Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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Usumbura. 
Stabsarzt Dr. Penschke schreibt aus Usum- 
bura: Der Bezirk Urundi ist, abgesehen von ein- 
zelnen eingewanderten Händlern, von den Warundi 
und Watussi bewohnt. In den Bergen sind fast 
durchweg die Watussi rein geblieben, wogegen sie 
sich in der Ebene mit den Warundi (Wahntu) 
vermischt haben. Über die Säuglingsernährung 
bei den Watussi kann ich nicht berichten, da ich 
infolge der Schlafkrankheitsbekämpfung keine Zeit 
habe, das Bergland ärztlich zu bereisen. 
Ülber die Ernährung der Säuglinge bei den 
Warundi (Wahntu) ist mir folgendes bekannt: 
Die Säuglinge armer Eltern erhalten bis zum 
neunten oder zehnten Monat im allgemeinen nur 
Muttermilch. Besitzt der Vater Rinder, so erhält 
das Kind von Anfang an, auch wenn die Mutter 
noch reichlich Milch hat, daneben frische, rohe Kuh- 
milch. Die Mutterbrust erhält das Kind bis etwa 
zum achtzehnten Monat. Dann bekommt es Mehl- 
breie, Bananenbreie, Süßkartoffeln, Fleisch, Kuh- 
milch (süße und saure), kurz alles, was die Er- 
wachsenen essen. Selbst Negerbier wird ihnen 
jetzt schon gegeben. Niemals jedoch bekommt ein 
Kind Ziegenmilch; Ziegenmilch wird ebenso wenig 
wie Ziegenfleisch von den Warundi genossen. 
Neben der Muttermilch fängt das Kind an, sämt- 
liche Nahrungsmittel der Erwachsenen zu essen, 
sobald es beginnt umherzukriechen, also etwa vom 
neunten bis zehnten Monat an. Ausschließlich 
künstliche Ernährung vom ersten Tage an tritt 
nur ein, wenn keine Muttermilch vorhanden ist. 
An Stelle der Muttermilch tritt dann bis zum 
neunten bis zehnten Monat Kuhmilch. Ammen 
gibt es im allgemeinen nicht. Hat eine Mutter 
nicht genügend Milch, so gibt sic ihrem Kinde 
stets Kuhmilch. Stirbt die Mutter eines Säug- 
lings und ist in der Verwandtschaft oder Freund- 
schaft zur selben Zeit eine andere stillende Frau 
vorhanden, deren Kind von demselben Geschlecht 
wie das mutterlose ist, dann stillt diese das Kind 
der Verstorbenen mit ihrem eigenen zusammen. 
Aber nur, wenn beide Säuglinge desselben Ge- 
schlechts sind, niemals bei verschiedenem Geschlecht. 
Das verbietet der Aberglaube. 
Die Sterblichkeit beträgt im Säuglingsalter 
40 bis 50 v. H. und ist am größten im ersten 
Drittel, innerhalb der ersten sechs Monate. Als 
Todesursachen kommen in Betracht: Darmkatarrhe 
und Fieber (wohl meist Malaria und Rückfall- 
eber). 
Muansa. 
Die Sanitätsdienststelle Schirati (Bezirk 
Muansa) schreibt: Die Wagaia lassen ihre Kinder 
etwa fünf Monate lang an der Mutterbrust 
saugen. Vom sechsten bis achten Monat erhalten 
  
sie daneben eine dünne Suppe von Ulesi (Ugi). 
Vom achten Monat ab bis zu der Zeit, wo die 
Kinder anfangen zu laufen, erhalten sie auch noch 
Muttermilch und nebenbei Ulesibrei (Ugali) oder 
gekochte Negerkartoffeln. Nach dieser Zeit werden 
sie vollständig von der Mutterbrust entwöhnt und 
erhalten dieselben Speisen wie ein erwachsener 
Mensch. Stirbt eine Mutter, so wird das Kind 
von einer anderen an der Brust ernährt, bis es 
Zähne bekommt, und dann wird es mit Kuhmilch 
und Mehlsuppen großgezogen. 
Oberarzt Dr. Petzoldt schreibt aus Muansa: 
Die folgenden Ausführungen gelten für die Volks- 
stämme der Wassukuma, Wajita, Waruri, Wasa- 
naki und Washashi. 
Die ersten vier Tage nach der Geburt erhält 
das Kind Kuhmilch, vom fünften Tage ab bis 
Ende des fünften Monats findet die Ernährung 
ausschließlich mit Muttermilch statt. Nach zwölf 
Monaten wird das Kind von der Mutterbrust 
abgesetzt, erhält jedoch schon im sechsten Monat 
neben der Muttermilch am Tage viermal und 
nachts zweimal dünne Suppen von Hirse, Reis, 
Mais, Kartoffeln und Bananen; auch wird Kuh- 
milch gereicht. Eine ausschließlich künstliche Er- 
nährung findet nicht statt. 
Stirbt die Mutter, so wird das Kind zu einer 
Frau gebracht, die stillen kann. In anderen 
Fällen, d. h. wenn keine stillende Frau gefunden 
werden kann, wird das Kind mit Kuh= oder 
Ziegenmilch ernährt. Die Brust wird zu allen 
Zeiten gereicht, bestimmte Pausen werden nicht 
eingehalten. 
Bukoba. 
Aus Bukoba berichtet Stabsarzt Dr. Neu- 
bert: Die Erfahrungen, welche ich in betreff der 
Ernährung des Nachwuchses der hiesigen Bevölke- 
rung sammeln konnte, erstrecken sich auf den nörd- 
lichen Teil des Bezirks. Die Säuglingsernährung 
in Karagwe, der ich einen großen Teil der Schuld 
an der enormen Kindersterblichkeit zuschiebe, er- 
folgt nur kurze Zeit mit Muttermilch. In der 
Hauptsache werden die Kinder mit Bananenbreien 
gestopft, so daß sie mit dicken Bäuchen herum- 
laufen und massenhaft an Darmkatarrhen ein- 
gehen. Dazu kommt noch im Sultanat Karagwe 
die überall herrschende Syphilis. Besser scheinen 
die Verhältnisse zu liegen am See, in den Sulta- 
naten Bugabu, Kiamtwra, Kyanya, wie auch in 
Kiziba und Deutsch-Buddu. Es besteht dabei ein 
Unterschied, je nachdem in den betreffenden Ge- 
bietsteilen genügend Kühe vorhanden sind, bäw. 
je nachdem die betreffende Familie imstande ist, 
der Ernährung des Nachwuchses mit Kuhmilch 
nachzuhelsen. Die Kinder werden in allen Fällen 
zunächst mit Muttermilch ernährt. Wo genügend
	        
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