Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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r*W’ih sind, das zeigen die Ziffern für das Emirat Kano. 
Vor den Gerichten dieses Emirats wurden 1910/11 
1267 Strassachen und 19 473 Zivilsachen, darunter 
4%20 Weiberpalaver verhandelt. Man geht allmählich 
dazu über, an Stelle der beiden Arten von Ein- 
geborenengerichten den Alkali Court unter mit festem 
Gehalt angestellten Juristen und dem Judicial Couneil 
uiner der Leimung des eingeborenen Machthabers, nur 
die Alkali Coums zu belassen. Der Dualismus in der 
rganisation der Gerichte, der das Nebeneinander= 
beiehen der beiden Arten von Gerichten in einer Stadt 
gestattete, batts nicht immer zufriedenstellende Resultate 
gehabt. Im übrigen haben sich jedoch die eingeborenen 
Richter durchaus bewährt. 
Das Strafverfahren vor dem Supreme Court und 
de m Provincial Court ist durch die Criminal Procedure 
T’rocl. Nr. 12/13 geregelt. Die Mitwirkung einer Jury 
ist ausgeschlossen. Für das materielle Strafrecht ist 
das Recht Englands ausgeschaltet und ähnlich wie in 
der Goldküste ein eigener (Liminal Coele Seschasien 
worden ##gl. The Criminal Code Procl. Nr. 23/04 
Er findet Anwendung bei Geln aller *mmi½ 
die ganz oder teilweise im Protektorat begangen sind. 
Als Strafmittel sind zugelassen: Todesstrafe, Prügel= 
und Rutenstrafe, die eventuell auch auf öffentlichen 
Plätzen vollzogen werden kann, der „Stock“, d. h. die 
Anbindung des Verurteilten in den „Stock- auf öffent- 
lichen Plätzen für eine Stunde an drei uaufeinander 
jolgenden Tagen — das fi impriso d. h. 
der Verurteilte wird bis zu zwei Simnden am Tage 
auf die Dauer von höchstens 21 Tagen in Eisen ge- 
legt oder mit Stricken gefesselt —, Gefängnis, Geld- 
strafe, Deportation, Sicherbeitatesfüng für ordentliches 
und ruhiges Verhalten und Buße. Bemerkenswert ist, 
daß hier also auch allgemein auf Deportation erkannt 
werden kann. Gegen Jugendliche lann an Stelle einer 
anderen Strafe in jedem Falle auf Rutenstrafe erkannt 
werden. Gegen Häuptlinge jeglichen Grades darf keine 
Gefängnis- oder Prügelstrafe vollstreckt werden, ohne 
daß zuvor die 2- Zustimmung des Gonverneurs eingeholt 
wäre. Der Gonverneur ist befugt, die erkannte Strafe 
in Geldstrase umzuändern oder statt ihrer einfach den 
i abausetzen. Diese Bestimmung enthält eine 
zwar durch die Verhältnisse zu rechlfertigende, aber 
geonbchnur Abweichung von dem Grundsatz der Gleich- 
eit aller Personen vor den Gerichten. 
Der Criminal Code ist im übrigen auch außer- 
ordentlich kasuistisch gehalten. Hervorgehoben mag 
Fään. dag alle Religionen ohne Unterschied gleichmäßig 
geschützt werden (ogl. § 186 a. a. O.), daß der Diebstahl 
von Haustieren als qualifizierter Diebstaht bebanoast 
wird (ogl. § 358 Ziffer 3 a. a. O. u ß Post und 
Esenbahndurch Androhung von o 00 Strafen 
dor Beschädigung bewahrt werden. Auch Grausam= 
leiten gegen Tiere sind ähnlich wie in Südnigerien 
durch besondere Proklamation (Nr. 8/07) unter Strafe 
gestellt, und ebenso sind Ordale uer nendn von 
Eisten und einzelne Fetischkulte (Nr. 16/08) und das 
unbefugte Tragen von Uniformen (Nr. 11/01) verboten 
worden. Auch die Verfälschung von Kantschuk 
der- 10/07, die Vernichtung von Bäumen in oder in 
der Nähe der Cantonments (Nr. 10,04), der Verkauf, 
Anfertigung und der Besitz von Giften (Nr. 20/00) 
dn der Sklavenhandel (Nr. 17/07) bilden besondere 
belikte. Die Kollektivstrafen sind, nachdem schon früher 
)1 e Interesse des Schutzes der Telegraphenliyien ähn- 
lshed Sestimmungen erlass en waen (ogl. § 18 der Tel. 
r. 21/02, durch die Collective Punmisdment 
fn g 2/11 ebenso geregell, wie es oben für Süd- 
sgerien geschildert ist. 
