Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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Kilwa. 
Aus Kilwa schreibt Oberarzt Dr. Schönebeck: 
Nach der Geburt erhält das Kind Muttermilch, 
solange die Mutter stillen kann. Manche Frauen 
stillen ihr Kind sechs Monate lang, ohne ihm 
andere Nahrung zu geben. Andere geben, wenn 
sie denken, daß das Kind nicht genug Nahrung 
erhalte, außer der Muttermilch noch Suppe aus 
Mtamamehl; wenn kein Mtama zu erhalten ist, 
auch aus Mais oder Reismehl. Die Suppe wird 
in der ersten Zeit sehr dünnflüssig mit nur ganz 
wenig Mehl, später aber dicker gekocht, bis das 
Kind etwa mit ¾ Jahren den Brei der Erwach- 
senen erhält. Vielfach erhalten Kinder diese 
Suppen schon vom dritten Tage ihres Lebens 
ab neben der Muttermilch. 
Die Mütter an der Küste und, soweit sich der 
Einfluß der Küstenbewohner ins Innere erstreckt, 
auch die Mütter dort, bereiten sich auf das Still- 
geschäft in der Weise vor, daß sie kurz vor und 
auch nach der Geburt während der Stillzeit 
reichlich weißen gestoßenen Pfeffer in die Speisen 
tun, so daß es ihnen „im Leib tüchtig warm 
wird“. Sie müssen infolge dieser Reizung mehr 
Flüssigkeit zu sich nehmen. Als solche kommen 
hauptsächlich Mehlsuppen, am liebsten von Mtama, 
aber auch von Reis oder Mais in Betracht, ferner 
auch gesüßter Tee. Daraus soll sich eine ver- 
mehrte Milchbildung ergeben. Es scheint, daß 
die Frauen unnötigerweise, um recht dicke Kinder 
zu haben, mit der gemischten Ernährung zu früh- 
zeitig anfangen. Anderseits ist die ganze Er- 
nährung der Eingeborenen über die Jahres- 
zeiten verteilt so ungleichmäßig und von der 
Ernte abhängig, daß auch der Ernährungszustand 
der Mutter und damit das Stillvermögen wechselt. 
In Zeiten der Teuerung versiegt den Müttern 
die Milch ganz und sie sind gezwungen, die 
Kinder größtenteils mit Mehlsuppen und Mehl- 
breien aufzuziehen. Im allgemeinen wird dem 
Kinde nur einmal am Tage Mehlsuppe gegeben, 
im übrigen die Brust. 
Ist die Mutter des Kindes gestorben, dieses 
aber noch der Muttermilch bedürftig oder kann 
die Mutter gar nicht stillen, so sucht der Vater 
eine gerade stillende Verwandte oder Bekannte 
oder eine fremde stillende Frau durch Geschenke 
zu veranlassen, sein Kind neben dem eigenen so- 
lange als möglich zu säugen. Daneben erhält 
das Kind gewöhnlich noch Mehlsuppen und Mehl- 
breie in der vorher geschilderten Weise. In Ge- 
genden mit Rinderhaltung wird den Kindern bei 
angel an Muttermilch Kuhmilch statt der Mehl- 
suppe gegeben. Ziegen= oder Schafmilch wird 
nur verstohlenerweise von den Kindern, die das 
ieh hüten, auf der Weide getrunken. 
  
Lindi. 
Stabsarzt Dr. Wolff berichtet aus Lindi: 
Die Hauptstämme des Bezirks Lindi sind: die 
Wayao, die Wamakonde, die Wamwera, die 
Wamakua und die Wandonde. Von allen diesen 
Stämmen wird die Ernährung ihrer Säuglinge 
bis auf ganz unwesentliche Abweichungen über- 
einstimmend angegeben: Da die Mutter meist 
sofort nach der Geburt noch keine Milch hat, so 
übernimmt das Stillen des Neugeborenen eine 
andere säugende Frau etwa drei Tage lang. 
Zwanzig Tage lang nach der Geburt — bei den 
Wamakonde wird ein Monat angegeben — be- 
kommt das Kind ausschließlich die Brust. Von 
da an erhalten die Säuglinge neben der mütter- 
lichen Milch Suppe von Mehl (Uji), das aus 
Hirse (Mtama) oder Mais hergestellt ist, und 
zwar dreimal am Tage, bei den Wamwera und 
Wamakonde nur zweimal, jedesmal etwa vier 
bis fünf kleine Löffel voll. Vom dritten Monat 
ab wird an Stelle der Suppe dickerer Brei von 
Hirse= oder Maismehl gereicht, zwei= bis dreimal 
je eine Handvoll, daneben die Brust. Etwa im 
Alter von einem bis anderthalb Jahren, wenn 
sie anfangen zu laufen, bekommen die Kinder 
alles zu essen wie die Erwachsenen, daneben aber 
immer noch bis etwa zum Ende des zweiten 
Lebensjahres die Brust. Das Absetzen geschieht 
meist deshalb, weil die Kinder selbst die Brust 
verweigern oder aber die Milch versiegt. 
Falls eine Mutter aus irgendeinem Grunde 
nicht nähren kann oder stirbt, wird das Kind von 
einer anderen sängenden Frau der Gegend ge- 
nährt. Wenn durchaus keine solche Frau zu 
finden ist, was jedoch äußerst selten ist — die 
kinderreichen Wamwera konnten sich einen solchen 
Fall überhaupt nicht vorstellen —, wird das 
Kind nur mit der erwähnten Hirsesuppe genährt, 
wobei es aber angeblich oft zugrunde geht. Kuh- 
und Ziegenmilch wird bei allen genannten 
Stämmen nicht gegeben, obwohl sie in einigen 
Gegenden vorhanden ist. Es ist ausgeschlossen, 
daß irgendeine Frau ihr Kind einer anderen zum 
Nähren gibt, wenn sie selbst nicht absolut un- 
fähig dazu ist. 
Professor Dr. Beck, der Regierungsarzt der 
Südbezirke, schreibt: Erfreulich war die große 
Anzahl von kräftigen Kindern, die im Lindibezirk 
vom Lumasule aufwärts bis Sassawara üÜberall 
angetroffen wurden. Auch am Rovuma war die 
Zahl der Kinder in allen Lebensaltern auffallend 
hoch. Die Eingeborenen gehören hier dem in 
diesen Teilen des Lindibezirks weit verbreiteten 
Stamme der Wayao an. Der Grund für den 
Kinderreichtum liegt vor allem daran, daß die 
Kinder sämtlich lange gestillt werden. Ich sah
	        
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