Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Gegner im Augenblick, als wir vorbeigingen, noch 
nicht mit dem Gewehre ganz fertig gewesen und 
daher uns Europäer nicht hatte beschießen können. 
Die zahlreichen Schüsse auf den fliehenden Gegner 
find meines Erachtens ohne Erfolg gewesen. Es 
war ein Glück für den Schützen, daß er in die 
Trägerkarawane geschossen hat. Hätte er auf die 
Spitze gefeuert, so wäre er wohl gefangen worden, 
da die Soldaten der Spitze die Verfolgung hätten 
aufnehmen können. Die Soldaten der Träger- 
karawane hatten strengsten Befehl, die Karawane 
nicht zu verlassen. In dem Moment, in dem 
die Soldaten einem Gegner in den Busch gefolgt 
wären, würden die Träger nach der anderen 
Seite davongelaufen sein. Daß die Ainsok- 
Leute uns folgten bzw. uns vorauseilten, konnten 
wir aus den zahlreichen frischen Fußspuren er- 
sehen. Der Weg führte über den Mwo, sehr 
zu unserem Leidwesen zunächst in fast nördlicher, 
später nordöstlicher Richtung, dann den Mwo 
aufwärts zum Dorfe Nkore. 
In der etwa 1 km hinter uns marschierenden 
Trägerkarawane begann eine Strecke vor Nkore 
ein Träger durch lautes Trillern die Bewohner 
von Nkore auf unser Kommen aufmerksam zu 
machen. Der die Aussicht führende Gefreite unter- 
sagte ihm dies zunächst, dann warf dieser Träger 
die Last weg und suchte zu entkommen. Der 
verfolgende Soldat hat ihn nicht erreichen können 
und ihn erschossen. 
Diese drakonische Maßregel war notwendig. 
Es war den Trägern ausdrücklich vorher einge- 
schärft, daß jeder, der mit dem Feinde gemein- 
same Sache mache oder der entliefe oder zu ent- 
laufen versuche, erschossen würde. 
Eine Aussicht, neue Träger zu erhalten, war 
nicht vorhanden. Eine Aufgabe des Gepäcks 
wäre verhängnisvoll gewesen. Es mußte mit 
den schärfsten Mitteln versucht werden, die Träger 
zusammenzuhalten. 
Auch bei Nkore lagen die Bewohner auf 
der Wache. Es wurden einige Schüsse gewechselt, 
beiderseits ohne Verluste. Dies war günstig, denn 
so gelang es, mit den in die benachbarten Farmen 
geflüchteten Dorfbewohnern in Verhandlungen zu 
treten und sie nach langem Zureden zur Rückkehr 
zu bewegen. Sie erklärten, mit den Ainsok- 
Leuten keine gemeinschaftliche Sache machen zu 
wollen. Die Bewohner gewannen Zutrauen und 
führten uns den nächsten Tag auf Schleichwegen 
über Nkut nach Njanam. 
Die Führer gaben später zu, den besseren 
Weg nicht gegangen zu sein, da sie befürchtet 
hätten, dort würden wir von den Ainsok-Leuten 
beschossen. 
Ich schickte stets einige Dorfbewohner zum 
nächsten Dorf voraus, um anzusagen, daß wir in 
  
friedlicher Absicht kämen. Das hat sich gut be- 
währt. Auch diesen Tag ging es, wie wir nach 
den Routenaufnahmen feststellen konnten, nord- 
östlich. Wir vermuteten, daß wir allmählich in 
das spanische Gebiet abgedrängt würden. Außer- 
lich machte sich dies schon in der Haltung der 
Bevölkerung bemerkbar. Die Eingeborenen waren 
selbstbewußter, um nicht zu sagen anmaßender. 
Jeder hatte sein Gewehr in der Hand, welches 
er niemals weglegte. 
In Njanam, einem sehr volkreichen Dorfe, 
entliefen nachts durch ein Loch, welches sich die 
Leute aus der Hütte gegraben hatten, drei Träger 
bzw. Gefangene, so daß wir vom Häuptling von 
Njanam Ersatzträger anfordern mußten. Der 
Häuptling, wahrscheinlich verhetzt durch die ent- 
laufenen Träger, machte große Schwierigkeiten, 
es bedurfte einer dreistündigen Verhandlung, wo- 
bei die Dorfmannschaft bewaffnet in den Farmen 
um uns herumstand, um nach Hingabe von Ge- 
schenken, Tüchern, Haumessern und Tabak zwei 
Ersatzträger und einen Führer zu erhalten. Im 
nächsten Dorf, in dem alle Bewohner geflüchtet 
waren, ging der eine Führer unter der Vorgabe, 
die Dorfbewohner zu rufen, in die Farmen, ver- 
schwand dann aber und kam nicht zurück. Es 
gelang aber schließlich, einen Ersatzführer aus 
diesem Dorfe zu erhalten. Auf längeres Rufen 
waren zwei bewaffnete Männer aus den Farmen 
gekommen. Es sind dies Dörfer, deren Bewohner 
im wildesten Urzustande sind. Wie unüberlegt, 
jäahzornig und wild die Leute sein können, erhellt 
am besten daraus, daß einer der Ersatzträger, der 
sein Gewehr und Haumesser mit sich hatte und 
vor mir marschierte, beim Weitermarsch plötzlich 
aus mir unerklärlichem Grunde mit seinem Hau- 
messer auf den Dolmetscher und einen Soldaten 
einzuhauen begann. Er schlug den Soldaten zu- 
nächst auf den Kopf, verwundete ihn dann am 
Arm, der Soldat sprang darauf zurück, legte an 
und erschoß ihn. Es spielte sich dies nur 1 m 
von mir und so schnell ab, daß ich selbst nur 
Zeit hatte, vor dem wild um sich hauenden 
Träger und dann vor dem anlegenden Soldaten 
etwas zur Seite zu springen, ich wurde noch 
von dem Blut des Erschossenen am Arm bespritzt. 
Gleichzeitig sprang der Führer in den Busch. 
Es war ein bewaffneter Mann. Nach dem Vor- 
fall mit dem Träger war anzunehmen, daß dieser 
Führer alsbald sein Gewehr auf die Karawane 
abgefeuert und dann die ganze Dorfmannschaft 
zu unserer Verfolgung gehetzt hätte. Der nach- 
folgende Soldat erreichte ihn nicht und erschoß ihn. 
Das nächste Dorf, welches wir erreichten, war 
Akuas I. Sämtliche Bewohner waren entlaufen. 
Kaum hatten wir das Dorf verlossen, als gleich- 
zeitig auf die Trägerkarawane und auf uns,
	        
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