Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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oben hin fortzuschreiten. Die Pflanzenreihen 
werden in etwa 1m Abstand angelegt, und zwar 
verlaufen die Reihen in 90 bis 135° zur Wind- 
richtung. Vorstehende Abb. 3 zeigt in sche- 
matischer Darstellung (im Querschnitt) die ab- 
gleichende Wirkung der Bepflanzung auf die 
Dünengestalt nach Verlauf einiger Jahre; die 
gestrichelte Linie gibt die ehemalige Gestalt des 
Dünenkamms bei Beginn der Bepflanzung an. 
Neuanpflanzungen müssen mehrere Jahre hindurch 
alljährlich revidiert und durch Nachpflanzung er- 
gänzt werden, wenn man nicht Gefahr laufen 
will, daß sie allmählich zerstört werden; denn 
sporadische Reste einer Bepflanzung haben für 
die Festlegung keinen Wert, zumal auch des- 
wegen, weil dann die natürliche Ansamung 
sonstiger Dünenbewohner nur unvollkommen er- 
folgt. 
Wie auf der Nehrung, so hat man auch in 
Transkaspien — abgesehen von den noch im 
Gange befindlichen Versuchen mit Saxaul — die 
Erfahrung gemacht, daß die künstliche Be- 
festigung der Dünen stets mit Anpflanzung 
zu beginnen hat, direkte Aussaat in den 
Dünensand dagegen zu verwerfen ist. So- 
weit letztere überhaupt zu Erfolgen führt, sind 
diese unsicher und lückenhaft; eine exakte Be- 
festigungsarbeit muß daher von solchem Ver- 
fahren absehen. 
Anderseits spielt — wie überall bei der 
Festlegung von Wanderdünen — auch hier die 
natürliche Bindung des Sandes durch 
Ansamung von Ansiedlern im Gefolge der 
künstlichen Bepflanzung eine große Rolle. 
Die Befestigungsarbeit wird dadurch von der 
Natur wirkungsvoll unterstützt. 
Zunächst tragen die vorerwähnten Gewächse 
neben ihrer Funktion als künstlich eingebrachte 
Bollwerke der Sandbindung auch durch natürliche 
Aussaat und Bestockung zur Bindung des Dünen- 
sandes bei. So werden zur Zeit der Samenreife 
enorme Mengen der leichten Früchte von Calli= 
gonum und Salsola vom Winde verschleppt, und 
viele von ihnen fassen im Sande festen Fuß. 
Z. B. haben sich diese beiden Gewächse in Lee der 
Befestigungszone von Farab auf 2 bis 3 km 
weit bis zu dichten Gestrüppen angesiedelt. 
Außerdem ist aber hier noch eine Gattung von 
Holzgewächsen zu nennen, die sich stellenweise, 
z. B. bei Farab, in den Kehlen festgelegter 
Dünen oder an Bahndämmen findet, nämlich 
Tamarix. Namentlich T. laxa Willd. ist hier 
häufiger vertreten.) 
Zur Bindung von Flugsand ist Tamarix 
jedoch nicht zu verwerten. 
*) Abb. bei Bessey a. a. O. Taf. 9. 
  
Eine weit wichtigere Rolle unter den An- 
siedlern spielen gewisse Gräser, insbesondere 
Aristida pennata Trin. (A. pungens Desf. 
var. pennata Trautv.). Diese in den Dünen 
ungemein häufig vorkommende Pflanze darf als 
„primärer“ Ansiedler bezeichnet werden; d. h. 
sie bestockt schon den beweglichen Sand, dient 
also mit zu dessen „Beruhigung“. Sie wurde 
ebenso wie Elymus giganteus Vahl in 
früheren Jahren auch zu Anpflanzungen heran- 
gezogen; aber beide Gräser haben sich für diesen 
Zweck nicht bewährt. Die Gründe dafür sind 
noch nicht klargestellt. Jedenfalls beweisen diese 
negativen Resultate, daß es nicht unter allen 
Umständen Erfolg verspricht, die peren- 
nierenden Komponenten der natürlichen 
Vegetation eines Wanderdünenterrains 
auch zur künstlichen Festlegung zu ver- 
wenden. 
Aristida bildet wie Calligonum, Salsola und 
andere Wüstenpflanzen zweierlei Wurzeln: solche, 
die bis 2 m tief und noch tiefer senkrecht in den 
Boden gehen, und andere, bis 10 m lange, die 
fast horizontal nahe unter der Oberfläche ver- 
laufen.“) 
In der Pflanzschule von Farab sah ich junge 
Aristida-Pflanzen mit je einem dichten Bündel 
von bis 2 m langen, senkrecht verlaufenden 
Wurzeln. An diesen Exemplaren waren die 
Oberflächenwurzeln noch nicht gebildet worden. 
Die Wurzeln besitzen einen dünnen, nur 1 bis 2 mm 
im Durchmesser starken zentralen Holzkörper und 
eine dicke fleischige Rinde. Diese Rinde fühlt 
sich in frischem Zustande stets feucht an und ist 
von einem Mantel von Haaren und diesen an- 
klebender Sandkörnchen umgeben. Wenn man 
bedenkt, daß zur Sommerzeit die oberflächlichen 
Schichten des Dünensandes eine Temperatur von 
70 bis 75° C erreichen, so leuchtet ohne weiteres 
der Nutzen des Saftreichtums der Rinde als 
Schutzmittel gegen Austrocknung ein. 
Saat von Aristida zu bekommen, soll außer- 
ordentlich schwierig sein; vermutlich wird der 
*) Paletzky hat (nach Bessey a. a. O.) die An- 
sicht ausgesprochen, daß die senkrecht in den Boden 
gehenden Wurzeln als „Nahrungswurzeln“ der Nähr- 
stoffaufnahme, die oberflächlich auslaufenden als 
zUukerwurzeln der Befestigung der Pflanze zu dienen 
diese Deutung zutrifft, erscheint mir 
haen. Denn die senkrecht verlaufenden Wurzeln 
bewirken an und für sich schon eine so feste Ver- 
ankerung im Boden, daß es einer weiteren Befestigun 
kaum bedarf. azu kommt, daß die „Ankerwurzeln“ 
kaum imstande sein dürften, im lockeren Dünensande 
eine Verankerung, zu ermöglichen. Viel eher ist an- 
zunehmen, daß diese Organe bei Niederschlägen und 
Taubildung ensass Feuchtigkeit und Nährstoffe auf- 
zunehmen bestimmt sind, also in dieser Richtung für 
das Dasein der Pflanze eine Rückversicherung gewähren. 
 
	        
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