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durchdringlichen Gebüsch eingefaßt, weiter land-
einwärts sieht man fast ausschließlich die auf hohen
Luftwurzeln stehenden Bäume. An festen Punkten,
das heißt an den wenigen Stellen, die auch zur
Regenzeit trocken bleiben, herrschen große Laub-
bäume vor. Bei meiner Abfahrt war das Wasser
so gefallen, daß vielfach Sandbänke, teils mit
Gras bewachsen, teils kahl zutage traten. Bei
meiner Rückkehr Ende April war der Karagua so
sehr gestiegen, daß von diesen Sandbänken keine
Spur mehr vorhanden war.
Die meisten Zuflüsse empfängt der Karagua
von rechts, von Westen her. Einige dieser Neben-
flüsse übertreffen ihn selbst an Breite, so daß man
auf der Fahrt zum Iwindo in Versuchung kommen
konnte, einen dieser Nebenflüsse als den Iwindo
anzusehen und hier abzubiegen. Nur der Umstand
hat mich davon zurückgehalten, daß ich der frau-
zösischen Karte nach ein ungefähres Bild von der
Einmündungsstelle des Karagua in den Iwindo
im Gedächtnis behalten hatte. Hiernach mußte
unterhalb dieser Stelle am linken Iwindo-Ufer
ein ansehnlicher Höhenzug liegen. Als ich am
dritten Tage vormittags die Einmündungsstelle
erreichte, war — abgesehen von der riesigen
Wasserfläche, von der bedentend stärkeren Strö-
mung und der mehr lehmigklaren als rostbraun-
morastigen Wasserfarbe, wie sie der Karagua hat,
— gerade der Höhenzug am Zusammenfluß beider
Ströme ausschlaggebend für die Feststellung, daß
der Iwindo erreicht war.
Unter großen Anstrengungen kamen die Kanus
mit einer Geschwindigkeit von nur 40 m in der
Minute vorwärts. Erst nach anderthalb Stunden
war die sehr kurze Strecke bis Mwinec, einem
verlassenen Fang-Dorfe, auf kleiner Anhöhe wie
Ngarabinsam, mit ehemaliger Ngoko-Ssanga-
Faktorei, zurückgelegt. Letztere ist bis jetzt noch
unbeschädigt. Sie dient meist den von französi-
schem Gebiet herüberkommenden Fangs, die sich
aus ihren alten Farmen Verpflegung holen wollen,
als Unterkunft. Das Dorf Mwine ist gänzlich
verfallen.
Am 11. April trat ich von Alt-Mwine aus
den Marsch zu Lande nach Neu-Mwine an.
In allgemein nördlicher Richtung bergan steigend,
erreichte ich dieses Dorf, das aus nur zehn ver-
nachlässigten Hütten besteht, nach ungefähr zwei
Stunden. Da mein großes Kann vollgepackt zu
schwer war, um gegen die starke Strömung des
Iwindo anzukommen, ließ ich mir von dem Häupt-
ling Edidi von Mwine zwei Kanus geben. Ich
begab mich zum Kanu-Anlegeplatz der Mwine-
Leute. Eine Viertelstunde führt der Weg dorthin
zur Einmündung des Miös in den Iwindo steil
bergab. Alsdann fuhr ich 1¼ Stunden auf dem
Iwindo nach Alt-Mwine zurück, darauf mit dem
großen und zwei kleinen Kanus zur Miös-Mün-
dung nach Neu-Mwine aufwärts. Erst nach vier
Stunden war der Anlegeplatz erreicht; den bereit-
stehenden Mwine-Männern und -Weibern wurden
die Lasten zum Hinaufschaffen ins Dorf übergeben.
Am 12. vormittags, nachdem meine Ruder-
mannschaft um sechs Mwine-Leute verstärkt war,
ging es mit den drei Kanus vorwärts, und zwar
mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 60 m. So
wurden bei der acht= bis neunstündigen Fahrzeit
pro Tag ungefähr 25 km zurückgelegt. An den
ersten Tagen war die Strömung noch sehr stark.
Als sie in ungefährer Höhe des Dendo-Weges
schwächer wurde, konnte ich eins der beiden klei-
neren Kanus entbehren und schickte es mit drei
Mann nach Mwine zurück.
Von Alt-Mwine bis zum Dendo-Weg hat der
Iwindo eine Breite von ungefähr 80 bis 100 m.
Seine Krümmungen von Osten und wieder nach
Westen sind zahllos. Oft werden diese Knicke
hervorgerufen durch kleine Hügel, die eine Höhe
von ungefsähr 60 bis 80 m erreichen. Während
zur Zeit niedrigen Wasserstandes kleine Wiesen-
stücke und Sandbänke das Flußbett umrahmen,
sind sie, wenn der Wasserspiegel, wie zur Zeit
meiner Rückfahrt, steigt, unter der Wasseroberfläche
gänzlich verschwunden.
Oberhalb des Dendo-Weges biegt der IJwindo
stark nach Westen aus. Dieser Knick wird durch
ganz bedeutende Höhenzüge hervorgerufen, die in
ungefähr ost-westlicher Richtung verlaufen. Auch
einige Felspartien treten an dieser Stelle schroff
hervor. Bei meiner Rückkehr bestieg ich einen
dieser Berge, eine annähernd 250 m hohe Kuppe,
welche die Form eines spitzen Kegels hatte, und
nahm von einem hohen Baum aus Fernpeilungen
vor. Nach allen Seiten hatte ich die weiteste
Übersicht. In dem dichten Busch hob sich — der
Fluß selbst war durch diesen Busch der Sicht ent-
zogen — besonders scharf ein tiefer Einschnitt ab,
der das Tal des Iwindo vermuten ließ. In der
Richtung auf den Ort Nemejong am Weg
Ngarabinsam—lati erhob sich ein Berg neben
dem anderen. Auch jenseits des Flusses war der
langgestreckte Kamm eines scharf sich abhebenden
Berges wahrzunehmen. Ich habe versucht, die
Kuppen dieser Berglandschaft festzulegen.
Auffallend ist, daß fast alle Berge und klei-
neren Höhenzüge auf dem östlichen Iwindo-Ufer
liegen, während das westliche Flußufer fast in
seinem ganzen Verlaufe von Alt-Mvwine bis in die
Gegend von Alati hinauf gänzlich flach ist.
Erst dicht beim Übergang westlich Alati treten
die Ausläufer des Jeberges, auf dem das Dor
Angon liegt, an das Westufer des Iwindo heran.
Von hier ab wird dann der Fluß zu beiden Seiten