Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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t Die Anwärter für den (tropischen) Dienst in den 
kropischen Kolonien Afrikas haben einen be- 
londeren Unterrichtskursus zu hören. Dieser erstreckt 
O6c0 auf Tropenhygiene, Tropenkultur und Nutzpflanzen, 
rundzüge des Strafrechtes und Strafprozesses, Völker- 
rechtes, des mohammedanischen Rechtes, des Etatwesens, 
biner Systeme sowie die Topographie. Am Schlusse 
bOes Kursus haben die Anwärter den fleißigen und 
gerständnisvollen Besuch ihrer Vorlesungen durch 
Leugnisse der Lehrer nachzuweisen. Sie erhalten für 
lese Zeit eine Vergütung. 
Die Laufbahn der Beamten für die Selbstver- 
waltungs-Kolonien läßt der Verfasser, als nicht 
-zur Sache gehörend, außer Betracht, weil die Auswahl 
und Vorbereitung dieser Beamten nicht im Macht- 
ereich der heimischen Regierung liegt. 
In den bisher noch nicht erwähnten englischen 
Kolonien gibt es für die Auswahl von Kolonialbeamten 
keinen Aufnahmewettbewerb noch einen allgemein ge- 
regelten Ausbildungsgang. Dies zu regeln ist Sache 
er verantwortlichen Stellen. Die verschiedensten, 
vom Verfasser auch eingehend gewürdigten Gründe, 
rechtfertigen den Mangel allgemein gültiger Vorschriften 
in dieser Hinsicht. Lage und Umfang der einzelnen 
Lolonien, Charakter und geistige Entwicklung ihrer 
Bewohner, die Anforderungen, welche an die Beamten, 
besonders die der höchsten Amter gestellt werden müssen, 
[brechen dagegen, daß die Beamten nach einem starren 
System ausgewählt werden. Die freie Auswahl der 
camten durch den Staatssekretär sei in der Praxis 
urch die verschiedensten Umstände stark beschränkt und 
eine rein willkürliche Ausübung dieses Rechtes so gut 
wie ausgeschlossen. 
Im allgemeinen scheint der Verfasser aber auf 
dem Standpunkt zu stehen, daß das System des Auf- 
nahmewettbewerbes das vorteilhafteste sei, und er weist 
mir Recht darauf hin, daß sich Eugland mit den nach 
diesem System ausgesuchten Beamten für Indien einen 
Beamtenstand geschaffen habe, der den hohen An- 
korderungen, die man an ihn stelle, vollkommen genüge. 
  
  
Die Verschmelzung Ulgeriens. 
Zm Anfang dieses Jahres hat die Verschmelzung 
Nigeriens stattgefunden. The African Mail ver- 
offentlicht in Nr. 330 und 331 des Jahrgangs 1914 
den Wortlaut der Rede des Generalgouverneurs Sir 
Frederick Lugard, in welcher er bei Gelegenheit dieses 
wichtigen Staatsakts in breiten Zügen die neue Ver- 
fassung Nigeriens etwa wie folgt ankündigt und aus- 
einandersetzt: 
„Sie wissen alle, daß die Regierung Sr. Majestät 
nach langer und reiflicher Uberlegung vor einiger Zeit 
zu dem Schluß gekommen ist, daß es für Süd= und 
Nord-Nigerien von großem Vorteil sein würde, zu 
einmer Verwaltungseinheit verschmolzen zu werden, um 
lo eine gemeinsame Politik und ein gegenseitiges Zu- 
lammenarbeiten zur moralischen und materiellen Hebung 
Nigeriens als eines Ganzen zu ermöglichen. 
Für diese Politik sind Sir William Macgregor 
als Gonverneur von Lagos, Sir Ralph Moor als 
High Commissioner Süd-Nigeriens und ich selbst als 
High Commissioner von Nord-Nigerien seit etwa zehn 
Fahren, ebenso wie Sir Walter Egerton und meine 
Nachfolger in Nord-Nigerien energisch eingetreten. 
Der Bau von Konkurrenzbahnen in Nord= und 
Süd-Nigerien ließ die Notwendigkeit einer einheitlichen 
Eisenbahnpolitik deutlich erkennen, und vor einem 
Jahr entschied sich der Staatssekretär dahin, daß die 
  