Für den Gefängnisbetrieb gelten ähnliche Be- 
  
  
bimmungen wie in Südnigerien (vgl. The Prisons Procl. 
r. 8/02). Das Markensystem ist anwendbar gegen 
nnsi Verurteilte, die mehr als sechs Monate zu 
verbüßen haben. 
C. Privatrecht. 
Die Stlaverei, als gesetlicher Tersonenstand ist 
durch Procl. Nr. 17/07 als r i 
nach dem 31. März 01 lüernbgeis Ander sind frei. 
Das Verbleiben der alten Sklaven innerhalb der Haus- 
nemeinschaften wird hierdurch aber nicht berührt, und 
nur für Nicht-Eingeborene wird der Besit von Sklaven 
oder die Mitwirkung bei der Ergreifung entlaufener 
Sklaven unter Strafe ge estell. Daß der Sklaven- 
handel als solcher verboten ist, ist schon #19 . 
zum Zwecke des Handels in die Kolonie gebrachten 
Sklaven sind ipso facto frei. Eine Entschädigung wird 
an den bisherigen Besitzer nicht gezahlt. 
Arbeitsverträge und Anwerbung von Arbeitern für 
Dienste außerhalb des Protektorats oder der eigent- 
lichen Heimat unterliegen Stplichen, Sestimmungen wie 
in Südnigerien und in der Gol 
Übelstände, die sich begüglich S- Kontrolle des ein- 
deborenen Hanspersonals zeigten, führten zum Erlaß 
einer Art Gesindeordnung. Nach der Licensing of 
Servants Procl. Nr. 105 ist zur Übernahme von Diensten 
als Hausgesinde diej 
scheines notwendig. Übelbeleumundeten Leuten, ins- 
besondere auch solchen, die wegen Diebstahls oder ver- 
wandter Delikte bestraft sind, wird die Berechtigung 
vorenthalten und damit die weitere Tätigkeit als Haus- 
personal im Protektorat unmöglich gemacht. 
Die Landfrage ist in Nordnigerien auf eine ein- 
heitliche großzügige Weise geregelt worden, die darauf 
abzielt, den Eingeborenen ihren Landsitz zu erhalten, 
und Bodenspekulationen und mißbräuchliche Ausnützung 
der Eingeborenen zu verhindern. Nordnigerien geht 
serbei wesentlich weiter, wie die übrigen europäischen 
lonien an der BWestküste. Es gibt wohl keinen 
größeren Gegensatz in der englischen Holonialoalitil 
wie die Politik des „laisser-knire# der früheren Zeiten 
ind die in jener Proklamation aufgestellte Autokratie 
des Gouverneurs auch auf diesem wichtigen Gebiet des 
Privatrechts. 
Die Grundsätze der Land and Native Righte Procl. 
sind folgende: 
1. Der gesamte Grund und Boden Nordnigeriens 
wird ohne Rücksicht darauf, ob er in Besitz ge- 
nommen ist oder nicht, vom Tage des Inkraft- 
retens der Proklamation zum Eingeborenen- 
and erklärt. Vorher wohlerworbene Rechte 
Dritter werden gewahrt; 
Das gesamte Land wird der Kontrolle des 
ouverneurs unterstellt, der es im Interesse der 
eingeborenen Nordnigeriens verwaltet. Irgend- 
welche Besitz= und Nutzungsrechte können nur 
mit Zustimmung des Gouverneurs erworben 
wer 
. Der Geverneur hat bei Ausübung dieser Be- 
fugnis das maßgebende Stammesrecht anzu- 
wenden. Diese Bestimmung wird insofern etwas 
eingeschränkt, als besondere Vorschriften für die 
Registrierung der Techte In Lande gegeben 
werden ivgl. Proel. Nr. 
. Einzeleigentum an Land öt es pigt mehr. es 
gibt nur noch Besitzrechte (Rigt of Occupancy); 
4. Der Gouverneur ist befugt, derartige Besihrechte 
auf Zeit oder unbestimmte Zeit an Eingeborene 
oder Nicht-Eingeborene zu verleihen und von 
ihnen eine jährliche Grundrente, deren Betra 
alle 7 Jahre nachgeprüft und eventuell erhöht 
  
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