Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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und vergiftet, Wurfmessern, Gras= und Fellschilden. 
Als Kriegsschmuck werden ein Bündel Hahnen- 
federn im Haar getragen. Männer und Weiber 
üben Beschneidung. 
Über Granitplatten stiegen wir nach Para 
Poro hinan und erreichten zwischen Geröll und 
Felsen das — entsprechend dem Raummangel — 
in einzelnen Gehöften zerstreut liegende Dorf. 
Bei den Hütten, den üblichen Rundhütten, hatten 
die Leute ihre wertvollsten Feldfrüchte: Mais, 
Erdnuß, Flachs, Kürbis, Baumwolle, einige 
Blattgemüse, während ihre Farmen, Kassada und 
Durra dem Fremden unsichtbar, in den Schluchten 
lagen. Die Erde wird durch Steinwälle vor 
dem Abspülen geschützt und war oft erst vom 
Tale heraufgebracht. Der Zugang zu den Hütten 
war, soweit überhaupt noch erforderlich, durch 
Steinwälle geschützt. Alles in allem hatte man 
den Eindruck, daß die Bevölkerung stets sowohl 
zur Verteidigung wie zur Flucht in ihre Höhlen 
bereit sei. Darum befand sich auch nichts Wert- 
volles in den Hütten. 
Im Laufe des Tages meldete sich noch eine 
Reihe von Kare-Häuptlingen westlich der Straße. 
Lediglich der von Janga verzichtete trotz Auf- 
forderung. Der Grund scheint mir nicht ganz 
unklar. Nach den zahlreichen, bei ihm erhandelten 
Schmuckgegenständen muß er über eine Menge 
Kupfer verfügen, dessen Verlust er fürchtet. Aber 
auch aus Osten kamen einzelne Häuptlinge, aller- 
dings nur solche, die unmittelbar nördlich des 
Uam wohnen. Mit Flaggen, Münztafeln, Aus- 
weisen zogen sie von dannen. Ob sie nun wirk- 
lich als regierungsfreundlich zu betrachten sind, 
wird sich in Zukunft zeigen, wenn irgendwelche 
Anforderungen an sie gestellt werden. Immerhin 
war interessant, daß sich auch einzelne darunter 
befanden, die sich den Franzosen noch nicht ge- 
stellt hatten. 
Am nächsten Tage zogen wir durch einen 
schmalen Gebirgspaß nach Tari zu dem Häupt- 
ling Maede, der unsere Hilfe erbeten hatte. 
Gegen 10 Uhr vormittags kamen wir an. Die 
Bevölkerung, über 200 Männer und Weiber, 
empfing uns auf ihrem mit ausnehmend großen 
Granitplatten gekrönten Berge und zeigte die 
Freude über unser Kommen durch Gesang und 
Tanz. 
Wir begaben uns sogleich auf den höchsten 
Punkt. Der Berg Tari bildet den Abschluß des 
Gebirges nach Norden, das sich in nordwestlicher 
Richtung weiter erstreckt. Bis zum Nana breitet 
sich eine Ebene aus, aus welcher einzelne Berge 
wie Lia, Bukun, Ssenge als Inselberge steil 
herausragen. Letzterer lag nur 3 km in öst- 
licher Richtung entfernt und hat ungefähr 400 m 
rel. Höhe. In der Ebene zwischen Ssenge und 
  
Tari liegen die beiderseitigen Farmen, in denen 
der Überfall stattgefunden hatte. Ssenge besteht 
aus zwei Kuppen, die durch einen Sattel ver- 
bunden sind. Kaum waren wir auf der Höhe, 
als drüben an 50 Mann auf den Steinen er- 
schienen, die uns unter Schwenken ihrer Speere 
freundlichst zuriefen, wir sollten nur kommen. 
Einen Boten, den ich zu ihnen sandte, um ihnen 
Vernunft zu predigen, verjagten sie mit Pfeilen. 
Dieser hatte gesehen, daß sie Weiber und Kinder 
nach Osten abschoben und Wasser und Lebens- 
mittel in die Höhlen brachten. Es mußte daher 
zur Züchtigung der Leute geschritten werden. 
Um 1 Uhr nachmittags marschierte der farbige 
Feldwebel Boima mit 10 Mann ab, um ästlich 
des Berges Aufstellung zu nehmen, um 2 Uhr 
Leutnant Naumann mit 10 Mann nach dem 
Südhange, ich mit 10 Mann nach dem Nord- 
hange des Berges; 5 Mann blieben bei dem 
Gepäck. Um 3 Uhr wurde allgemein der Berg 
erklommen. Besonders am steilen Nordhange 
war dies recht schwierig, da durch Kamine und 
Höhlen geklettert werden mußte, die so eng waren, 
daß die Mannschaft ihre Patronentaschen ablegen 
mußte. Einige Pfeile kamen, ohne Schaden an- 
zurichten, herab, jedoch vom Gegner war nichts 
zu sehen. 
Gegen 5 Uhr war alles auf dem Berge, 
jedoch der Gegner war spurlos verschwunden, 
bis endlich beim näheren Absuchen aus einer 
Höhle auf einen Soldaten geschossen wurde. 
Leutnant Naumann, der in der Nähe war, 
ließ sie umstellen, wobei er einen Pfeilschuß 
in den rechten Zeigesinger und einen Streif- 
schuß in den rechten Unterarm erhielt, beides 
Wunden, die nach 3 Tagen geheilt waren. Die 
Höhlen, die sich unter einem Granitkegel von 
100 am befanden und vier Ausgänge zeigten, 
wurden nun umstellt. Wir hatten einen guten 
Fang getan, denn aus dem Innern tönte die 
Stimme des Häuptlings, der uns zurief, wir 
sollten nur gehen, denn die Franzosen--hätten 
ihn hier schon dreimal vergeblich belagert; dem 
uns begleitenden Häuptling Maede rief er zu, 
er würde ihn, weil er uns geführt habe, tot- 
schlagen. 
Da es mittlerweile Nacht geworden war, 
zogen wir das Gepäck nach. Am nächsten Tage 
erhielten die Soldaten Fellschilde, und es wurde 
nun von allen Seiten, nachdem der Gegner, der 
dauernd aus dem Dunkel mit Pfeilen schoß, durch 
Brand vertrieben war, langsam in das Labyrinth 
von Höhlen und Spalten eingedrungen. Der 
Gegner ergab sich trotz vieler Aufforderungen 
nicht. Jede derselben beantwortete er unter 
Hohnlachen mit einem Pfeil= und Steinregen- 
Es gelang uns wenigstens, zwei Kinder unversehrt
	        
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