Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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9 Ziehen wir das Fazit aus der so gegebenen kurzen 
ibersicht über die jetzigen Handelsverhältuisse Nord- 
nigeriens, so können wir nicht verkennen, daß in diesen 
istenfernen. Gebieten schon kräftiges wirtschaftliches 
Leben herrscht. Die steigende Tendenz des Verkehrs 
geht besonders hervor aus den mir über die Zug- 
bewegungen gemachten Angaben. Waren auf der Baro— 
dano-Bahn in dem Ende März 1912 endenden Jahre 
von den Zügen 13.000 englische Meilen gelaufen, so 
waren es zu derselben Zeit 1913 schon 33 000 Meilen —, 
also innerhalb eines Jahres eine Vermehrung fast auf 
das Dreifache! Hatte man bei Beginn des Betriebes 
geglaubt, durch Einrichtung einer einmaligen wöchent- 
lichen Zugverbindung nach jeder Richtung des Per- 
sonen- und Frachtenverkehrs Herr zu werden, so ist 
man jetzt schon geqwungen gewesen. täglich zwei Züge 
nach jeder Richtung laufen zu lassen. Diese enorme 
Verkehrsentwicklung muß besonders in Erstaunen setzen, 
wenn man sich vergegenwärtigt, daß noch vor ein paar 
Jahren in denselben Gegenden der Handel basierte 
auf der Tätigkeit des Haussahs, der auf seinem eigenen 
Ropfe oder mit seinen Eseln die Produkte des Landes 
heranschleppte. Der Anschluß der Steppengebiete Zaria, 
Kano und des weiteren Hinterlandes an den Welt- 
markt geschah, soweit er nicht durch die Niger-Com- 
bagnie auf den Niger umgeleitet wurde, allein durch 
den Karawanenverkehr, mit Eseln, Tragochsen und 
Pferden, denen es in den paar Monaten der Trocken- 
heit möglich war, Lagos zu erreichen. Diese mangel- 
jasten Hilfsmittel ließen natürlich leine große Aus- 
ehnung des Handels zu, zumal die in den zu passieren- 
den Gebieten nicht seltene Tsctsefliege den Verkehr mit 
Tasttieren steto mit großem Risiko verband. Ein großer 
Teil des Handels des Hinterlandes von Nigerien fand 
daher seinen Weg durch die Wüste nach den Häfen des 
Mittelmceres, wohin ihn die eingeborenen Stämme, 
esonders der französischen Gebiete, mit ihren Kamel- 
arawanen ableiteten. Noch jetzt haben die Senussi- 
lraber einen großen Teil des Handels in ihren Händen, 
er jenzt naturgemäß sich die günstigeren Verhältnisse 
nutzbar macht und zu einem intensiven Zwischenhandel 
zwischen den europäischen Firmen an der Bahuspitze 
und den Eingeborenen wird, soweit er nicht in eigener 
  
  
Regie der leistungsfähigen Araber sich befindet. Es 
Handelsartikel Vreis Bahnfracht 
in Kano 
Erdnüsse, geschält, per Tonne 100—160 ca. 70 % 
Felle (ungegerbt), per Pffund 50—60 Pf. 6 PFf. 
Felle (Vdegerbt), meistens 
Biegenfelle, per Stück 100—150 20 
Schinüsse, per Tonne ca. 200% „70 
uttapercha, per Pfund 45 Pf. -10 Pf. 
HPummiarabikum, per 100 kt " 9,4.7 
Sei Lokoja 
esam, per Tonne 130 -94- 
S Wenn auch die hier gegebenen Werte bei dem 
chwanken des Preises nur als annähernde zu be- 
Eichnen sind, so lassen sie doch erkennen, daß der 
t- Lage der Gebiete. Das ist zum größten 
Teil auch der sehr vernünftig erfolgten Festsetzung der 
Pachtsätbe zu verdanken, welche alle Eingeborenen- 
mrodufte verhältnismäßig wenig, dagegen das Zinn 
unt seinem bohen Werte stark belasten. Die Preise 
wet Frachtsätze eziehen sich im allgemeinen auf Kano, 
e ches 712 englische Meilen, also ungefähr 1200 km 
Sahnlinie, von der Küste entfernt liegt. Nur bei 
Sesam mußte der in Lok oja in Erfahrung gebrachte 
Handel im allgemeinen ganz einträglich ist, trotz der 
  
