Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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habe ihn häufig geschlagen und ihm Lohnabzüge 
in Aussicht gestellt.) Aus Rache dafür habe er 
auf dem Marsche am 21. Juni den Plan gefaßt, 
seinen Herrn während der Mittagsruhe zu töten. 
Heinrich war sich wohl bewußt, daß ihm diese 
Tat das Leben kosten könnte. Aber er überlegte 
so: Ein Weißer ist nicht bei der Abteilung, und 
die Schwarzen werden mir schon glauben, wenn 
ich ihnen einen Selbstmord meines Herrn vor- 
täusche. 
Der Gefreite Ssoroma hat dann mit großer 
Umsicht gehandelt. Zwei Soldaten mit der Mel- 
dung entsandte er nach der nächsten Station 
Bumo, Hauptmann von Raven; den Körper 
des Ermordeten ließ er in Bettücher wickeln und 
barg ihn in einem aus Kisten hergestellten Sarge. 
Darauf marschierte er nach dem großen Dorf 
Kaitia am westlichen Longone und erwartete 
das Eintreffen eines Europäers. Er beerdigte 
den Ermordeten in Kaitia, umgab das Grab 
mit einem Zaun und erteilte dem Dorfhäuptling 
den Auftrag, die Grabstelle von Gras und Strauch- 
wuchs freizuhalten. Auch gab er den Dorfleuten 
einen Lohn in Tauschartikeln für die Instand- 
haltung des Grabes. 
Nach etwa zehn Tagen traf Hauptmann von 
Raven in Kaitia ein, nahm über die Vorgänge 
ein Protokoll auf und sandte die Abteilung sowie 
den Mörder unter Führung des Gefreiten Sso- 
roma nach Garua. 
Der Mörder wurde dem Residenten Haupt- 
mann Schwarz übergeben, der das gerichtliche 
Verfahren wegen Mordes gegen ihn einleitete. 
Am 25. Juli wurde durch ein unter dem Vorsitz 
des Residenten gebildetes Gericht das Todesurteil 
gegen Heinrich gefällt und bald danach voll- 
streckt. 
Der Nachlaß des Ermordeten ist aufgenommen 
und wird durch mich dem zuständigen Nachlaß- 
gericht übergeben werden.“ 
Die landwirtschaftliche Schule in Victoria. 
Über den Stand der Entwicklung der Schule 
berichtet das Gouvernement folgendes: 
Nachdem nunmehr zweijährige Erfahrungen 
vorliegen, hat sich die Notwendigkeit und Möglich- 
keit ergeben, die Angelegenheiten der Landwirt- 
*) Nach dem Urteil von Teilnehmern an einer 
ostafrikanischen Forschungsexpedition, der Dr. Houy 
als Zoologe und Arzt angehörte, erscheinen diese An- 
aben des Togodieners sehr unglaubwürdig. Dr. Houy 
at sich siets als ein ruhiger, besonnener Mensch ge- 
zeigt, der sein farbiges Personal stets wohlwollend 
und gerecht behandelte. 
  
schaftsschule an der Versuchsanstalt für Landes- 
kultur in Victoria endgültig zu regeln und durch 
eine Schulordnung (siehe Anlage 1) festzulegen. 
Vor dem Eintritt in die Schule schließt der 
Leiter der Versuchsanstalt als Bevollmächtigter 
des Gouvernements mit dem Vater oder Vor- 
mund des Schülers einen Vertrag (siehe An- 
lage 2). 
Der innere Dienst der Schule wird durch eine 
Hausordnung geregelt (siehe Anlage 3). 
Die bisher mit der Schuls gemachten Er- 
fahrungen sind recht günstig gewesen. Jedoch 
machte es bisher einige Mühe, Ersatz zu beschaffen. 
Um die Freudigkeit der Jungen zum Eintritt in 
die Schule zu heben, ist der dreijährige Lehrgang 
in einen zweijährigen umgewandelt worden. Der 
Lehrstoff wird sich auch in dieser Zeit bewältigen 
lassen. Auch die sichere Aussicht, nach Absolvierung 
der Schule eine geachtete, gut bezahlte Stellung 
im Dienste des Gouvernements zu erhalten, trägt 
in Zukunft sicherlich zur Erleichterung des Ersatz- 
geschäftes bei. 
Die bisher ausgebildeten Schüler haben überall 
Gutes geleistet, so daß ein Erfolg der Schul- 
ausbildung erkennbar ist. Es sind tätig: Je 
2 Schüler als Gehilfen der beiden Baumwoll- 
versuchsstationen Kuti und Pittoa, je 2 bei den 
Kakaoinspektionen in Duala, Jabassi und Rio 
del Rey, 2 auf der Station Bamenda, 1 bei 
dem Bezirksamt Edea, 2 sind noch in Victoria, 
von denen einer als Gehilfe bei den Düngungs- 
versuchen verwendet wird. Auch Pflanzungen 
haben Schüler auf kurze Zeit zur Anlernung der 
Arbeiter im Kautschulzapfen erbeten. Die Schüler 
haben sich dort gleichfalls bewährt. 
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß 
sich die landwirtschaftliche Schule in Victoria bisher 
als sehr segensreiche Einrichtung erwiesen hat, 
und daß ihre weitere Tätigkeit für das Schutz- 
gebiet Gutes erhoffen läßt. 
# * 
Anlage 1. 
Schulordnung für die landwulrtschaftliche Schule 
in Victoria. 
§* 1. Zweck der Schule. 
Die landwirtschaftliche Schule in Victoria hat 
den Zweck, Eingeborene des Schutzgebietes Kamerun 
zu landwirtschaftlichen Gehilfen auszubilden. 
§ 2. Leitung. 
Der Vorstand der Schule ist der Leiter der 
Versuchsanstalt, dem alle an der Schule tätigen 
Beamten unterstellt find.
	        
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