.
Der Marsch bis Kigali, das in Begleitung
des Residenten Dr. Kandt am 19. Februar er-
reicht wurde, gewährt täglich dieselben Bilder.
Auf den Bergen stehen die kleinen Grashütten
der Eingeborenen von Euphorbienumzäunungen
umgeben, inmitten der oft recht ausgedehnten
Anpflanzungen von Bananen, Hirse, Süßkartoffeln,
Erbsen, Bohnen usw. Auf den Abhängen weiden
die zahlreichen Herden der großhörnigen Watussi-
rinder. In den Tälern finden sich sehr häufig
Papyrussümpfe, durch welche die Bäche ihren Weg
zum Njawarongo oder zum Mohasisee suchen.
Vereinzelt ist auch in diesen Sumpfniederungen
Boden für wohlbewässerte Felder gewonnen worden.
Das Land ist fast baumlos, man kann die zahl-
reichen Wege der Eingeborenen, die nicht selten
unter geschickter Ausnutzung der natürlichen Boden-
gestaltungen von Berg zu Berg führen, auf weite
Entfernungen deutlich erkennen. Uberall springt
in die Augen, daß das Land sehr dicht bevölkert
ist. Nach Schätzung Dr. Kandts zählt die Be-
völkerung etwa 2 Millionen Köpfe, davon find
etwa 40 000 Watussi, die das Land beherrschen,
der Rest, bis auf eine geringe Zahl von Batwa-
zwergen, sind Wahutu.
In dem 1500 m hoch gelegenen Kigali be-
finden sich die von Dr. Kandt unter Aufwendung
verhältnismäßig geringer Mittel geschmackvoll aus
Backsteinen erbaute, geräumige Boma mit den
Verwaltungsräumen und den Wohnungen der
Beamten, ferner die Häuser der europäischen Kauf-
leute und der indischen Händler. Gehandelt
werden zur Zeit hauptsächlich Rinderhäute und
Ziegenfelle, ferner in geringem Maße Kautschuk,
der wohl ausschließlich aus dem Kongo kommt.
Die Versendung geschieht über Bukoba. Die
Wahutu haben sich schnell an das Tragen der
Lasten gewöhnt und gehen im Auftrage der Han-
delsfirmen mit Häute- und Fellasten nach Bukoba
herunter. Der überwiegende Teil dieser Trans-
porte wird allerdings von den Waheia aus dem
Bukobabezirk besorgt. Zu einem vom Residenten
veranstalteten Begrüßungsabend war außer den
sämtlichen anwesenden Europäern auch Pastor
Johannsen, der Senior der Bielefelder Mission,
erschienen, dessen nicht weit von Kigali gelegene
Station ich auf dem Marsch nicht berühren konnte.
Nach den Mitteilungen des Genannten, der kürzlich
ein interessantes Buch über Ruandu veröffentlicht
hat, verhalten sich die Watussi gegen die Be-