Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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Reichsflagge an dem mit Girlanden umwundenen 
Flaggenmast langsam und feierlich in die Höhe, 
während die Musikkapelle die Kaiserhymne spielte. 
ie Flagge hißte der alte Händler Robert Rasch, 
vor dessen Haus vor 25 Jahren zum ersten Male 
auf Nauru die deutsche Flagge gehißt und der 
amals auch als erster Regierungsbeamter ein- 
gesetzt wurde. 
Alle Anwesenden, unter denen sich viele Nicht- 
utsche befanden, versicherten, daß diese Feier 
auf dem meerumbrandeten einsamen Nauru von 
einer überwältigenden Feierlichkeit gewesen sei, 
ie alle tief ergriffen habe. 
t Hieran schloß sich die in Nauru übliche Gra- 
Uulationscour im Hause des Stationsleiters an. 
m 1 Uhr fand ein Frühstück statt, wozu fünf- 
zehn Personen geladen waren. 
Für die vierzehn Häuptlinge war die Fest- 
lafel auf der Veranda des Stationsgebäudes her- 
gerichtet. Die Speisenfolge bestand hier in Reis, 
gekochtem Huhn und einem gebratenen Schwein; 
bierzu wurden als Getränke Rotwein mit Wasser 
und je eine Flasche Bier von der Station ge- 
listet. Der erste Häuptling Auwiede hielt die 
afelrede, worin er auf die früheren bösen und 
legerischen Zeiten auf Nauru hinwies und die 
Kiedlichen, guten Zeiten der letzten 25 Jahre unter 
em Schutze der deutschen Flagge besonders 
hervorhob. 
Der Exerzierplatz war für das Volksfest her- 
gerichtet. Eine große luftige Halle aus Busch- 
naterial für die weißen Zuschauer war errichtet. 
nie Pacific Phosphate Company hatte ihren Be- 
rieb von Mittag ab eingestellt, um ihren zahl- 
reichen Angestellten und Arbeitern Gelegenheit zu 
eben, an der Feier teilzunehmen. Auch die 
Jalui“-Gesellschaft hatte ihr Warenhaus geschlossen. 
u Um 2 Uhr begannen die Eingeborenen-Tänze 
und Volksbelustigungen, wie Sacklaufen, Stangen- 
ettern und anderes. Die Tänze fanden erst mit 
intritt der Dunkelheit ihren Abschluß. 
* Die Feier fand ihre Fortsetzung in einem ge- 
Cälichen Abend der Deutschen, die zahlreiche 
n- eingeladen hatten. Es waren etwa dreißig 
Glnlonen beisammen. In später Nacht trafen 
un ckwunschtelegramme von der Kaiserlichen Marine 
vom Gouverneur ein, die mit Jubel aufge- 
men wurden. 
Die Flaggenhissungsfeier hat den Nauruanern 
3besonders gut gefallen. Die Häuptlinge 
baß domo und Deteke hielten es für notwendig. 
in auch auf ihren Plätzen an der großen Lagune 
Lissa nada und in Tokumado die feierliche 
beie ng der deutschen Flagge stattfinde. Die er- 
de Erlaubnis wurde natürlich gern erteilt. 
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Aus dem in seiner Festrede vom Stations- 
leiter gegebenen geschichtlichen Rückblick find 
folgende Einzelheiten hervorzuheben: 
Am 2. Oktober 1888 hißte S. M. S. „Eber“ 
durch den stellvertretenden Kommandanten Leut- 
nant z. S. Emsmann die Kaiserliche Flagge 
über der lieblichen Insel und begründete damit 
die deutsche Schutzherrschaft auf Nauru. Als vor 
etwa achtzig Jahren die ersten Weißen landeten, 
wurden sie ermordet und über das Riff in das 
tiefe Meer geworfen, weil die Eingeborenen sie 
für böse Geister hielten. Walfischfänger besuchten 
dann die Insel häufig, um Wasser und Mund- 
vorrat zu holen. Vor etwa sechzig Jahren wurde 
eines ihrer Schiffe von den Eingeborenen ge- 
nommen, welche darüber erbittert waren, daß 
ihnen eine für die gelieferten Schweine ver- 
sprochene Kanone nicht ausgefolgt worden war. 
Die ersten Weißen, welche dauernden Aufent- 
halt auf Nauru nahmen, sind entflohene austra- 
lische Deportierte gewesen. Sie erfüllten die 
Insel mit jeder Art von Greueln und sind meistens 
eines gewaltsamen Todes gestorben. 
Seitdem der Handel mit Kokosöl und später 
mit Kopra Bedeutung erlangte, haben sich weiße 
Händler auf Nauru angesiedelt. Ihre Zahl be- 
lief sich im Jahre 1888 auf zehn. 
Schon die ersten Berichte sagen den Naurnanern 
ein mustergültiges Familienleben nach und heben 
die fröhliche und gutmütige Sinnesart der Be- 
wohner von Pleasant Island hervor. Diesen 
Namen gaben die Walfischfänger der hübschen 
freundlichen Insel, auf der ihnen Nahrungsmittel 
in Fülle dargeboten wurden. 
Durch eingewanderte Kingsmill-Leute lernten 
die Nauruaner den stark berauschenden, saueren 
Toddy kennen; täglich taumelte ein großer Teil 
der Eingeborenen beiderlei Geschlechts betrunken 
einher. Hierzu kam die massenhafte Einfuhr von 
Schußwaffen und Spirituosen. Durch andauernde 
Trunkenheit entstanden Streitigkeiten, die in heftige 
Kriege ausarteten, wobei die eingeführten Feuer- 
waffen in der Hand der großen Kinder von 
Nauru zu gefährlichem Spielzeug werden mußten. 
In den letzten zehn Jahren vor Errichtung 
der deutschen Herrschaft war der Krieg zu einem 
dauernden Zustand geworden, der mit großer Er- 
bitterung, Grausamkeit und Zerstörungswut unter 
den jetzt so friedlichen Nauruanern geführt wurde. 
Die weißen Ansiedler sahen sich genötigt, die 
Wände doppelt zu machen und die Zwischenräume 
mit Steinen auszufüllen, um sich vor den „zu- 
fällig“ ins Haus fahrenden Kugeln zu sichern. 
Die kriegswütigen Leute hatten die Taktik, sich 
nächtlicherweile an die feindlichen Ortschaften 
heranzuschleichen und auf jeden, der sich vom 
Hause entfernte, gleichgültig ob Mann oder Weib,
	        
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