  
Kano—Lagos Lagos—Hamburg der Auslagen 
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ist das ohne Zweifel ein außerordentliches Hilfsmittel 
bei der Aufschließung des Hinterlandes, solange weitere 
Anschlußbahnen fehlen. Und auch nach diesen wird er 
diese Bedentung noch lange behalten, da die in Frage 
stehenden Handelsprodukte schon an und für sich nicht 
eine zu hohe Belastung mit Frachtausgaben vertragen, 
sollen sie noch einen rentablen Absatz ermöglichen. Der 
Europäer wird aber nicht imstande sein, so billig zu 
arbeiten wie der Eingeborene, bei dessen geringen 
Lebensbedürfnissen und seiner Nichteinschätzung der 
Zeit. Es ist von besonderem Interesse, daß spekulative 
englische Firmen an das Gouvernement mit der An- 
frage herangetreten sind, ob sich die Einrichtung eines 
Zwischenhandels mit modernen Verkehrsmitteln lohnen 
würde, und daß man ihnen geantwortet hat, daß ein 
glängendes Fiasko das Schlußspiel einer solchen 
Schöpfung sein würde. 
Die starke Ausdehnung des Handels durch den 
Bahnbau fällt am besten ino Auge, wenn man die 
Stationen Zaria und vor allen Dingen Kano be- 
sucht. Wo vor ein paar Jahren noch von europäischen 
Firmen nichts zu sehen war, findet man, wie aus der 
Erde gestampft, jetzt ein eigenes Handelsviertel. Eine 
gange Straße ist in Kano im Laufe eines Jahres ent- 
standen, in welcher die großen Wellblechschuppen noch 
nicht imstande gewesen sind, die Produkte zu bergen. 
Provisorische Unterbringung in notdürftig geschützten 
Plätzen ließ noch bei meiner Anwesenheit erkennen, 
wic plötzlich der Ausschwung gewesen ist. Nach dem 
Urteil der Kaufleute läßt das kommende Jahr eine 
weitere erhebliche Steigerung des Geschäftes erwarten. 
1 r 
* 
  
  
  
Wie wir gesehen haben, sind es in erster Linie 
Erdnüsse und Häute, welche den Markt in Kano 
ausmachen. Besonders bezüglich der ersteren hört 
man sehr häufig die Behauptung aussprechen, daß sic 
zu den Produkten gehören, welche keine großen Trans- 
vortkosten tragen können. Der Ausschwung dieses 
Handels in Nordnigerien beweist das Gegenteil. Wie 
es sich mit dem Handel der wichtigsten Produkte ver- 
hält, geht aus der folgenden kleinen Zusammen- 
stellung") hervor: 
Seefracht Summe Wert . 
in Hamburg überschut 
48—50 X. ca. 218—268 ca. 3140 F“ ca. 72—122 /% 
2—4 Pf. 53,4—68,1 Pf. . 110 Pf. 41,6—51,6 Pf. 
ca. 4,.9 ca. 125—175 4—6 X ca. 275—425 Pf. 
(in Liverpool) 
48,60 M ca. 318 M cua. 600 282 
4 Pf. 57,4 Pf. 80—200 Pf. = 23—143 Pf. 
4,85 4 40, 25% 85—100 4 45—60 
48, 50 - 272,50 3707 97,50 
Preis eingesetzt werden, da mir derjenige aus Kano 
nicht bekannt ist. 
an könnte diese Verhältnisse also bis zu einer 
ziemlich « Wahrscheinlichkeit mit denjenigen 
Garuas vergleichen. Aber wenn auch in der Tat die 
Frachtsätze sich um etwas erhöhen, so ist dem einträg- 
lichen Handelsgeschäft trotzdem die Möglichkeit der Be- 
  
  
*) Die Einkaufspreise entstammen Angaben von 
Kaufleuten in Nordnigerien. Die Vahnfrachten sind 
dem amtlichen Tarif entnommen. Preise in Hamburg 
aus dem Marktbericht des „Tropenpflanzers“. Uber 
Schinüsse aus Veröffentlichungen von J. Astley Cooper.
	        
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