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Nach einer Auskunft des Zollamts in Kapstadt ist
in dieser Beziehung unter „Südafrika= nicht lediglich
L#eieler egiehm sondern der Teil Südafrikas zu
verstehen, der südlich des Sambesiflusses liegt. Die
vorgenannte Tarifbestimmung findet mithin auch auf
die Einfuhr auf dem Landweg aus Deutsch-Südwest-
afrika Anwendung.
(Nach einem Verichte des Piserl- Generalkonsulats
in Kapstadt.)
Vermischtes.
Die neue iolonlaolelsenbahn-Verkehrsordnung.
Vom Geheimen Oberbaurat Baltzer.
Mit dem 1. Juli d. Is. ist auf allen dem
öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahnen in
unseren afrikanischen Schutzgebieten eine einheit-
liche Kolonialeisenbahn-Verkehrsordnung
(abgekürzte Bezeichnung: KVO.) durch Reichs-
kanzlerverordnung vom 26. Februar 1913 einge-
führt worden. Wie bei der neuen Kolonialbahn-
Bau= und Betriebsordnung") bleiben also die
Schutzgebiete der Südsee, Neuguinea und Samoa,
einstweilen ausgeschlossen. Durch diese Festsetzung
der allgemeinen Beförderungsbedingungen auf den
Schutzgebietsbahnen ist ein wichtiger Schritt zur
Schaffung eines einheitlichen Frachtrechts in un-
seren afrikanischen Schutzgebieten vollzogen und
eine mit der zunehmenden Entwicklung des Eisen-
bahnverkehrs unserer Kolonien immer fühlbarer
werdende Lücke in ihrer Gesetzgebung geschlossen
worden.
Der volle Wortlaut (nebst Anlage A) ist im
Deutschen Kolonialblatt Nr. 5, S. 179 u. ff. des
Jahrgangs 1913 veröffentlicht. Die neue Ver-
ordnung, die seinerzeit den Gouverneuren und
Eisenbahnbetriebspächtern zur Begutachtung vor-
gelegen hat, lehnt sich in ihrer Einteilung und
der Zählung der Paragraphen genau an die hei-
mische Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO.) vom
1. April 1909 (Reichs-Gesetzbl. S. 93 ff.) an, da-
mit die von den heimischen Eisenbahnverwaltungen
in den Kolonialdienst eintretenden Beamten sich
leichter zurechtfinden können. Mit Rücksicht auf
den schwächeren und langsameren Zugdienst, den
meist fehlenden Nachtdienst, die vielfach unbesetzten
Stationen, den weniger zuverlässigen Nachrichten-
dienst, die unentwickelten wirtschaftlichen Verhält-
nisse in den Schutzgebieten weist die neue KVO.
vielfach wesentliche Erleichterungen und Verein-
fachungen gegenüber der heimischen EV0O. auf.
Die §§ 38, 47, 92 und 93 sind sogar in der
KVO. einstweilen ganz ohne Inhalt geblieben.
Anderseits hat man aber die heimischen „all-
gemeinen Ausführungsbestimmungen“ zur
EV0O., die heute bei den heimischen Bahnen seit
geraumer Zeit allgemein gelten, in den Text der
) #Ugl. „D. Kol. Bl.“ 1912, S. 679.
KV0. hineingearbeitet, soweit sie von den ört-
lichen Verhältnissen und Bedürfnissen, vom Klima,
den Arbeiterverhältnissen und dergleichen unab-
hängig sind. Dies dürfte den mit ihrer Hand-
habung befaßten Beamten und Bediensteten eine
wesentliche Erleichterung gewähren, zumal diese
heimischen Ausführungsbestimmungen heute überall
gesetzliche Kraft haben und nach der Rechtsprechung
den Bestimmungen der EV0. selbst in dieser Be-
ziehung völlig gleichstehen. Diese „Ausführungs-
bestimmungen“ sind der Niederschlag langjähriger
Erfahrungen im Eisenbahnverkehrsdienst und be-
kanntlich seinerzeit von der ständigen Tarif-
kommission, bestehend aus Vertretern der deut-
schen Staats= und Privatbahnen, in Gemeinschaft
mit dem Verkehrsausschuß, bestehend aus Ver-
tretern der Industrie, der Landwirtschaft und des
Handels, durchberaten, von der Generalkonfe-
renz der deutschen Eisenbahnverwaltungen unter
dem Vorsitz des preußischen Ministers der öffent-
lichen Arbeiten beschlossen und auf allen deutschen
Eisenbahnen eingeführt worden. Daß sie in der
heimischen EV0O. selbst keine Aufnahme gefunden
haben, dürfte sich wohl aus der geschichtlichen
Entwicklung in Deutschland erklären.
Es war meines Erachtens richtig, in unseren
vier afrikanischen Schutzgebieten trotz der Ver-
schiedenheit ihrer wirtschaftlichen und klimatischen,
Verhältnisse durch Einführung übereinstimmender
gesetzlicher Bestimmungen eine einheitliche
Grundlage für die Entwicklung des Eisenbahn-
verkehrs und des Eisenbahnfrachtrechts zu schaffen.
Dadurch wird zugleich der große Vorteil erreicht,
daß die Schutzgebiete in ihrer wirtschaftlichen
Entwicklung sowohl einander, als auch dem
Mutterlande näher gebracht werden. Beispiels-
weise würde der Gedanke an die Einführung
durchgehender Tarife für die Überseeische
Güterverfrachtung zwischen Mutterland und Schutz-
gebiet, dem man bereits näherzutreten versucht
hat, völlig unausführbar werden, wenn in jedem
Schutzgebiet eine abweichende Verkehrsordnung
bestände. Mögen sich die wirtschaftlichen Verhält-
nisse noch so verschieden entwickeln, die gesetzlichen
Bestimmungen müssen auch hier wie auf anderen
Gebieten einheitlich sein. Das Beispiel von
Deutschland selbst lehrt, daß trotz größter wirt-