Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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ut zu den vorhergehenden. Jahren bedeutend 
nachlie 
Markt für lieinere Ware schon seit 
mehreren Jahren infolge von Überproduktion gedrückt 
worden war, waren Verluste der Fabrikanten unaus- 
bleiblich, die zum Teil wieder ein Sinken der Urbeits- 
löhne und eine Verschlechterung hinsichtlich des Fabri- 
kats verursacht haben mögen. 
z-ulängst in einigen Zeitungen veröffemlichten 
Senfationsnachclchten über ausgedehnte Digmant= 
funde in Deutsch-Südwestafrika, die über Ge- 
bühr aufgebauscht worden sind, sollen, wie in fach- 
männischen Kreisen verlautet, das Vertrauen in die 
kleine Ware erschüttert und ebenfalls die Marktlage in 
etwas ungünstiger Weise beeinflußt haben, und man 
nimmt allgemein an, daß selbst die in Aussicht genom- 
mene zwangsweise Einschränkung der Produktion auf 
jährlich eine Million Karat noch hoch bemessen ist. 
Trotz dieser ungünstigen Momente kann man, was 
den Antwerpener Diamantmarkt anbelangt, von einer 
Krisis, wie sie die Jahre 1907 und 1908 aufwiesen, 
nicht sprechen. Erst in den letzten Monaten hatten, 
wie bereits gesagt, die Nachfragen nachgelassen und es 
wurde wenig Ware verkauft. Die im Jahre 1913 in 
esneneiseresche rehsefach vorgekommenen Kon- 
kurse und Konkordate, die nicht an die Offentlich= 
keit gelangten, dürften nur als eine Begleiterscheinung 
angesehen werden können, die sich bei rückgängiger 
Konjunktur regelmäßig bemerkbar macht; sie dürfte 
zum größten Teil darauf zurickzufühhren sein, daß viele 
Händler nicht über genügende Kapitalien verfügen, 
um in kritischen Momenten den von ihnen eingegan- 
genen geschäftlichen Verpflichtungen nachzukommen. 
Auch klagt man über den Zuzug kapitalschwacher und 
gewissenloser Elemente, die ihre Geschäfte in kleinen 
Wirtschaften in der Nähe der Diamantbörse und zum 
Teil auf der Straße abwickeln und die Solidität des 
Antwerpener Marktes beeinträchtigen. 
In den Kreisen einiger Fabrikanten ist man der 
Ansicht, daß die weiterhin vorwärtsschreitende Ent- 
wicklung der Landindustrie, die sich seit dem Er- 
scheinen der deutschen Diamanten auf dem Antwerpener 
Markte bedeutend ausgedehnt hat, da sie vorzugsweise 
Mêléewarc verarbeitet, den Diamantmarkt ungünstig 
beeinflußt habe und zukünftig beeinflussen werde. Bas 
OQualitätsware anbelangt, so nimmt die niederlä 
dische Diamantindustrie") der belgischen Industne 
gegenüber noch immer den ersten Rang ein, ist aber 
im Vergleiche zu der letzteren insofern in einer un- 
günstigeren Lage, als sie mit einem stark organisierten 
Arbeiterbund und höheren Arbeitslöhnen zu rechnen 
hat und aus diesem Grunde häufigeren Krisen unter- 
worfen ist als die belgische Industrie. Der Grund 
liegt darin, daß die niederländische Diamantindnstrie 
sich lediglich auf Amsterdam beschränkt, während die 
belgische Diamantindustrie sich nicht nur auf Antwerpen, 
sondern auch auf das flache Land und auch schon Gauf 
die Städte Brüssel, Charleroi und Mons erstreckt. Der 
Hauptsitz der Landindustrie befindet sich in Boom, 
Mrern, Lierre, Bouchout, Contich, Grobbendonk, Heren- 
thals. St. Trond und anderen Orten. Die Zahl der 
auf dem Lande aufgestellten Mühlen dürfte sich wohl 
auf 15 000, wenn nicht mehr, belaufen und die Zahl 
der Arbeiter auf etwa 8000. In der Antwerpener 
Ehumentindustrir wurden im Jahre 1913 ungefähr 
· is 7000 Arbeiter beschäftigt; die Zahl hat sich 
demnach * 1904 etwa verdoppelt. 
Das in den Landschleifereien hergestellte Fabrikat 
oll. sich mit wenigen Ausnahmen cqualitativ gegen 
*) Bgl. „D. Kol. Bl.= 1914, S. 314. 
  
