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habe ihn häufig geschlagen und ihm Lohnabzüge
in Aussicht gestellt.) Aus Rache dafür habe er
auf dem Marsche am 21. Juni den Plan gefaßt,
seinen Herrn während der Mittagsruhe zu töten.
Heinrich war sich wohl bewußt, daß ihm diese
Tat das Leben kosten könnte. Aber er überlegte
so: Ein Weißer ist nicht bei der Abteilung, und
die Schwarzen werden mir schon glauben, wenn
ich ihnen einen Selbstmord meines Herrn vor-
täusche.
Der Gefreite Ssoroma hat dann mit großer
Umsicht gehandelt. Zwei Soldaten mit der Mel-
dung entsandte er nach der nächsten Station
Bumo, Hauptmann von Raven; den Körper
des Ermordeten ließ er in Bettücher wickeln und
barg ihn in einem aus Kisten hergestellten Sarge.
Darauf marschierte er nach dem großen Dorf
Kaitia am westlichen Longone und erwartete
das Eintreffen eines Europäers. Er beerdigte
den Ermordeten in Kaitia, umgab das Grab
mit einem Zaun und erteilte dem Dorfhäuptling
den Auftrag, die Grabstelle von Gras und Strauch-
wuchs freizuhalten. Auch gab er den Dorfleuten
einen Lohn in Tauschartikeln für die Instand-
haltung des Grabes.
Nach etwa zehn Tagen traf Hauptmann von
Raven in Kaitia ein, nahm über die Vorgänge
ein Protokoll auf und sandte die Abteilung sowie
den Mörder unter Führung des Gefreiten Sso-
roma nach Garua.
Der Mörder wurde dem Residenten Haupt-
mann Schwarz übergeben, der das gerichtliche
Verfahren wegen Mordes gegen ihn einleitete.
Am 25. Juli wurde durch ein unter dem Vorsitz
des Residenten gebildetes Gericht das Todesurteil
gegen Heinrich gefällt und bald danach voll-
streckt.
Der Nachlaß des Ermordeten ist aufgenommen
und wird durch mich dem zuständigen Nachlaß-
gericht übergeben werden.“
Die landwirtschaftliche Schule in Victoria.
Über den Stand der Entwicklung der Schule
berichtet das Gouvernement folgendes:
Nachdem nunmehr zweijährige Erfahrungen
vorliegen, hat sich die Notwendigkeit und Möglich-
keit ergeben, die Angelegenheiten der Landwirt-
*) Nach dem Urteil von Teilnehmern an einer
ostafrikanischen Forschungsexpedition, der Dr. Houy
als Zoologe und Arzt angehörte, erscheinen diese An-
aben des Togodieners sehr unglaubwürdig. Dr. Houy
at sich siets als ein ruhiger, besonnener Mensch ge-
zeigt, der sein farbiges Personal stets wohlwollend
und gerecht behandelte.
schaftsschule an der Versuchsanstalt für Landes-
kultur in Victoria endgültig zu regeln und durch
eine Schulordnung (siehe Anlage 1) festzulegen.
Vor dem Eintritt in die Schule schließt der
Leiter der Versuchsanstalt als Bevollmächtigter
des Gouvernements mit dem Vater oder Vor-
mund des Schülers einen Vertrag (siehe An-
lage 2).
Der innere Dienst der Schule wird durch eine
Hausordnung geregelt (siehe Anlage 3).
Die bisher mit der Schuls gemachten Er-
fahrungen sind recht günstig gewesen. Jedoch
machte es bisher einige Mühe, Ersatz zu beschaffen.
Um die Freudigkeit der Jungen zum Eintritt in
die Schule zu heben, ist der dreijährige Lehrgang
in einen zweijährigen umgewandelt worden. Der
Lehrstoff wird sich auch in dieser Zeit bewältigen
lassen. Auch die sichere Aussicht, nach Absolvierung
der Schule eine geachtete, gut bezahlte Stellung
im Dienste des Gouvernements zu erhalten, trägt
in Zukunft sicherlich zur Erleichterung des Ersatz-
geschäftes bei.
Die bisher ausgebildeten Schüler haben überall
Gutes geleistet, so daß ein Erfolg der Schul-
ausbildung erkennbar ist. Es sind tätig: Je
2 Schüler als Gehilfen der beiden Baumwoll-
versuchsstationen Kuti und Pittoa, je 2 bei den
Kakaoinspektionen in Duala, Jabassi und Rio
del Rey, 2 auf der Station Bamenda, 1 bei
dem Bezirksamt Edea, 2 sind noch in Victoria,
von denen einer als Gehilfe bei den Düngungs-
versuchen verwendet wird. Auch Pflanzungen
haben Schüler auf kurze Zeit zur Anlernung der
Arbeiter im Kautschulzapfen erbeten. Die Schüler
haben sich dort gleichfalls bewährt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, daß
sich die landwirtschaftliche Schule in Victoria bisher
als sehr segensreiche Einrichtung erwiesen hat,
und daß ihre weitere Tätigkeit für das Schutz-
gebiet Gutes erhoffen läßt.
# *
Anlage 1.
Schulordnung für die landwulrtschaftliche Schule
in Victoria.
§* 1. Zweck der Schule.
Die landwirtschaftliche Schule in Victoria hat
den Zweck, Eingeborene des Schutzgebietes Kamerun
zu landwirtschaftlichen Gehilfen auszubilden.
§ 2. Leitung.
Der Vorstand der Schule ist der Leiter der
Versuchsanstalt, dem alle an der Schule tätigen
Beamten unterstellt find.