  
Zeit gekommen sei, den Plan, eine einzige Regierung 
für Nigerien zu errichten, durchzuführen. 
Herr Harcourt hat mich zur Ausführung dieser 
schwierigen Aufgabe ausersehen und ernannte mich zu- 
nächst zum Gouverneur der zwei verschiedenen, getrennt 
bleibenden Regierungen Nord= und Süd-Nigeriens. 
damit ich mich über die örtlichen Verhältnisse unter- 
richtete und ihm meine Vorschläge für die Verschmelzung 
unterbreitete. 
keine Vorschläge wurden in allen wesentlichen 
Punkten angenommen, und heute sollen sie in Wirk- 
samkeit treten. Ich wünsche daher so kurz wie möglich 
Ihnen und durch Sie der amtlichen und nichtamtlichen 
Bevölkerung von Nigerien die Grundlage darzulegen. 
auf welcher die Verschmelzung ausgeführt werden wird, 
sowie die Hauptänderungen, welche dadurch herbeige- 
führt werden. 
Kolonie und Protektorat Nigerien werden einem 
einzigen Beamten unterstellt werden, auf welchen 
Se. Majestät gnädigst den Titel eines Generalgou= 
verneurs übertragen hat, ein Beweis für die Be- 
deutung dieses Landes unter den Kronkolonien und 
Protektoraten des Reichs. Nord-Nigerien wird in Zu- 
kunft „the Northern Prorinces“ heißen, während das 
bisherige Frotektorat Süd-Nigerien den Namen „i# 
Sonthern Prorinces“ von Nigerien führen wird; jede 
dieser Provinzen wird unmittelbar einem Lieutenant- 
Governor, welcher dem Generalgouverneur verant- 
wortlich ist, unterstellt sein. Die „Colony“ (Lagos) 
wird mit Rücksicht auf ihre Sonderstellung und ihre 
Uberlieferungen eine besondere Eigenart bewahren 
unter einem selbständigen, mit dem Generalgonverneur 
unmittelbar verhandelnden Administrator. Vorläufig 
wird der zentrale Hauptverwaltungssitz in Lagos 
verbleiben, und der Generalgouverneur wird abwechselnd 
in den Hauptverwaltungsstationen der Nord= und der 
Südprovinzen residieren. 
Se. Majestät hat geruht, durch den Staatssekretär 
das ehrenvolle Amt des Generalgouverneurs auf mich 
zu übertragen. Ich hoffe, daß ich imstande sein 
werde, die Aufgaben dieses Amts, dessen große Ver- 
antwortlichkeit ich voll würdige, in einer Weise zu er- 
füllen, welche den Beifall Sr. Majestät findet, und 
welche die loyalen Untertauen Sr. Majestät in Nigerien 
befriedigt. Es würde unmöglich sein, bei dieser Auf- 
gabe erfolgreich zu sein, ohne den guten Willen und 
die Mitarbeit aller Kreise, der amtlichen und nicht- 
amtlichen, ohne Rücksicht auf Rasse und Glauben. Ich 
benutze daher die Gelegenheit, um diese Mitarbeit und 
loyale Hilfe eindringlich zu bitten, indem ich gleich- 
zeitig versichere, daß ich, soweit es an mir liegt, mich 
nicht schonen, noch irgendeine Arbeit zu hart finden 
werde, wenn ich dadurch die wahren Interessen dieses 
Landes und jeder Einzelperson in ihm, welcher Rasse 
oder welchen Glaubens oder welcher auch noch so 
niedrigen Stellung sie sein mag, fördern kann. 
Für das hohe und verantwortungsvolle Amt eines 
Lieutenant-Governor der Süd= und der Nordprovinzen 
hat Se. Majestät Herrn A. G. Boyle und Herrn 
C. L. Temple ausersehen, Beamten, in deren Loyalität 
und Fähigkeit sie das höchste Vertrauen setzt und in 
deren Händen die Wohlfahrt des Protektorats gesichert 
ist. Zum Administrator der Kolonie hat der Staats- 
sekretär Herrn F. S. James auserwählt, dessen lange 
Erfahrungen im Süden ihn zu dem geeignetsten Be- 
amten für diesen Posten stempelt. 
Für die Teilung Nigeriens in einzelnen Ver- 
waltungen sind in der Presse und auch sonst mancherlei 
orschläge gemacht worden. Es erschien aber ratsam, 
festzuhalten an den alten wohl bekannten Abgrenzungen. 
jedenfalls für den Augenblick und bis die Umstände 
 
	        
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