Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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herauszuholen, während sich die übrigen, neun 
Männer, bis zum letzten Atemzug verteidigten. 
An ein Ergreifen war nicht zu denken, da sie im 
Dunkel der Höhlen nicht zu sehen waren und 
dauernd ihre Pfeile abschossen. 
Gegen 5 Uhr waren wir im Besitz der Höhlen, 
wobei nur zwei Soldaten leicht verwundet worden 
waren, nachdem wir uns ohne Ruhe über 24 Stun- 
den darum bemüht hatten. 
Den nächsten Morgen gingen wir nach Tari 
zurück. Durch eines der gefangenen Kinder ließ 
ich den Bruder des gefallenen Häuptlings rufen. 
Dieser erschien bald und wurde nun zum Häupt- 
ling eingesetzt. Es wurde ihm die Gestellung von 
10 Arbeitern auferlegt, die er auch im Laufe des 
Tages brachte. 
Am nächsten Tage verließen wir die Vieh- 
straße, um nach Nordosten auf den aus der Ebene 
ragenden Berg Bukun zu marschieren. Viel 
mehr als den Namen wußten die Leute von Tari 
und Ssenge auch nicht, denn aus Furcht vor den 
Nachbardörfern wagt sich hier niemand von seinem 
Berge hinunter. 
Gegen 11 Uhr vormittags erreichten wir den 
Berg Bukun. Da der vorausgesandte Häupt- 
ling Maede meldete, es sei alles auf dem Gipfel 
des Berges geflohen, ließ ich an seinem Fuße 
halten und erstieg ihn selbst unbewaffnet mit nur 
einem Dolmetscher. Als ich auf halber Höhe 
war, erschienen hinter den Steinen an 30 Leute, 
von denen zunächst zwei auf mich schossen, sich 
dann aber alle bequemten, mich, der ich 50 Schritt 
von ihnen haltmachte, zu hören. Ungefähr zwei 
Stunden redete ich nun auf die Leute ein, ver- 
nünftig zu sein und herabzukommen, während ich 
an dem Schreien von Kindern und Meckern bon 
Ziegen wahrnahm, daß sie Weib und Kind, Hab 
und Gut in den Höhlen in Sicherheit brachten. 
Als sich dann endlich ein Mann entschloß, zu 
mir zu kommen, lief mir der Dolmetscher aus 
Angst fort. Ich schüttelte dem Ankommenden die 
Hand und konnte dann auch den Dolmetscher zur 
Rückkehr bewegen. Dem Manne ließ ich sagen, 
mit ihm könne ich nicht verhandeln, er müsse den 
Häuptling rufen. Nach einer weiteren Stunde 
erschien dieser auch. Er sagte mir, ich solle mit 
meiner Abteilung auf halbem Hange um den 
Berg herum in sein Gehöft gehen, auf die Höhe 
könne er mich noch nicht lassen, da seine Weiber 
sonst aus Angst fortlaufen würden, weil sie noch 
keinen Weißen gesehen hätten. Der eigentliche 
Grund war natürlich der, daß man oben mit 
dem Verstecken noch nicht fertig war. 
Ich rückte mit der Kolonne nun zunächst in 
sein Gehöft, zehn Hütten, die am steilen Hange 
in vier Reihen übereinander liegen; Platz zum 
  
Zeltaufschlagen war nicht. Da der Heuptling 
nach zwei Stunden nur Verpflegung für zehn Mann 
brachte, ließ ich mir zwei Mann von ihm geben, 
die meine Leute zum Verpflegungholen in die 
Farmen führten. Der Häuptling erhielt dann 
sehr reichliche Bezahlung: Geld, Zeuge, Salz und 
Tabak. Auch erhielt er Häuptlingsbuch, Flagge 
und Münztafeln. 
Gegen 5 Uhr nachmittags sagte ich ihm, er 
solle mich nun auf die Höhe führen und mir das 
Gelände erklären. Er meinte jedoch, er wolle 
erst selbst vorausgehen, um es seinen Leuten zu 
sagen, damit sie nicht fortliefen, ich solle bald 
nachkommen, und ging fort. Der Häuptling 
Maede sagte mir: „Gehe nicht auf die Höhe, 
die wollen dich hinlocken und totschlagen."“ 
Um 5½ Uhr nachmittags begann ich mit 
zwei Führern, einem Boten und dem Dolmetscher 
den Aufstieg. Bereits 50 Schritt vom Lager sah 
ich an 20 Bewaffnete stehen. Ich lief schnell auf 
sie zu, worauf sie schleunigst ihre Waffen ver- 
steckten und taten, als ob nichts gewesen wäre. 
Da mir die Sache unsicher erschien, rief ich Leut- 
nant Naumann zu, er solle mit zwei Soldaten 
zu mir kommen. 
Wir stiegen nun gemeinsam den Berg hinan, 
bis wir in der Höhe waren, wo sich aus dem 
mit Erde bedeckten Teil des Berges, meist senk- 
recht, ein etwa 100 m hoher Granitkegel erhob, 
zu dessen Gipfel nur in wenigen Spalten ein Auf- 
stieg möglich war. Als wir in einer solchen, 
etwa 10 m breiten Spalte den Aufstieg begannen, 
tauchten plötzlich 50 m über uns an 100 Köpfe 
mit Pfeil und Bogen auf und sagten uns, wir 
dürften nicht weiter. Die Führer verschwanden 
plötzlich, und im selben Augenblick gingen ein 
paar Pfeile hernieder. Ich ließ unter eine über- 
hängende Stelle der Granitwand treten und 
sandte den Boten zurück, um die Soldaten — 
außer der Wache — zu rufen. Da er jedoch mit 
dem Bemerken zurückkehrte, der Rückweg sei ab- 
geschlossen, gab ich Pfeifensignal, worauf gerade 
bei Eintritt der Dämmerung die Abteilung an- 
langte. Ich ließ ausschwärmen und vorgehen. 
Kaum wurden die Feze der Soldaten sichtbar, 
als sich ein Konzert erhob, als sei die Hölle los- 
gelassen. Ein Hagel von Pfeilen und Speeren 
ging hernieder, ein Regen von kopfgroßen Steinen, 
die unter Funkensprühen zersprangen, prasselte 
herab, dazu tönten wildes Geheul und das Zer- 
schlagen neuer Steine. Da es mittlerweile dunkel 
geworden, war es nicht möglich, die Wand zu 
erklimmen, zumal einige Soldaten bei dem Ver- 
such bereits abgerutscht waren. Ich befahl daher: 
„Alles zurück ins Lager, eine Patrouille von 
fünf Mann bewacht den Aufstieg.“ Während-
	        
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