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Geschwistern aus einem Topf. Die Ernährung
mit Muttermilch ist jedoch keineswegs damit be-
endet. Die Brust wird so lange gereicht, als noch
Milch der Mutter vorhanden ist, etwa bis zwei
Jahre nach der Geburt. Ist inzwischen Schwanger-
schaft der Mutter eingetreten, so fällt für das Kind
die Darreichung der Mutterbrust fort, im übrigen
wird an der Ernährung nichts geändert. Zu er-
wähnen ist noch, daß auch auswärtige Mütter,
die in Tabora ständigen Wohnsitz genommen
haben, die Säuglinge in der geschilderten Weise
ernähren.
Die Morbidität unter den Kindern ist sehr
groß; als häufigste Erscheinungen der unzweck-
mäßigen Ernährung treten Darmkatarrhe auf.
Die Mortalität ist dementsprechend, jedoch läßt
sich auch nicht annähernd der Prozentsatz der
Todesfälle feststellen, solange nicht eine Meldepflicht
der Geburten und Todesfälle gesetzlich einge-
führt ist.
Stabsarzt Dr. Radloff schreibt: In Iringa
und Umgebung erhält das neugeborene Kind eine
dünne Hirsesuppe und darauf erst die Mutterbrust.
Auch in der Folgezeit werden die kleinen Kinder
neben der Muttermilch mit Suppen, oft auch mit
dünnem Brei genährt. Das Kind erhält die
Brust, so oft es schreit. Sobald die Zähne kommen,
wird die Zukost neben der Mutterbrust fester;
bald erhalten sie auch saure Milch, Gemüse usw.
Süße Milch zu geben ist verpönt. Das Absetzen
von der Mutterbrust erfolgt oft erst nach zwei
bis drei Jahren, wenn die Kinder nebenbei schon
die feste Kost der Erwachsenen essen. Eine aus-
schließlich künstliche Ernährung ist nicht bekannt.
Bleiben die Mütter bei der Geburt am Leben,
so haben sie wohl stets genügend Muttermilch.
Auch sorgen die Leute durch entsprechende Nah-
rung, durch Darreichung von Milch usw. für
reichliche Muttermilch. Im Falle des Todes der
Mutter wird zunächst in der Verwandtschaft, die
bekanntlich immer sehr groß ist, nach einem
passenden Ersatz gesucht; wenn dies nicht gelingt,
sucht man sich anderweitig eine Amme zu ver-
schaffen. Diese Amme erhält nach vorhergegangener
Verständigung eine Entschädigung; feste Preise be-
stehen nicht. ·
Nach den im Bezirk, namentlich durch die
Missionen eingezogenen Erkundigungen herrschen
durchweg überall die gleichen Zustände. Die meisten
Missionare geben an, daß infolge ihrer Beleh-
rungen die christlichen Eingeborenen die Kinder
zunächst ausschließlich mit Muttermilch nähren, und
daß hierauf die Todesfälle unter den Kindern
erheblich zurückgegangen seien. Frische Kuh= oder
Ziegenmilch wird nirgends verabfolgt. In Ubena
ist über Ammenwesen nichts bekannt. Ausschließ-
lich künstliche Ernährung kommt nirgends vor.
In Ilembula sind auf der Missionsstation im
verflossenen Jahre 32 Kinder geboren, von denen
sieben starben; als Todesursache werden Darm-
katarrh und Rückfallfieber angegeben. In Madi-
bira sind von 52 Geburten acht Kinder gestorben.
Bismarckburg.
Stabsarzt Dr. Stolowsky berichtet aus
Bismarckburg: Die nachfolgenden Ausführungen
gelten für die Küstenbevölkerung des siüdlichen
Tanganjika, Wafipa und Warungn, die mit ihren
Stammesbrüdern auf dem sogenannten Ufipa-
plateau etwa die Hälfte der Bevölkerung des
ganzen Bezirks ausmachen.
Der Säugling erhält in den ersten drei Wochen
ausschließlich die Mutterbrust. Mit Beginn der
vierten Woche wird ihm neben der Muttermilch
Reis= oder Hirsebrei gereicht, der zunächst ganz
dünnflüssig ist, später immer dicker zubereitet wird,
bis er gegen Ende des zweiten Jahres die Kon-
sistenz des gewöhnlichen festen Breies der Er-
wachsenen erreicht. Ein eigentliches Entwöhnen
der Kinder nach europäischer Sitte findet nicht
statt; sie erhalten vielmehr neben dem Brei immer
die Brust, solange die Mutter überhaupt Milch
hat oder nicht wieder schwanger wird. Dies ge-
schieht selten oder fast nie vor Ablauf von zwei
bis drei Jahren nach der Geburt des Kindes.
Hier spielt nämlich der bei den Wafipa allgemein
herrschende Aberglaube eine Rolle, wonach das
Kind sicher sterben muß, wenn seine Mutter wieder
schwanger wird, bevor es allein laufen kann.
Andere Nahrungsmittel als die genannten Breie
werden den Kindern keinesfalls verabreicht, ins-
besondere weder Kuh-, noch Ziegen= oder saure
Milch.
Da die Mütter fast immer über reichlich Milch
verfügen, so tritt ausschließlich künstliche Ernährung
nur dann ein, wenn sie an interkurenter Krank-
heit sterben. In diesem Falle bekommen die
Kinder ausschließlich die mehrfach genannten Mehl-
breie. Fremden Ammen werden sie nie anver-
traut, den seltenen Fall ausgenommen, daß die
eigene Schwester der Verstorbenen die Brust zu
reichen in der Lage ist.
Aus dem Vorstehenden geht hervor, daß die
hiesige Methode der Säuglingsernährung für afri-
kanische Verhältnisse nicht allzu schlecht genannt
werden kann. Die gleichwohl sehr große Kinder-
sterblichkeit unter der Küstenbevölkerung ist denn
auch nicht auf sie, als vielmehr auf Malaria
(Üüberwiegend die tropische Form) zurückzuführen,
der meiner Schätung nach, die ich auf Einblick
in die Sterberegister der Missionen basiere, fast
50 v. H. aller Neugeborenen zum Opfer fallen
dürften.