  
früher nicht gebessert haben; dagegen sollen die Arbeiter 
produktiv leistungefähiger geworden. sein und für die 
städtischen Molbeapbeiter eine schwere 
er I 
.beigeringerenLohnenarbeiten-die Landichlener so- 
lange wie es ihnen gefällt, und es sind infolgedessen 
die Lohntarife der städtischen. Arbeiter bedeutend 
zurückgegangen. 
Den in den größeren Betrieben beschäftigten 
Malearbeitern, die an feste Arbeitsstunden gebunden 
sind, erwächst ferner in den Heimarbeitern ein 
weiterer starker Konkurrent. Die Hausindustrie wird 
von Kleinfabrikanten oder von leistungsfähigen Unter- 
nehmern mit ihren Familienangehörigen ansgeübt. 
Die Zahl dieser kleinen Betriebe ist bedeutend und im 
Wachsen begriffen. Auch die Löhne der Taglohn-= 
arbeiter, die vorzugsweise in den Betrieben, wo größere 
Ware verarbeitet wird, beschäftigt werden, waren durch 
die Konkurrenz der Arbeiter unter sich im vergangenen 
Jahre ebenfalls zurückgegangen, und nur erstklassige 
Kräfte wußten ihre Lohnsätze zu behaupten. 
Hauptabsatzgebiete für geschliffene Ware sind 
für ne Rußland, Indien und Amerika. 
Geschäft mit Rußland, wohin viele große 
Steine“ 25 war während einiger Monate des ver- 
flossenen Jahres sehr lebhaft, ließ aber im Herbste 
nach. Während das Geschäft mit Indien in früheren 
Jahren nach dem amerikanischen an zweiter Stelle 
stand, ist es seit einigen Monaten sehr unbedentend 
geworden. Es liegt fast ausschließlich in den Händen 
von Türken und Armeniern. Dagegen war der Handel 
mit den Vereinigten Staaten von Amerika im 
zweiten und dritten Viertel des verflossenen Jahres 
gegen frühere Jahre ein flotter. Es war diese Er- 
scheinung auf die in Wssicht, dgenommene Einführung 
des neuen Zolltarifs, der, e bereits erwähnt, eduf 
verarbeitete Ware Hinen Einbitrerr von 20 v. H. v 
sieht, zurückzuführen. 
Die natürliche Folge der plötzlichen Uberfüllung 
des amerikanischen Marktes mit Roh= und geschliffener 
Ware war ein Abfslauen in der Nachfrage. Der Ge- 
samtwert der im letzten Viertel des Jahres 1913 von 
Antwerpen nach den Vereinigten Staaten ausgeführten 
Diamanten blieb gegen das Vorjahr um reichlich 58 
zurü 
  
Die Nachfrage der amerikanischen Diamant- 
händler nach er War . 
10 karätigen heshlisftur Steinen war gering. Sls 
von über ½ Karat wurden von hier nach Amerika 
verhältnismäßig in viel geringerem Maße exportiert 
als solche von ½, ½ und ¼ Karat und kleiner; dies 
ist wohl darauf zurückguführen, daß die amerikanischen 
Händler die größeren Steine in ihrem eigenen Lande 
vorteilhafter einkaufen, als sie diese von hier beziehen 
können, da seit Jahren das Londoner Syndikat die 
fine-closed-goods bis zu Steinen von 10 Karat dem 
amerikanischen Markte vorbehalten hat und die hiesigen 
Käufer nur ausnahmsweise diesen Artikel erstehen 
konnten. 
Der größte Teil der auf den Antwerpener Markt 
gebrachten und von der Industrie verarbeiteten Roh- 
diamanten stammt von dem Londoner und Antwerpener 
Syndikat. Unter der deutschen Ware, die hier in- 
folge ihrer Qualität und Formation geschätzt wird, 
befinden sich seit Erschlietzung des Pomonagebicts auch 
5 bis 3 karätiger Steine. Die deut- 
schen ciosed- War entsprechen im Preise und in der 
Qualität den Seßielkoninneelbsel oodhD und sollen in 
Farbe etwas besser sein. 
Üoôer den Gesamtvorrat an Roh= und ge- 
schliffener Ware am hiesigen Platze zu Aufang und 
Ende des Jahres lassen sich einigermaßen zuverlässige
	        
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